3rd wave: Slow coffee oder die HARIO-Methode

The Barn, Café Deli, Auguststraße 58, Berlin-Mitte

The Barn, Café Deli, Auguststraße 58, Berlin-Mitte

Berlin, 25. Mai 2011. Auf der Suche nach neuen Trends in der Barszene entdeckte barzone-Moderator Kai Brökelmeier (GF des Ausgehportals virtualnights) die Slow-Coffee-Zubereitung bei Ralf Rüller, Inhaber von The Barn in Berlin. Ein qualitativ sehr anspruchvolles und charmantes “Café Deli” nach New Yorker Vorbild. Gegründet im Juni 2010.

Logo: barzone; Quelle: barzone

Bildquelle: barzone

Begeistert von den exzellenten Spezialitäten-Kaffees der Micro-Röstereien Square Mile, St. Ali oder Tim Windelboe und den unterschiedlichen Slow-Coffee-Zubereitungsmethoden lud Brökelmeier den Kaffee-Experten Rüller zur Präsentation auf die barzone, am Mittwoch, 25. Mai 2011 ein.

Kaffee-Experte Ralf Rüller, INhaber The Barn in Berlin

Kaffee-Experte Ralf Rüller, Inhaber "The Barn"; Berlin

Begonnen hatte die  3rd wave der traditionellen japanischen Brühmethoden in Vancouver. Schwappte über nach Australien und New Zealand. Fand Hochburgen u.a. in Kopenhagen, Oslo und London. Seit Ende der 90er Jahre rollt diese Welle nun schon unter dem Motto: “Zurück zu den Ursprüngen” oder “alles nach Starbucks” über die Kaffeebranche, begann Rüller, der lange Zeit in London und Japan lebte.
In Deutschland fand die japanische HARIO-Methode – benannt nach dem Hersteller dieser Brühtechniken – wohl besondere Aufmerksamkeit auf der COTECA in Hamburg, im letzten Jahr.

Zusammen mit dem australischen Barista Christopher Onton präsentierte Rüller in der Trend Area auf der barzone dann einen spannenden Crash Kurs über alte und neue Brühmethoden mit hochwertigen Single Origin Kaffees.

1. Pour over:

HARIO Coffee Dripper aus Keramik

HARIO Coffee Dripper aus Keramik

Für den Handaufguss stellte Rüller einen HARIO Keramikfilter V60 mit konisch zulaufenden Rillen und einer extra großen Öffnung (Loch) vor. Dieser so genannte “Coffee Dripper” soll eine bessere Extraktion und ein deutlich besseres Geschmackserlebnis ermöglichen. Das weiße HARIO Filterpapier ist besser anpassbar. Es sorgt für eine klare, aromatische Tasse Kaffee ohne Bodensatz.
Mit einer speziellen japanischen Aufgusskanne (Buono*) wurde zunächst das Papier intensiv angenässt. Dabei wurde der Filter gleichmäßig gedreht. Der Papiergeschmack wurde so ausgespült.

Brasilianischer Spezialitätenkaffee von Sqaure Mile, London

Brasilianischer Spezialitätenkaffee Capao von der Micro-Rösterei Square Mile, London

Ein Spezialitätenkaffee der Rösterei Square Mile wurde vorbereitet. 14 g der eher leicht gerösteten Bohnen wurden für 250 ml Wasser bei einem mittleren Mahlgrad (Mahlkönig Vario) gemahlen. Bei dem Kaffee handelte sich um einen Capao, Chapada Diamantina aus Brasilien. Catucai Varietät. Natural pulped. Bekannt für eine natürliche Süße, schöne schokoladige Noten und einer weichen Textur.
Dann kam es zur Pre-Infusion. D.h. das komplette Kaffeemehl wurde zunächst mit nur einer kleinen Menge Wasser (93°C temperiert) komplett bedeckt. “Der Kaffee freut sich, gleich passiert etwas“, kommentierte Rüller. Das komplette Nässen des Kaffeemehls und die darauf folgende kurze Wartezeit bereitet das Bett für eine ideale Extraktion. Also, keine Unterextraktion, die ohne Wartezeit entsteht und keine Überextraktion bei einer zu langen Wartezeit.

