1.200 Euro gab es für uns als Entschädigung von der Airline bei einer Flugverspätung. Wie du 600€ Schadensersatz pro Person bekommst erfährst du im Artikel.
Mit 3 Stunden und 14 Minuten Verspätung landen wir in Köln. Wir verpassen unseren letzten Zug, aber sind ziemlich happy gestrandet zu sein.
Wenige Wochen später überweist uns die Airline 1.200 Euro. Das sind 600 Euro pro Person. Keine schlechte Bezahlung für eine extra Nacht am Rhein, oder?
Die Airline hatte nicht die Spendierhosen an. 600 Euro Entschädigung sind von der Fahrgastrechtverordnung der EU vorgeschrieben.
Klar, eine Flugverspätung ist trotzdem ärgerlich, vor allem wenn du Anschlüsse verpasst. Aber immerhin entstehen dir so keine finanziellen Kosten und du wirst für die verlorene Zeit entschädigt.
Alles was du zur Entschädigung für Flugverspätung wissen musst erfährst du in diesem Artikel. Es sind maximal drei Schritte bis zum Schadensersatz. Bei uns reichte der erste Schritt.
1.200 Euro für eine gestrandete Nacht in Köln
EU Fluggastrechte bei Verspätung und Annullierung
Zuallererst das große ABER. Ein Schadensersatz bei Verspätung und Annullierung steht dir nur bei einem Flug zu, bei dem die Fluggastrechteverordnung (EU-VO 261/2004) der Europäischen Union gilt entweder:
- Flug mit Start in der EU
- Flug mit Ziel in der EU UND Sitz der Airline in der EU
Außerdem gibt es einige Voraussetzungen für die Entschädigung:
- Verspätung von mindestens 3 Stunden am Ziel oder Annullierung
- keine außergewöhnliche Umstände (Wetter, Streik, Sicherheitsrisiko)
- keine vorherige Annahme von Schlichtungsangeboten der Airline
- Flug war innerhalb der letzten 3 Jahre (für Deutschland)
Für die Höhe der Entschädigung ist es egal wie teuer oder wie spät der Flug war. Wichtig ist die Flugdistanz:
- 600 Euro: über 3.500 Kilometer ODER Start oder Ziel außerhalb der EU
- 400 Euro: 1.500 Kilometer bis 3.500 Kilometer
- 250 Euro: bis 1.500 Kilometer
Hattest du eine Flugverspätung oder Annullierung? Mit maximal drei Schritten bekommst du deine Entschädigung.
600 Euro bei Flugstrecken über 3.500 Kilometer
1. Schritt: Schreibe der Airline per Entschädigungs-Formular
Die Entschädigung bekommst du nicht automatisch. Du musst dich auf jeden Fall selbst bei der Airline darum kümmern.
Du musst aber nicht gleich zum Anwalt gehen. Teile der Airline einfach schriftlich mit, daß dein Flug verspätet war.
Beim ADAC gibt es für den Brief an die Airline ein hilfreiches Formular als pdf. Das habe ich verwendet.
Wichtig sind dabei:
- Vorname, Nachname
- Flugnummer
- Flugdatum
- Start und Ziel
- Art und Dauer der Verspätung
Ich habe den Brief nicht als Einschreiben geschickt. Im ersten Schritt baust du sowieso auf den guten Willen der Airline.
Im Bestfall ist mit dem ersten Schritt alles getan. Uns hat die Airline zwei Wochen später zurückgeschrieben, daß das Geld unterwegs ist.
2. Schritt: Wende dich an die Schlichtungsstelle SÖP
Weigert sich die Airline zu zahlen machst du mit Schritt zwei weiter. Die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) hilft dir nun.
Achtung, du kannst die Dienste der SÖP nur in Anspruch nehmen, wenn:
- nach zwei Monaten keine Antwort der Airline kam
- die Airline sich weigert zu zahlen
- noch keine Gerichtsverhandlung läuft
Um die Vermittlung in Anspruch zu nehmen, fülle das Beschwerde-Formular der SÖP aus
Die SÖP hilft dir ohne zusätzliche Kosten.
3. Schritt: Lass dir vom Fluggastrecht-Portal helfen
Wenn du mit der SÖP nicht weiterkommst, aber immer noch glaubst Recht zu haben, musst du kostenpflichtige Hilfe in Anspruch nehmen:
- Schalte deinen Anwalt ein
- Nutze ein Fluggastrecht-Portal
Fluggastrechtvermittler stellen spezialisierte Anwälte an. Sie verlangen nur im Erfolgsfall einen Anteil der Entschädigung. Ich würde deshalb diesen Weg einschlagen.
Es gibt mehrere solche Anbieter, die verschieden hohe Gebühren fordern, teilweise 50% der Entschädigung! Ich empfehle Fairplane* mit maximal 24,5% Vermittlungsgebühr.
Fairplane hat außerdem einen Express-Service, bei dem du das Geld schon nach 24 Stunden bekommst. Die Gebühren für diese Variante sind aber höher.
