5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen

So lautet der Titel eines Buches einer Sterbebegleiterin aus Australien. Das Buch ist inzwischen ein weltweiter Beststeller und wurde in viele Sprachen (eben auch Deutsch) übersetzt und rangiert auch bei uns in allen Bestseller Listen. Doch wenn ich mir so anschaue, was um uns herum passiert, dann wundert mich das doch sehr.

Aber fangen wir vorne an: Bronnie Ware arbeitete einige Jahre als Sterbebegleiterin und war oft die letzte Person, mit der die Menschen sprachen und der sie sich anvertrauten, bevor sie das Zeitliche segneten. Irgendwann fiel ihr auf, dass es bei den Menschen Übereinstimmungen gab, in dem, worüber sie unglücklich waren, als sie merkten, dass ihr Leben nun beendet war und sie begann, Aufzeichnungen dazu zu machen.

Was Sie daraus ableitete, war sozusagen die “Top 5 der Reue” in dem Moment wo Du merkst, dass Du jetzt nichts mehr ändern kannst. Im Angesicht des Todes stellten fest die Menschen fest, dass sie

  1. zu wenig ihr eigenes Leben gelebt hatten
  2. zu viel gearbeitet und die Arbeit zu wichtig genommen hatten
  3. sich zu wenig Zeit für Familie und Freunde genommen hatten
  4. zu wenig Gefühle gezeigt bzw. sich oft nicht getraut hatten zu sagen oder zu tun, was sie wirklich wollten
  5. sich nicht erlaubt hatten, glücklich zu sein.

In ein paar Wochen werde ich 40 – und ich freue mich darauf. Ich habe auch allen Grund dazu, denn ich hatte vor etwa 15 Jahren das merkwürdige Gefühl, dass ich vielleicht nicht sehr alt werden würde. Ich habe mich gefragt, was ich tun möchte, was mir wichtig ist, was ich nicht bereuen möchte, falls das so wäre. Und daraus ist unter anderem KONTAKTVOLL entstanden. Eine berufliche Tätigkeit, für die ich – bis heute – manchmal belächelt, seltsam angeschaut und manchmal sogar angefeindet (ja, wirklich!) werde. Ich habe über vier Jahre meines Lebens unter Hartz-4-Niveau gelebt und nicht aufgegeben, habe nebenbei Gelegenheits-Jobs gemacht, um meine Wohnung, Essen und Ausbildung irgendwie zahlen zu können. Manchmal arbeite ich 14 Tage ohne einen freien Tag und manchmal 14 Stunden am Stück…

Aber  all das macht gar nichts, denn das ist es tausendfach wert: Ich liebe meinen “Job”. Ich habe in den letzten 12 Jahren tausenden von Menschen weiterhelfen können. Ich konnte Menschen Angst nehmen, Mut machen, das andere Geschlecht erklären und damit für mehr Frieden und Liebe sorgen und so vieles mehr. Ich bin um die halbe Welt gereist, habe inzwischen 10 tolle Bücher geschrieben (darüber bin ich am allermeisten erstaunt!) und mir die Chance ermöglicht, viel Zeit für meine Familie und Freunde zu haben und immer wieder das zu tun, worauf ich Lust habe. Und vor allem: Ich erlaube mir, glücklich zu sein. Ein wunderbares Gefühl.

Wenn ich mit Coaching-Klienten spreche oder mit meinen Seminarteilnehmern, dann hoffen die meisten, dass sie noch viel Zeit vor sich haben. Das gibt ihnen die Möglichkeit, Entscheidungen aufzuschieben, Ausreden zu haben, einen blöden Job zu behalten einfach weil er doch so gut bezahlt wird und so vieles mehr…

Ich hatte einmal eine Freundin, die arbeitete bei einer Bank. Seit ein paar Jahren hatte sie eine Stelle auf der sie chronisch überfordert war. Ihr Chef wusste, dass sein Team die Arbeit, die man ihnen aufhalste unmöglich schaffen konnte, doch er hatte nicht den Mumm, sich bei seinem Chef durch- und für seine Mitarbeiter einzusetzen. Sie probierte es dennoch und landete bald mit Burn-out in einer Klinik. Nach dem Klinikaufenthalt machte sie den Job weiter. Sie war Anfang 40 und hasste ihren Job, mit dem sie fünf Tage pro Woche 8 – 14 Stunden pro Tag lebte. Da ich ungefähr wusste, wie viel sie verdiente und bemerkte, dass sie in einer sehr günstigen Wohnung lebte, fragte ich sie eines Tages: “Was machst Du eigentlich mit dem ganzen Geld?” Sie antwortete: “Das brauche ich!”. “Wofür?”, fragte ich sie und sie erklärte mir, dass sie das Geld brauchte für Urlaube und ihr teures Fitness-Studio und andere “Belohnungen” zum Ausgleich für ihren Scheiss-Job und ihre Altersvorsorge, denn sie wolle mit spätestens 55 in Rente gehen. Und warum machte sie immer noch diesen Scheiss-Job? Weil sie nichts anderes gelernt hatte, als Bank – und weil sie ja das Geld “brauchte”.