Frisch gebrühter »Capao« wurde zur Verkostung gereicht

Frisch gebrühter »Capao« wurde zur Verkostung gereicht

Gefühlte 10 Sekunden dauerte es. Dann wurde vorsichtig und ausbalancierend aufgebrüht oder besser: extrahiert. “Der Kaffee darf nicht hochkommen, sonst bleibt er am Papier hängen.” Nach dem kompletten Aufguss reichte Rüller Becherchen mit einer kleinen Kostprobe dieser Spezialität ins Publikum. Das Ergebnis: sehr klar in der Optik, feine schokoladige Aromen, süßlich und sehr klar im Geschmack. Elegant und fein in meiner Wahrnehmung.

* Mit der Buono Aufgusskanne kann der “pour control” besser erfolgen. Durch den lang gebogenen und dünnen Gießer an der Spezialkanne können Aufgussstellen ausgegeglichen werden. Statt ausgiebig (blondiert) extrahierte Stellen weiter zu traktieren, können dunkle Stellen gezielt extrahiert werden. Der Kaffee wird so besser ausbalanciert.

2. Woodneck:

HARIO Woodneck Drip Pot

HARIO Woodneck Drip Pot

Für die zweite Brühmethode stellte Rüller die “Woodneck” (Holzgriff am Hals) vor.
Der japanische Hario Woodneck Drip Pot ermöglicht durch den Aufguss im dazu gehörigen Baumwollfilter Kaffee mit etwas mehr Körper. Wie bei der Verwendung eines Papierfilters werden die Feinstoffe zurückgehalten, was eine hohe Klarheit im Getränk schafft.
Im Unterschied zum o.a. Papierfilter kann ein Teil der Öle den Baumwollstoff durchdringen, etwas weniger klar als beim Papierfilter, was aber einen deutlich intensiveren Körper des Kaffees zur Folge hat.

Empfehlung: Der Baumwollfilter, soll laut Rüller, gut ausgewaschen, feucht und kühl gelagert werden.

Woodneck: Kaffee-Zubereitung mit einem Baumwollfilter

Woodneck: Kaffee-Zubereitung mit einem Baumwollfilter

Verkostet wurde auch hier der brasilianische Spezialitätenkaffee Capao aus der Micro-Rösterei Square Mile. Auf einer Digitalwaage wurden wieder exakt 14 g Kaffeebohnen für genau 250 ml Wasser abgewogen. Gemahlen wurde bei einem mittleren Mahlgrad über die Mahlkönig Vario.

Das heiße Wasser wurde über einen Temperaturmesser auf genaue 93 °C geprüft und dann mit der Buono Spezial-Aufgusskanne sorgfältig und ausbalancierend über das Kaffeemehl im Filter gegossen. Auch hier erfolgte vorher eine Pre-Infusion (Bereiten eines Betts durch komplettes Nässen des Kaffeemehls mit anschließender kurzer Wartezeit) zur besseren Extraktion. Den Unterschied im Geschmack – mehr Körper – konnte ich selbst nicht überprüfen, denn nur ein kleiner Teil der Zuschauer bekam wieder ein Becherchen zur Verkostung. Aber, man kann es ja selbst mal ausprobieren. Auf jeden Fall war es eine sehr schöne Zeremonie.

3. AeroPress:

Das AeroPress Kaffeezubereitungsgerät stammt von dem kalifornischen Frisbeehersteller Aerobie.
Es besteht aus einem Brühzylinder, einem Presskolben und einem Filterhalter. Der Filter wird mittels des Filterhalters am Brühzylinder fixiert.

Zubereitung:

AeroPress Kaffee-Zubereitungsgerät

AeroPress Kaffee-Zubereitungsgerät

Im Brühzylinder wird das bei einem mittlerem Mahlgrad gemahlene Kaffeemehl (14 g auf 250 ml) Brühwasser bei 92°C bis 94 °C Wassertemperatur) mit dem Brühwasser nach vorsichtigen Umrühren 45 Sekunden vermischt und das Brühwasser mit dem Presskolben durch den Filter in eine Tasse oder eine Kanne ca. 10 Sekunden gepresst.
Der Kaffee ist komplett im Wasser, analog der French Press (Press-Stempelkanne) . Im Gegensatz dazu wird der Kaffee aber mit einem deutlichen höheren Druck gepresst und vor allem gefiltert, so dass das Brühresultat nach der Extraktion keinen Kontakt mehr mit dem Kaffeesatz hat.
Empfehlung: Filter vor dem Gebrauch intensiv einer Wasserdusche unterziehen, so dass der Geschmack von Papier rausgespült ist.

