2. Oktober 2010, Über Träumer und solche, die sich die Träume erst erschaffen müssen, 6.53 Uhr

Kaffee, Zigarette.
Der, den sie Guido Rohm nennen, kann sich selten bis nie an seine Träume erinnern. Dabei ist er sich gewiss, auch geträumt zu haben. Er las davon und darüber. Jeder Mensch träumt. Sonst nimmt es ein schlimmes Ende.
Was ist aber, wenn ich überhaupt kein Mensch bin, denkt der, den sie Guido Rohm nennen. Ich könnte doch auch der Traum eines Träumers sein.
Diesen Gedanken verwirft er, denn er kommt ihm allzu abgeschmackt vor, wurde die Idee doch bereits oft und reichlich in Filmen und Büchern verbraten.
Also muss auch er träumen, denkt der, den sie Guido Rohm nennen, und geht in die weitere Planungsphase der Unternehmung „Traumfindung“.
Er könne sich ja, erzählt er der, die sie Seraphe nennen, an einer Art Halbschlaf versuchen, um sich so beim Schlafen und Träumen selbst zu beobachten.
Unmöglich, sagt die Seraphe und erzählt von ihren Träumen der letzten Nacht.
Das sind keine Träume, sagt Guido, das sind halbe Hollywoodblockbuster.
Tja, sagt die Seraphe. So träume ich eben.
Leicht verstimmt legt sich der, den sie Guido Rohm nennen, in sein Bett, fest entschlossen, sich am nächsten Morgen an ein Bündel wilder Träume zu erinnern. Es muss einfach geschehen, denkt er. Unter vier Riesen und drei neu entdeckten Kontinenten will er gar nicht erst aufstehen.
Er sah sich im Laufe des Tages vier Horrorfilme an, hoffte er doch sein Gemüt auf diese Art zu erregen und besonders empfänglich für Träume zu machen.
Er hat bis kurz vor dem Zubettgehen getafelt, schaufelte sich verschiedene Bratensorten in den Mund, las er doch irgendwo, so etwas würde Albträume befördern.
Wenn es mit den guten Träumen nicht klappen will, dann muss ich mir eben die schlechten Träume anfressen, denkt er.
Es kam, wie es kommen musste. Der, den sie Guido Rohm nennen, übergab sich die halbe Nacht, er lag auf den Knien, betete eine noch genauer zu benennende Toilettengottheit an, ihn doch endlich von den unsäglichen Magenschmerzen zu befreien. Gegen Morgen schlief er dann ein, wieder einmal traumlos, wie er nach dem Erwachen der Seraphe mit stockenden Worten erklärte.
Guido Rohm befindet sich also noch immer auf der Suche nach seinen Träumen. Auf seinem Schreibtisch liegen Zeichnungen, hat er es sich doch zum Ziel gemacht, eine Maschine zu ersinnen, die in der Lage ist, seine Träume aufzuzeichnen.
Diese Maschinen nennt man Romane, erklärt die Seraphe.
Ach, sagt der, den sie Guido Rohm nennen, deshalb schreibe ich also. Ich erfinde mir Tagträume, weil ich mich an meine Nachtträume nicht erinnern kann. Aber dann sind doch alle Künstler, alle Filmemacher, alle Erzähler auf eine gewisse Art und Weise Krüppel; Behinderte, die das, was den Anderen allnächtlich in den Schlafschoß fällt, erst umständlich herstellen müssen. Deshalb die Tagträume …
Die Seraphe hebt die Schultern und sagt: So direkt wollte ich dir das nie sagen.



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