14. Schreibtherapie: MONSTER ZÄHMEN STATT MYSTIK ZU ZEL(L)EBRIEREN

“Seine Tendenz zur Normalität entsprach einer Persönlichkeit, die durch die Konfrontation mit dem Unbewußten nicht entwickelt, sondern nur gesprengt worden wäre. (…) Man kann wohl sagen, daß das heutige Kulturbewußtsein, insofern es sich philosophisch reflektiert, die Idee des Unbewußten und deren Konsequenzen noch nicht aufgenommen hat, obwohl es seit mehr als einem halben Jahrhundert damit konfrontiert ist. Die allgemeine und grundlegende Einsicht, daß unsere psychische Existenz zwei Pole hat, bleibt noch immer eine Aufgabe der Zukunft.” Carl Gustav Jung: ‘ERINNERUNGEN, TRÄUME, GEDANKEN’ (1961)

G&GN-INSTITUT (www.ggn-institut.de) B-NEUKÖLLE 4.11.2010 / Ein Dichter auf Abwegen? Seit diesem zweiten November schreibt Tom de Toys keine Gedichte mehr sondern ein therapeutisches Tagebuch als Online-Blog, um anderen Schmerzpatienten mit der Diagnose “somatoforme” (körperdysmorphophobe) Störung seine klinischen Erfahrungen auf dem Weg zur Heilung zur Verfügung zu stellen. Der Untertitel des Projekts lautet “VON DER MYSTIK DES MENSCHEN ZUR MYSTIK DES MENSCHLICHEN” und deutet darauf hin, daß es um den Versuch geht, anstatt des neuroastronomischen Denkens, das sich leicht mit begrifflichen Symbolen für das Weltganze zufrieden stellt, ein konkretes Analysieren von psychischen Abgründen bis in die Kindheit hinein zu wagen, um quasi versteckte Dateien im Biocomputer aufzuspüren und als psychische Viren unschädlich zu machen, die am Rande der integralen Identität eine Schattenexistenz führen und im Endstadium heimlich die Kontrolle über den Körper übernehmen wie ein Krebsgeschwür… In der Einleitung des “Therapietrips” (www.TherapieTRIP.de) ist bereits erkennbar, mit welchen Schwierigkeiten sich der Dichter konfrontiert sieht:

“…diese Hoffnung auf Wahrheit könnte sich im Verlaufe der Geschichte als absurde Selbstlüge erweisen, so daß sich der ganze literarische Entwurf einmal mehr als idiotischer Köder in einem leeren See verrät und mich, den vermeintlichen ‘Autor’, als Scharlatan bloßstellt. (…) Mir bleibt nur das geringste Mindestmaß an Urvertrauen in diesen Schreibimpuls übrig, der direkt nach diesen einleitenden Worten wieder versiegen könnte, wie es schon früher mehrmals geschah. (…) Helden, Gewinner, Doppelgänger, Gott, das Ich und der Sinn des Lebens, all das sind pathetische Attribute der Schriftstellerei, die das imaginäre Selbst umkreisen, bevor es implodiert. Was sich jenseits der Literatur auf der anderen Seite des implodierten Dichters befindet, gilt es für mich jetzt zu erkunden.”
Auszug aus “DAS D U R C H LEUCHTEN DER MATERIE” (www.Schmer-ZEN.de)

Diese fahrlässige Gleichsetzung des gesamten SELBST (gemäß Psychosynthese bloß die “leere Mitte” als Beobachter des Spektakels) mit der “Dichter”-Teilpersönlichkeit -oder positiv ausgedrückt: die Überhöhung des lyrischen Ichs zum kosmischen Kronzeugen des Ontischen- hat in einem bestimmten Entwicklungsstadium von somatoformen Symptomen schlichtweg ausgedient. Aber ihr trotzdem weiter betriebener routinierter Leerlauf gebiert sogar Monster, die das Menschliche am Menschen fressen wollen. Übrig bleibt dann ein durch und durch selbstzweifelnder Vergifteter im Sinne Artauds Gesellschaftskritik, der keinem einzigen selbstgedachten Wort mehr trauen mag, solange die psychische HERKUNFT DER WÖRTER ungeklärt scheint. Insofern geht es im therapeutischen Prozess nicht nur um die Wiederherstellung der körperlichen Funktionen zwecks reibungsloser Alltagstauglichkeit sondern vorallem um einen neuen antipoetischen Zugang zur Sprache, der sich nicht mehr mit der transpersonalen Mystik des Menschseins “an sich” beschäftigt sondern auf die Offenlegung des individuellen Mythos der psychosomatischen Seele abzielt. Sogesehen könnte daraus sogar eine noch größere “Direktheit” (oder Trivialität wie im Urlaubsgedicht “FÖHRLING” vorweg genommen?) in zukünftigen Beispielen für die antimetaphorische Poetologie der Direkten Dichtung (www.DirekteDichtung.de) resultieren, deren esoterische (=selbsterfahrende statt religiöse) Tendenz 2001 in der Entwicklung der Quantenlyrik (www.Echte-Quantenlyrik.de) mündete – aber auch ein Überlaufen in rein journalistische Motivationen würde einer gewissen Logik folgen. Was allerdings dem hier behandelten Dichter derzeit “logisch” erscheint, ist durchaus fragwürdig und bedarf mehr als nur dieser schreibtherapeutischen Maßnahme…

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