Kenianischer TEKANGO aus Nyeri von der Micro-Rösterei Tim Wendelboe

Kenianischer TEKANGO aus Nyeri von der Micro-Rösterei Tim Wendelboe

Für diese Zubereitungsmethode verwendete Rüller einen Spezialitätenkaffee des norwegischen Micro-Kaffeerösters Tim Wendelboe aus Oslo.
Es handelte sich um einen TEKANGU, von der Karogoto factory in Nyeri, Kenya. Varietät: SL 28 & SL 34. Rohkaffee-Ernte: Januar 2010. Verarbeitung: washed. Röstung: 4. Mai 2011. Steht alles nachvollziehbar auf jeder Wendelboe-Kaffeepackung!
Im Geschmack nimmt man intensive Hagebutten- und rote Beerennoten wahr. Dazu eine feine, sehr klare Säure auf der Zunge. Eleganter Körper. Erfrischender und süßer Abgang. Lecker.


4. Coffee Syphon

HARIO Coffee Syphon mit Halogen Beamer

HARIO Coffee Syphon mit Halogen Beamer

Der Syphon, gehört wie der keramische Kaffeefilter zu den alten Brühmethoden, der auch in Deutschland (eigentlich) bekannt ist. Die Brühmethode mit der Vakuum Kaffeemaschine ist vermutlich schon so alt – seit dem 19 Jahrhundert in Deutschland und Frankreich angewendet – dass sie hier vielleicht etwas in Vergessenheit geraten ist?

Das Wasser fliest nicht von oben nach unten durch einen Filter, sondern wird zuerst durch Erhitzen des unteren Behälters über eine Glasröhre, durch einen Dauerfilter, in einen oberen Behälter gepresst.

Nachdem alles Wasser im oberen Behälter in einer Brühtemperatur von 93 °C angekommen ist und kurz gehalten wird, wird der gemahlene Kaffee (14 g/250 ml) hineingegeben. Vorsichtig umgerührt. Nach 30 Sekunden noch einmal umgerührt.
Wieder nach 30 Sekunden wird die Hitzequelle (Petroliumbrenner oder ein Halogen Beamer) unter der Vakuum Kaffeemaschine weggezogen. Durch das beim Abkühlen entstehende Vakuum wird der Kaffee durch den Dauerfilter wieder in die untere Kaffeekanne gepresst. Vorteil: Der Brühvorgang erfolgt bei gleichmäßiger Temperatur.

Für die Kaffeezubereitung verwendete Rüller einen Spezialitätenkaffee von der englischen Micro-Rösterei Square Mile. Hier eine Spezialität aus Papua New Guinea. Von der Agoga Goroka Cooperative. Varieties: Mischung aus Derivaten (Heirloom). Fully washed. Erstaunlich klar, süß und fruchtig (Brombeeren). Mit einem vollen Körper. Nach Auffassung von Square Mile und Rüller einer der besten Kaffees aus Papua New Guinea.

Refraktormeter-Messung mit einer Formel im Smartphone umgerechnet

Refraktormeter-Messung mit einer Formel im Smartphone umgerechnet

Schlussendlich überprüften Rüller und Onton noch die Ergebnisse ihrer Kaffeezubereitung mit einem Refraktometer. Nur bis zu 30 % der lösbaren Teilchen des extrahierten Kaffees kommen in die Tasse. Der sweet spot liegt zwischen 18 und 22 %. Dieser Wert kann nun mittels des Refraktometers und einer Formel überprüft werden. Der Refraktometer-Wert des Tropfen Kaffees (nur messbar bei Zimmertemperatur) spuckte eine Zahl von 1,15 aus. Mittels einer entsprechenden Umrechnungsformel ergab das nun den angestrebten Wert von exakt 18,78 %. Also sauber gearbeitet.

Fazit:

Die Slow Coffee Zubereitungsmethoden faszinieren. Sind aber erklärungsbedürftig. In der Gastronomie müssen sie bewusst in den work flow und den Personalaufwand eingeplant werden. Zusätzliches Handikap in Deutschland: Die Filterbrühmethode ist negativ vorbelastet. Vor allem durch schlechten Kaffee, so Rüller. Daher spricht er auch von HARIO-Methode und nicht von Filterkaffee.
In seinem Café Deli “The Barn” hat die Nachfrage auch noch einen geringen Anteil von ca. 20 %. Allerdings liegt der Anteil bei den Schwarzkaffeetrinkern bei 80%!


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