68 Tote. Individuen oder anonyme Opfer?

68 Tote. Individuen oder anonyme Opfer?

Am 22. Juli 2011 starben mindestens 68 Menschen durch Anschläge im Osloer Regierungsviertel und in einem Zeltlager mit Jugendlichen auf der Insel Utoya nahe bei Oslo. Der 32-jährige Mörder Anders Behring Breivik bekennt sich zu dem Massenmord, versteht dieses grausame Verbrechen als politische Demonstration, als Auflehnung gegen ein vermeintliches System der Pluralität und Multikulturalität, das die Grundlage für eine schleichende „Islamisierung“ und „Marxisierung“ biete. Daher verpflichte er sich dem Kampf gegen „Eurabia“, definiert sich als Kreuzritter, der den Mord an 68 unschuldigen Menschen, Zivilisten, die er symbolisch als Stellvertreter für das System versteht, beging.

68 Menschen, Jugendliche und Erwachsene, Frauen und Männer, Töchter und Söhne ihrer Eltern, Geschwister, Enkel ihrer Großeltern, Ehefrauen ihrer Ehemänner, Ehemänner ihrer Ehefrauen, Schüler, Freunde, Nachbarn, Sportbegeisterte, musikalisch Begabte, Leseratten… sprich 68 Individuen, die durch die Ideologie Breiviks ihrer Individualität und Einzigartigkeit beraubt wurden, auf ihre vermeintliche Zugehörigkeit zu einem System degradiert wurden, und nun durch die aktuelle politische und medienpolitische Debatte zum Geschehen auf ihr Opfer-Dasein in diesem Verbrechen, in dieser Schlagzeile, reduziert werden.

Dieses tragische und menschenverachtende Verbrechen löste eine Diskussion aus, die sich auf die Zuordnung und Klassifizierung ideologischer Antagonismen beschränkt. Täter, Opfer und Unbeteiligte werden durch Etiketten wie Rechtspopulist, Demokrat, Muslim, Islamist, Konservativer, Kommunist etc. auf nur wenige Merkmale reduziert und nicht mehr in ihrem Mensch-Sein, ihrer Individualität und Vielfalt wahrgenommen.

Wie kann es sein, dass ein Mensch ohne Weiteres 68 andere, ihm fremde Menschen kaltblütig ermordet? Kann Breivik seine Opfer wirklich als Menschen, als Seine Mitmenschen, jeden Einzelnen als Menschen mit individuellen Vorlieben, Interessen, Vorstellungen, Gefühlen und Empfindungen, in seinen vielfältigen sozialen Rollen wahrgenommen haben? Oder hat er in ihnen vielmehr nur eine Symbolfigur für ein System gesehen, das er verabscheut, ihnen damit ihren Status „Mensch“ geraubt, um eine so grausame Tat zu begehen?

Sollten wir uns nicht fragen, inwiefern sich ein solches Denkmuster, ein Urteilen und Klassifizieren in Kategorien, sei es von Zuordnungen durch nationale, religiöse, soziale oder ideologische Unterscheidungen bei uns allen, wenn auch in abgeschwächter Form, etabliert hat?

Und sollten wir nicht der Opfer der Anschläge gedenken mit dem Bewusstsein, dass sie für ihre Angehörigen mehr sind als nur die Schlagzeile über „die anonyme Gruppe der Opfer der Anschläge in Norwegen“, sondern, dass es sich dabei um 68 Menschen handelt, die einem Denkmuster zum Opfer fielen, dass ihnen ihre Individualität und ihr Mensch-Sein raubte, und deren Verlust viele Menschen und Angehörige tragisch erschütterte?

An dieser Stelle mein herzliches Beileid an alle Hinterbliebenen und Angehörigen dieser 68 Menschen!


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