11 Fragen an: Sebastian Frankenberger (ÖDP)

Vorweg: Dieser Artikel startet eine neue Interview-Serie. Ziel ist es, mir selbst und euch bestimmte Personen aus den unterschiedlichsten Themengebieten in Form einer Frage-Antwort-Konversation näher vorzustellen. Das ich Sebastian Frankenberger trotz Hochphase des Wahlkampfs zur anstehenden Europawahl interviewen durfte, freut mich umso mehr. Also dann, los geht`s:

Hallo Sebastian. Bevor ich zur ersten Frage komme, kurz ein paar Infos zu dir bzw. zu deiner Partei: Du bist Bundesvorsitzender der ÖDP. Wenn ich richtig informiert bin, bist du der Initiator des Volksbegehrens für echten Nichtraucherschutz in Bayern. Du bist seit 2004 bei der ÖDP, weil du mit den Prinzipien deiner vorherigen Parteimitgliedschaft eher unzufrieden warst. (Unterbrich mich, wenn ich was falsches sage.) Die ÖDP unterscheidet sich u.a. von anderen Parteien durch eine ökologisch-soziale Wirtschaftspolitik, durch eine nachhaltige Umwelt-, Landwirtschafts- und Tierschutzpolitik und durch eine eher konservativ, christlich-humanistisch geprägte, wertorientierte Familienpolitik.

Ergänzung Sebastian: Die ÖDP unterscheidet sich außerdem von anderen Parteien dadurch, dass wir keine Firmenspenden annehmen. So können unsere über 500 Mandatsträger in ganz Deutschland unabhängig von Lobbyinteressen Politik für die Menschen gestalten.

Dank dir für den Hinweis. Mit diesem und auch den zuvor genannten Punkten deckst du/deckt ihr einen Großteil der Themengebiete ab, die in diesem Blog immer mal wieder zur Sprache kommen und demzufolge auch mir persönlich am Herzen liegen. Daher starte ich einfach mal mit meiner ersten Frage.

Frage 1: SchaumImOhr setzt sich u.a. mit dem Thema Minimalismus auseinander. Kannst du dich hiermit identifizieren? Gibt es Dinge in deinem Alltag, auf die du bewusst verzichtest? Wenn ja, warum?

Ich unterstütze sehr stark die Wirtschaftstheorie der Postwachstumsökonomie von Prof. Niko Paech (Anmerkung SchaumImOhr: dringender Buch- und Lesetipp), er spricht davon, dass wir weg vom ewigen Wachstumszwang hin zu einer anderen Definition des Wohlstandsbegriffes und weg vom materialistischen zu einem Zeit- und Beziehungswohlstand müssen. Daher versuche ich immer wieder mein Leben zu entrümpeln und mich zu hinterfragen, was brauche ich eigentlich wirklich. Das fängt bei vielen Konsumgütern, Urlauben, usw an. Ganz wichtig ist mir hier aber auch eine bewusste Ernährung, warum ich Vegetarier geworden bin, nur auf regionale und saisonale Bioprodukte setze, auf Alkohol verzichte und mir immer wieder vor Augen rufe: Weniger ist mehr! Auch meine Partei setzt auf das Prinzip „Weniger ist mehr!“, in dem wir z. B. bei Parteiveranstaltungen nur vegetarisches Essen aus der Region und fair gehandelte Produkte anbieten.

Frage 2: Welchen Film sollte deiner Meinung nach jeder gesehen haben und warum?

Die Wolke“ nach dem Roman von Gudrun Pausewang. Weil es jeden Tag passieren kann, dass es in einem Atomkraftwerk ein menschliches Versagen gibt und das auch mitten bei uns. Wir brauchen dringend den europaweiten Atomausstieg und jeder kann etwas dafür tun, in dem er zu einem Ökostromanbieter wechselt – und so hilft, Atommüll zu vermeiden und Risiken zu mindern.

Frage 3: Welches Buch sollte deiner Meinung nach jeder gelesen haben und warum?

Natürlich mein eigenes „Volk entscheide – Visionen eines christlichen Politik Rebells“. Nein jetzt mal im Ernst, das muss man nicht gelesen haben.
Viel wichtiger finde ich das kleine, aber feine Büchlein von Renata Hartwig „Du hast nichts zu verlieren außer deiner Angst“. Ich glaube, dass unsere Gesellschaft momentan viel zu stark von Ängsten geleitet ist, oder besser gesagt jeder einzelne. Wenn wir uns diesen mehr stellen würden, uns mehr hinterfragen, dann würde sich viel verändern. Wir könnten z. B. bessere menschliche Beziehungen führen, weil anstelle der Angst Vertrauen gesetzt wird.

Frage 4: Eure Wahlkampftour habt ihr eher unkonventionell mit dem Rad anstatt mit einem Tourbus bestritten. Warum?

Weil das Radfahren entschleunigt. Ich wollte alle 90 Landkreise besuchen, aber auch was von der Gegend mitnehmen. Mit Leuten ins Gespräch kommen. Zeit haben und Zuhören. Und das geht beim Fahrradfahren einfach besser.

