Wie heißt es so schön: Die besten Geschichten schreibt immer noch das Leben! Und tauscht man “die besten Geschichten” gegen “die grausamsten Geschichten” aus, trifft es auch hier zu!
Nominiert für 9 Oscars und bereits ausgezeichnet mit dem Golden Globe für den besten Film kann 12 Years a Slave von Regisseur Steve McQueen schon eine stolze Bilanz vorweisen und mit ziemlicher Sicherheit werden auch bei den Acadamy Awards noch ein paar Goldjungen hinzu kommen. Zumindest wenn alles mit rechten Dingen zugeht, denn der Film ist wahrlich das, was man als ganz großes Kino bezeichnen kann!
Inhalt:
Das Leben des freien Afroamerikaners Solomon Northup (Chiwetel Ejiofor) ändert sich auf einen Schlag, als er 1841 von Kriminellen als Sklave nach New Orleans verkauft wird. Weder seine Frau, noch seine zwei Kinder, wissen, was mit ihm passiert ist. Nach einem Zwischenfall bei seinem ersten “Master”, dem Plantagenbesitzer Ford (Benedict Cumberbatch), wird er weiterverkauft an den sadistischen Sklaventreiber Epps (Michael Fassbender). Dort müssen Solomon und seine anderen Leidensgenossen auf schlimmste Art und Weise erfahren, was es heißt, unterdrückt und misshandelt zu werden. Lediglich die Hoffnung und der Gedanke, wieder seine rechtmäßige Freiheit zu erlangen, bewahrt Solomon davor, sich aufzugeben…
Fazit:
Schon lange vor dem Kinostart hatte ich mich sehr auf 12 Years a Slave gefreut. Das lag zum einen an dem schon bewegenden Trailer, vor allem aber am Regisseur Steve McQueen, der mich schon mit seinen ersten beiden Filmen Hunger und Shame begeistert hatte. Gespannt war ich aber sehr, ob McQueen auch bei dem Sklavendrama seinen eigenen, aber durchaus kontroversen Stil, beibehalten würde. Während die einen seine Werke nämlich als Meisterwerke feiern, weiß ich aus Gesprächen, dass andere, z.B. mit Shame, rein gar nichts anfangen konnten. Ich tippe dabei mal vorsichtig auf eine 60%/40% Verteilung.
Nach dem Kinobesuch kann ich für mich beruhigt sagen, dass die Handschrift von McQueen klar zu erkennen, es aber doch mit Abstand sein massentauglichster Film geworden ist. Zwar glücklicherweise immer noch weit weg vom üblichen Hollywood-Einheitsbrei, aber doch wesentlich zugänglicher als seine bisherigen Filme. Und ich denke, dass das genau der richtige Weg war, den das Regietalent gewählt hat. Immerhin wird hier das dunkelste Kapitel der amerikanischen Geschichte behandelt, das in dieser schonungslosen Form auch so viele Menschen wie möglich sehen sollten und nicht nur ein paar Cineasten in Arthaus-Kinos.
Wie im Inhalt schon angesprochen geht es um den unfassbar schrecklichen Lebensabschnitt des Afroamerikaners Solomon Northup und basiert auf seiner 1853 veröffentlichten Biographie 12 Years a Slave. Und auch wenn man bei fiktiven Charakteren ebenfalls wüsste, dass sich die Sklaverei so grausam abgespielt hat, finde ich, ist es nochmal etwas ganz anderes, wenn man im Hinterkopf hat, dass das Gezeigte komplett autobiographisch ist. Gespielt wird die Rolle von Solomon vom oscarnominierten Newcomer Chiwetel Ejiofor und es ist wirklich sehr stark anzuschauen, wie überzeugend er abwechselnd Wut, Hoffnung und tiefste Verzweiflung auf die Leinwand bringt. Doch auch die Leistung der anderen Schauspieler sind weit mehr als nur beachtlich. Genial zum Beispiel Michael Fassbender als seelisches Wrack und brutales Monster zugleich, das gleiche Lob gilt für Lupita Nyong’o als Sklavin Patsey. Und man könnte grade so fortfahren mit Paul Dano als sadistischer Aufseher, Cumberbatch als Plantagenbesitzer oder Giamatti als herzlosen Händler. Allein aufgrund dieser darstellerischen Leistungen ist der Film mehr als nur sehenswert.
Das Meisterwerk wird 12 Years a Slave aber zweifelsohne erst durch die Regiearbeit. Klar kann so eine Geschichte nur berühren und aufwühlen, die Kunst besteht jedoch darin, noch mehr mit einem zu machen. Denn nur weil ich zu Beginn schrieb, dass der Film relativ massentauglich ist, heißt das noch lange nicht, dass McQueen irgendwelche Kompromisse einging. Und damit meine ich weniger die durchaus brutalen Bilder (nicht von der FSK 12-Freigabe täuschen lassen), sondern die Art und Weise, wie manche Szenen derart an die Nieren gehen, dass es einen fast zerreist. Ganz ähnlich wie zum Beispiel Michael Hanekes in Funny Games, geht auch Steve McQueen an die Grenzen des Erträglichen. Gerade wenn die Kamera die Grausamkeiten wie ein stiller Beobachter einfach minutenlang einfängt ohne wegzuschauen, ist das eine derart unbequeme Erfahrung, dass ich noch nicht weiß, wann ich den Film das nächste Mal anschauen kann.
Am Ende meiner Kritik zu Schindlers Liste hatte ich geschrieben, dass er für mich zum Pflichtprogramm der Schulen gehören sollte. Bei 12 Years a Slave bin ich jetzt genau der gleichen Meinung. Dabei sei es völlig dahingestellt, ob das bewegende Drama von Steve McQueen nun der beste Film des Jahres ist oder nicht. Das bleibt Geschmackssache, vor allem, wenn es sich auch noch um derart schwere Kinokost handelt. Ohne wenn und aber ist 12 Years a Slave einer der wichtigsten Filme des Jahres, wenn nicht sogar der gesamten letzten Jahre.
Chris Wertung zu 12 Years a Slave:
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