Was ihr nie bewusst wurde: Sie hatte inzwischen schon so viel Geld angespart, dass sie ganz locker etwas ganz anderes hätte tun können: Sie hätte eine oder zwei oder sogar drei Ausbildungen machen können. Sie hätte einen völlig neuen Beruf lernen können, der sie ausfüllte und glücklich machen könnte: Selbst wenn sie in diesem neuen Beruf viel weniger verdient hätte – sie hätte vermutlich das Geld nicht mehr “gebraucht” – denn einen Job, den man liebt, den möchte man nicht loswerden und man braucht auch nicht so viele “Belohnung”, denn eine Berufung zum Beruf zu haben ist bereits eine Wahnsinns Belohnung…

Geschichten wie die von meiner Freundin sind keine Ausnahme, gerade deshalb wundert es mich ja so sehr, dass sich ein solches Buch so gut verkauft. Für die meisten Menschen scheint sich “Arbeit” und “Glück” auszuschliessen und viele glauben tatsächlich, das wäre “nur natürlich”. Gerade deshalb glaube ich, feinden mich manchmal auch Menschen an: Neulich schickte mir jemand eine Email weil er von meinem neuen Buch “Für immer verliebt” gelesen hatte (er hatte wohlgemerkt nicht das Buch gelesen – er hatte nur einen Artikel darüber gelesen!) mit folgendem Inhalt: “wer keine Kinder hat und auch sonst sein Leben ganz in den Dienst der Selbstverwirklichung stellen kann, sollte nicht versuchen pflichtbewussten Menschen Ratschläge zu erteilen. Es ist mehr als unwahrscheinlich, dass Sie das wirkliche Leben kennen.

Ich hätte ja eigentlich ganz gerne Kinder gehabt. Ich fand es interessant, dass ein Mensch das in so einen Zusammenhang bringt: Der Untertitel unseres Buches lautet ja “Was Paare wirklich glücklich macht” (ich habe es mit meinem Mann zusammen geschrieben) – ich muss daraus schlussfolgern, dass es im wahren Leben nicht möglich ist, glücklich mit dem Partner zu sein und einer der Hauptgründe dafür sind Kinder? Da kann ich ja im Nachhinein ganz froh sein, dass ich keine bekommen kann, oder?

Auch was “das wirkliche Leben” für diesen Menschen bedeutet, mag ich mir lieber nicht vorstellen, denn im “wirklichen Leben” ist offenbar kein Platz für Selbstverwirklichung und man darf dort auch nicht glücklich oder verliebt sein – oder wie sollen wir das verstehen dürfen? Puh…

Das war nicht die einzige derartige Nachricht. Darüber war ich zunächst ziemlich erschüttert und dachte mir: Wow, es gibt so viel Schlimmes auf der Welt, dass man bekämpfen und scheisse finden könnte: Hunger, Krieg, Rassismus, Umweltverschmutzung, Kindesmissbrauch, Tierquälerei, Fracking, Mädchenbeschneidung, genmanipulierte Lebensmittel und was nicht alles – aber da gibt es Menschen, die nutzen ihre Lebenszeit, um mir zu schreiben (oder sogar bei Amazon zu veröffentlichen) wie scheisse sie es finden, dass ich dieses Buch geschrieben habe, damit Paare länger und öfter verliebt ineinander und langfristig glücklicher miteinander sein können…. Wow!

Eigentlich zum Heulen, oder?

Doch dann dachte ich mir: Offenbar habe ich diese Menschen berührt – so sehr, dass sie sich die Mühe machen, mir zu schreiben. Viele Menschen, die meine Bücher gelesenen haben und sie toll finden, schreiben mir dennoch nicht. Also muss doch da irgendwas in Bewegung gekommen sein… mein Mitgefühl gilt daher heute all den Menschen, die leiden – leiden unter ihren Kindern, unter einem Job, den sie glauben machen zu müssen, unter ihrem Partner, den sie glauben verdient zu haben, unter der Welt, die nicht so ist, wie sie es sich vorstellen…  Ich bete für all diese Menschen und wünsche ihnen, dass sie nicht erst an ihrem letzten Tag merken, was sie bereuen und lieber gemacht hätten, und dass die “Top 5 der Reue” nicht mehr so viele “Mitmacher” haben muss…

Peace!



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