Frage 5: Bist du in deiner Freizeit viel mit dem Rad unterwegs?

Eher weniger, weil ich nicht wirklich Freizeit habe. Und dann geh ich lieber Inlineskaten im wunderschönen Donautal zwischen Passau und Linz und hab meine beiden Hunde dabei, die bei diesem Tempo besser mitkommen.

Frage 6: Hast du trotzdem ein Auto? Wenn ja, was für eins?

Ohne geht es einfach nicht und ich fahr auch noch viel zu viel Auto. Ich hab einen Prius+. Einen Hybrid-Van mit 7 Sitzplätzen, da ich immer noch in der Jugendarbeit tätig bin und ab und zu die 7 Plätze brauche. Leider gibt es noch kein vernünftiges und v.a. kostengünstiges Elektroauto mit einer Reichweite von 400-600 km, auf was ich in meinen Berufen manchmal angewiesen bin. Wenn ich das Geld hätte, würde ich mir allerdings als Zusatzalternative ein Twike zulegen.

Frage 7: Wie überzeugst du deine Mitmenschen davon, vor einer anstehenden Wahl ihre Stimme deiner Partei zu überlassen?

Bei meinen Vorträgen gebe ich am Schluss immer folgenden Wahlaufruf: Wählen gehen ist eine wahnsinnig hohe Verantwortung. Denn man wählt jetzt bei der EU-Wahl für die nächsten 5 Jahre eine Partei mit ihren Politikern. Denken Sie zurück, wen sie das letzte Mal gewählt haben und was diese Politiker daraus gemacht haben. Vergleichen Sie die Parteiprogramme, z.B. mit dem Wahl-O-Mat. Und dann denken Sie daran, dass Ihre Stimme nicht einfach weg ist, sondern jeden Tag bei Ihnen. Und Sie müssen sich jeden Tag in den Spiegel schauen können und dürfen sich dabei nicht schämen, wenn Sie daran denken, wen und welche Politik sie gewählt haben. Machen Sie es daher so wie ich, ich schaue auch in den Spiegel und dann sehe ich, wen ich wählen werde und deshalb brauche ich mich nicht schämen ;-)

Frage 8: In Kürze steht die Europawahl an. Warum ist das ein so wichtiges Eckdatum für eure Politik?

Für uns stehen die Chancen äußerst gut, dass wir ins Parlament einziehen. Wir haben vor dem Verfassungsgericht gegen die 5 und später 3 %-Hürde geklagt und gewonnen. Es gibt jetzt also keine Hürde mehr. Wir wären eigentlich schon beim letzten Mal im Parlament gewesen, wenn wir also wieder das Ergebnis wie 2009 holen, schaffen wir einen Sitz. Außerdem sind wir bundesweit wählbar. Wenn wir gewählt sind, setzen wir uns für mehr demokratische Strukturen in Europa ein, für mehr Mitbestimmung der Bürger und für eine Begrenzung der Lobbyisten.

Frage 9: Warum ist die Europawahl für mich in meiner Region von Bedeutung?

Ca 84 % aller Gesetze werden mittlerweile auf EU-Ebene entschieden. Aber was noch viel wichtiger ist, es drohen uns mit dem Freihandelsabkommen TTIP – und mit allen anderen Handelsabkommen, die zur Zeit verhandelt werden – massive Beschneidungen der Demokratie, weil die Lobbyisten zu viel Macht bekommen. Im Ernstfall kann TTIP das Einfallstor sein für Gentechnik, Fracking, Privatisierung, etc. Alles Aspekte, die auch in deiner Region eine Rolle spielen.

Frage 10: Gut, dass du es anschneidest. Das Freihandelsabkommen TTIP wäre ohnehin meine nächste Frage gewesen. Was bewegt dich zu diesem Thema?

Die Demokratie ist in Gefahr, die Umwelt-, Sozial- und Verbraucherschutzstandards werden unterhöhlt, so genannte Schiedsgerichte vertreten die Wirtschaft, wenn die sich in der Entfaltung ihrer Geschäfte behindert fühlen, etc. Schau mal hier auf die Seite: www.ttip-unfairhandelbar.de

Frage 11: Gibt es ein Zitat, das dich begleitet/motiviert?

Mein Leitmotto in der Politik, aber auch in meinem Leben, ist die goldene Regel aus den Religionen, die ich für die Politik folgendermaßen umformuliert habe, und eigentlich alles enthält: Der oberste Grundsatz unseres politischen Handelns ist, dass wir nicht nur an uns selbst denken, sondern auch solidarisch an alle Menschen auf diesem Planeten und an die zukünftigen Generationen. Auch begleitet mich ein Spruch von Gandhi: „Wir selbst müssen die Veränderung sein, die wir in der Welt sehen wollen.“

Und damit wäre ich mit meiner Fragerei auch bereits am Ende. Vielen,vielen Dank, dass du dir so viel Zeit genommen hast, trotz der aktuell sicher sehr arbeitsintensiven Phase. Alles Gute dir und deiner Partei für die bevorstehenden Wahlen.

Der Vollständigkeit halber noch folgende URLs:
www.sebastian-frankenberger.de
www.oedp.de


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