Um mit Fairplane zu starten, trage deine Flugdaten in das Online-Formular für Flugverspätungs-Entschädigung* ein.
Aushang am Check-In weist auf technische Gründe hin
Tipps am Flughafen für Schadensersatz bei Flugverspätung
Nimm keine Schlichtungs-Angebote der Airline an. Unterschreibe nichts, was du nicht genau gelesen hast. Du willst dein Recht auf Schadensersatz nicht abtreten.
Ausgenommen sind zugesicherte Speisen und Getränke, sowie eine Übernachtung beim Flug am nächsten Tag. Dafür musst du aber nichts unterschreiben.
Mache Fotos von Anzeigetafeln mit der Verspätung vor dem Start und nach der Landung. Fotografiere Ankündigungen, wo der Grund der Verspätung genannt wird.
Lass dir im Zweifelsfall die Verspätung schriftlich bestätigen mit dem Grund für die Verspätung.
Hebe alle Quittungen für Essen, Trinken, Transport oder Übernachtung vor Abflug auf.
Du wirst höchstwahrscheinlich keine dieser Beweise brauchen, weil die Fluggesellschaft in der Beweispflicht ist. Aber sicher ist sicher.
Im Anschluss ein paar Fragen, die du vielleicht noch zur Entschädigung bei Flugverspätungen hast.
Dokumentiere Verspätungen
Was passiert bei weniger als 3 Stunden Verspätung?
Bei weniger als 3 Stunden Verspätung gibt es leider kein Recht auf Entschädigung.
Ab 2 Stunden Verspätung ist die Airline allerdings verpflichtet Mahlzeiten und Erfrischungen unentgeltlich und in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit anzubieten, sowie 2 Telefonate oder E-Mails zu ermöglichen.
Bei unserem um 3 Stunden verspäteten Abflug gab es keine Snacks. Theoretisch kannst du selbst für Verpflegung sorgen und die Rechnung später bei der Airline einreichen. Ich würde aber erst nachfragen.
Was ist bei Flugausfall und Annullierung?
Du bekommst die gleiche Entschädigung wie bei einer Flugverspätung, aber nur wenn die Annullierung weniger als 2 Wochen vorher angekündigt wurde.
Die Airline muss zusätzlich für einen Ersatzflug sorgen oder du kannst dir das Ticket erstatten lassen.
Bei einem Abflug am nächsten Tag muss die Airline für Unterkunft und Transfer sorgen.
Was ist mit Flügen außerhalb der EU?
Außerhalb der EU bist du leider auf die Kulanz der Airline angewiesen.
Einzig in Israel gibt es noch eine Regelung, bei der dir für eine Verspätung ab 8 Stunden je nach Distanz zwischen 1.250 Schekel und 3.000 Schekel zustehen (290€-690€).
Mehr Infos zu Flugverspätungen in Israel.
Was ist mit Anschlussflügen?
Die Airline ist für das Erreichen von Anschlussflügen oder das Anbieten eines Ersatzflugs verantwortlich – bei Flügen auf dem gleichen Ticket.
Wenn du unabhängig einen Anschlussflug auf einem weiteren Ticket gebucht hast, dann musst du selbst schauen, wie du Ersatz bekommst.
Was, wenn du den Flug verpasst hast?
Wenn der Flug zu spät war oder annulliert wurde, ist es egal ob du letztendlich an Bord gehst oder nicht. Du bekommst die Entschädigung in jedem Fall. Wenn du also lieber selbst für Ersatz sorgst, steht dir trotzdem die Entschädigung zu.
Wenn du einen nicht verspäteten Flug aus eigener Schuld verpasst hast, hast du natürlich keine Ansprüche. Du kannst in dem Fall nur die Steuern und Gebühren zurückfordern. Das ist immerhin manchmal mehr als die Hälfte des Ticketpreises.
Was sind außergewöhnliche Umstände?
Bei außergewöhnlichen Umständen für eine Verspätung muss die Airline keine Entschädigung zahlen. Das sind meistens Gründe, für die die Airline nicht verantwortlich ist wie Wetter, Streik oder Sicherheitsrisiko.
Manche Airlines versuchen sich auf außergewöhnliche Umstände herauszureden, obwohl es ein technischer Fehler oder Überbuchung war.
Im Zweifelsfall kannst du eine Entschädigung fordern. Die Airline muss beweisen, daß es außergewöhnliche Umstände waren.
Egal ob außergewöhnliche Umstände oder nicht, für Verpflegung und bei Flug am nächsten Tag Unterkunft muss die Airline trotzdem sorgen.
Welche Frist gilt für Flugverspätungen?
Nach dem BGB gilt eine Verjährungs-Frist von 3 Jahren ab Ende des Kalenderjahres in dem der Flug stattfand.
Wenn du im Februar 2019 fliegst, kannst du also bis Dezember 2023 Entschädigung fordern.
Das ist wie gesagt nach deutschem Gesetz. Für andere EU-Länder gelten andere Verjährungsfristen, teilweise bis 10 Jahre.
Hast du auch schon eine Flugverspätung erlebt? Wie lief es?
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