14. November 2010, Warten auf den Abflug, 8.23 Uhr

Kaffee, Zigarette, die Zeiten für zwei Typen, die auf einen Kerl namens Godot warten, sind bedenklich schlecht, denn heute wartet man am Flughafen, da wird gesucht, geforscht, gefahndet, was das Zeug und die Kleidung hält, Griff in die Unterhose, na, DER ist aber verdächtig groß, DEN müssten wir uns mal genauer ansehen, sagt der Sicherheitsbeamte, grinst nicht breit, denn das ist sein Job, zuhause warten drei quengelnde Kinder auf die neuste Staffel der Simpsons, die hat er in einer Tüte im Pausenraum stehen, aber noch hat er nicht Pause, noch muss er den Nacktscanner bewachen, Scheiße, ruft, er, was ist das denn, wir werden nie erfahren, was er gerade entdeckt hat, denn wir blenden uns hier aus, das geht uns doch alles nichts an, das überschreitet die Grenze des guten Geschmacks, den, so ruft die nasale altbekannte Himmelsstimme, der Rohm eh vor Jahren in der Toilette runter gespült hat, könnte auch wieder sein, denke ich, denn was ist das schon, guter Geschmack, der kommt in mittelprächtigen mittelständischen Mittelschichthaushalten vor, nicht aber in der Pathologie, den würde ich zur Not mit Worten wie Eiter, Sperma, Blutsuppe oder Dieter Bohlen wieder raus schreiben, der sich ja gestern Abend wieder einmal austoben konnte, die suchen bei RTL das Supertalent und keine Frage, da jagt ein Highlight das nächste Highlight, die Dramaturgie der Sendung ist genial, die wurde mindestens von einem Achtklässler entworfen, jetzt schalten wir wieder auf Stimmverzerrer und Zeitlupe, das schreibt der Bub in der Regie eigentlich ständig, ist ja eh alles geschnitten, so wie die ganze Welt heute geschnitten ist, ich kann ja nicht mal sicher sein, ob das Klatschen wirklich zum Auftritt gehört, den ich gerade sehe, drum wanderte ich früh aus, vergnügte mich im Bett noch mit einem Krimi, denn da weiß man, was man hat, Mord und Totschlag in Reinkultur, so lässt sich gut einschlafen und wovon träumte ich dann, von einem Flughafen, ich mitten in der Schlange, um den Flieger nach Traumänien noch zu erreichen, nix zu machen, erst wird jeder von Ihnen gefilzt, erklärte der Sicherheitsbeamte, es sei denn, flüsterte er mir zu, Sie hätten die neuste Staffel der Simpsons, dann könnte ich Sie vor lassen, leider nicht, sagte ich und wartete, neben mir stand eine Figur wie aus einem Beckett-Stück, Sie warten nicht zufällig auf Godot, fragte ich ihn, er ignorierte mich, hielt mich wohl für einen Spinner, tja, was soll man da machen, warten bis man dran ist und eine gute Zeit dabei verleben, mehr geht wohl nicht.



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