Bloggen über Literatur – das macht hierzulande fast nur die Britin Katy Derbyshire, und das auch noch in englischer Sprache. Dabei haben Blogs das Potenzial, den literarischen Diskurs entscheidend zu bereichern. Nun soll die Szene beim Open-Mike-Wettlesen belebt werden.
Lesen wir im Tagesspiegel. Das ist ja gut, daß sich jetzt jemand Kompetentes dem Bloggen annimmt. Bzw. des Bloggens. Auf denn; vorwärts immer!
„In Großbritannien gibt es eine sehr diskussionsfreudige Szene, die gerade das, was für explizite Hochliteratur gehalten wird, sehr pflegt.“ In Deutschland dagegen seien es vor allem die Fans minderklassiger Genreliteratur, die einander im Netz Inhaltsangaben und Kaufempfehlungen schrieben, vor allem aus den Bereichen Fantasy oder „Frauenliteratur“. „Chick Lit“, wie Derbyshire das nennt. „Die Nische, in der ich mich hier bewege, ist sehr klein.“
Das mag sein; aber vielleicht lesen sie auch nur die falschen Blogs? Wahrscheinlich meinen sie “richtige” und “Hochliteratur” und nicht Lyrik und so. Kennen sie die Dschungel. Anderswelt? Oder das litblogs.net? Und was man mehr fragen und anmerken könnte.
Seite 2 des Webbeitrags hab ich nicht geklickt. Der Text zum Link nämlich lautet:
Embedded Blogging beim Open Mike
Sorry, die benutzen die Sprache als wüßten sie nicht was sie tun. Was dann wohl der Fall ist. “Embedded journalism” ist ein hochproblematischer Begriff, weil eine Erfindung der Kriegspropaganda in den jüngsten US-Kriegen. Es bedeutet, daß Journalisten das berichten, was ihnen die PR-Abteilung der Stäbe zeigen oder geben. Wikipedia weiß mehr:
Embedded Journalist (von englisch „to embed“ – einbetten, integrieren, deutsch „Eingebetteter Journalist“) bezeichnet einen kontrollierten und zivilen Kriegsberichterstatter, der im Krieg einer kämpfenden Militäreinheit zugewiesen wurde. Geprägt wurde der Begriff zu Beginn des Irakkrieges im Jahre 2003, seitens der Streitkräfte der Vereinigten Staaten.
Die United States Army begegnete mit der Praxis des „eingebetteten Journalismus“ dem Druck amerikanischer Massenmedien, denen der Zugang zum Kriegsgeschehen während des Zweiten Golfkrieges 1991 und des Krieges in Afghanistan 2001 nicht ausgereicht hatte.
Das US-Militär verlangte von den embedded journalists, kurz auch als embeds bezeichnet, dass sie vorher eine Zeit lang ein Spezialtraining absolvierten, das dem Boot Camp (kurzes, aber intensives militärisches Training in den USA) ähnelt, bevor sie in die Kampfzonen durften. Außerdem mussten sich die Reporter und deren Arbeitgeber verpflichten einem speziellen Regelkatalog, den sogenannten Ground Rules, die genaue Auflagen enthielten, zuzustimmen.
Das englische Wikipedia ist noch etwas deutlicher:
When asked why the military decided to embed journalists with the troops, Lt. Col. Rick Long of the U.S. Marine Corps replied, “Frankly, our job is to win the war. Part of that is information warfare. So we are going to attempt to dominate the information environment.”
Wer zu welchem Zweck das Bloggen kontrolliert, wurde mir nicht ganz klar. Die Todesrate der embedded journalists war höher als die der Kriegsteilnehmer. Zumindest das ist bei den embedded bloggers vermutlich anders. Nun denn! – empfehle mich mit den Worten des Dichters Paul Wiens: Glück auf, Glück ab, und – Götz von Berlichingen!