Im Juni 2010 flog das von Spielern gewählte „Council of Stellar Management“ (CSM), eine Art Betriebsrat der EVE Online Spieler, nach Reykjavik, Island, um dort mit Crowd Control Production (CCP) über ihr Spiel zu reden. Und um, wie es in Spielerkreisen lautstark gefordert wurde, CCP „in den Arsch zu treten“.
Der Grund für den Unmut der Community ist, dass seit der ‘Dominion’ Erweiterung größere Kämpfe im heiß umkämpften ‘No Sec’, für Spieler eroberbarer Weltraum, unter heftigen Problemen leidet, die die Spieler zusammenfassend als ‘Lag’ bezeichnen. Die Frustration der Spieler hat mittlerweise Kreise gezogen.
A1 Online
Waren noch zu Apokrypha-Zeiten Ansammlungen von bis zu 1.400 Spielern in einem Sonnensystem (gerade noch) spielbar, so breche die Performance seit Dominion schon ab 200 Schiffen in einem System zusammen, manchmal noch früher.
Dazu kommt, dass CCP durch einen beschleunigten Entwicklungsplan, der zwei größere Content-Erweiterungen pro Jahr umfasst, viele begonnene Projekte unfertig in ihrem Spiel liegen lassen. Zum Beispiel hat sich seit ihrer Einführung im Jahr 2006 nichts mehr bei den COSMOS-Missionen getan, welche die EVE Storyline vorantreiben sollten. Ein anderes Beispiel ist der mit großem PR-Aufwand eingeführte Faction War. Das „kleine Endspiel“, das Spieler zum PvP im gesetzlosen Raum führen sollte, leidet auch nach kleineren Korrekturen an massiven Problemen. Dazu kommen viele Balance-Probleme (Rockets, Assault Ships etc.), ein GUI von Anfang des Jahrtausends und Bugs, die zum Teil schon in der Beta des 2003 erschienen Spieles bekannt waren.
Die CSM Obfrau Carole „Mynxee“ Pivarnik und ihre neun Mitstreiter/innen wurden mit dem klaren Auftrag der Spieler nach Reykjavik geschickt, von CCP zu fordern, sich endlich um die vielen brach liegenden Baustellen in ihrem eigenen Spiel zu kümmern. Die Veröffentlichung der Protokolle des CSM-Besuchs auf Island sowie Forenposts der CSM-Mitglieder selbst, könnten sich aber zu einem PR-Desaster für CCP entwickeln.
„Qualität verkauft sich nicht“ – Mehr Bling!
In Anspielung an den eigenen Anspruch CCPs ein „excellentes“ Spiel abliefern zu wollen, stellte das CSM dies beispielsweise in Frage, indem darauf hingewiesen wurde, dass EVE praktisch ein unfertiges (unpolished) Produkt sei. CCPs Executive Producer Nathan „Oveur“ Richardsson entgegnete darauf, dass CCP mehr in die Entwicklung ihres Spieles investieren würde als die meisten anderen Firmen, was ein klares Zeichen für ihr Engagement sei. Das CSM zeigte sich nicht überzeugt und argumentierte, dass diese Ressourcen nicht dafür eingesetzt werden sollten, ständig neue Features („Shinies“) zu entwickeln, sondern die bestehenden abschließend zu entwickeln („polish“). Daraufhin entgegnete Richardsson:
Zitat „[...] the data does not seem to support that polished quality sells better than new features.“ („Die Daten unterstützen die Annahme nicht, dass ausgefeilte Qualität sich besser verkauft als neue Features“)In diesem Sinne wurde der Entwicklungsplan CCPs für ihr Spiel vorgestellt. In den nächsten drei Content-Erweiterungen, die bis Ende 2011 erscheinen werden, wird es vor allen Dingen darum gehen, die Verzahnung von EVE Online mit dem Konsolen-Shooter Dust 514 vorzubereiten und die lange erwartete „Incarna“-Erweiterung einzuführen. In Incarna, ehemals „Walking in Stations“ und „Ambulation“, sollen die EVE Spieler endlich ihre Raumschiffe verlassen können und mit Avataren in den Stationen herumlaufen, Mini-Spiele absolvieren und, EVE typisch, sich auch in allerlei illegalen Aktivitäten vergnügen können.
Für diejenigen Spieler, die mit ihren großen Allianzen am Rande des EVE-Universums leben war dies ein harter Schlag und die Empörung ist immer noch groß. In den Augen der so genannten 0.0-Community (in EVE ist der Weltraum in Sicherheitsstufen von 1.0, sicher, bis 0.0, jeder darf auf jeden schießen, eingeteilt) werden ihre Probleme nicht ernst genommen, bzw. dem möglichen Cashflow durch Massen neuer Spieler geopfert, die Incarna möglicherweise anzieht. Die in Allianzen organisierten Spieler, die sich als die „wahren EVEler“ verstehen sind zwar statistisch gesehen eine Minderheit der ca. 300 000 Spieler, aber eine lautstarke.
18 months later
Die unzufriedenen 0.0 Bewohner reagieren in verschiedenen Foren ihre Frustration ab. Inwieweit sich der „Incarna-Skandal“ zu einem NGE für CCP entwickeln wird oder ob es sich nur um einen Sturm im Wasserglas handelt, wird sich zeigen. Im Laufe der nächsten 18 Monate.