Nachdem ich jetzt endlich jemanden gefunden habe, der die Zeit und auch das sprachliche Verständnis besitzt mir jeden Tag eine Stunde lang Marathi beizubringen wollte ich mal ein paar Eigenarten der Sprache und Ausdrucksweisen der indischen Kultur darstellen.
Bitte und Danke sagt hier so gut wie niemand, es gibt zwar Wörter dafür auf Marathi, jedoch sind diese manchen Leuten Nichtmals bekannt. Die englischen Äquivalente sind da schon geläufiger. Doch auch diese werden so gut wie nicht benutzt, da ein „Danke“ in Indien nicht den Stellenwert einer Floskel hat, sondern fast schon als Bezahlung benutzt werden kann. Freundschaftsdienste und kleinere Aufmerksamkeiten können also einfach angenommen werden, werden aber auch in umgekehrter Weise von einem erwartet. Genauso ist es für Inder komisch wenn man immer fragt ob man sich z.B. Zigaretten oder Essen nehmen darf. Das gilt hier nämlich nicht als höflich, sondern wird eher als Zweifel an der Gastfreundschaft bzw. der Bereitschaft zum Teilen gesehen.
Große Verwirrung stiftet auch der Gebrauch des „Shall I go“.
Ist man in Gemeinschaft von Indern kann es schon mal vorkommen, dass einem diese Frage gestellt wird. Natürlich wird jeder Europäer vermuten das der Gesprächspartner das Gefühl hat nicht mehr willkommen zu sein und wird klarstellen, dass dieser natürlich noch gerne bleiben und nicht gehen soll. Das ist aber die komplett falsche Interpretation und kann auch mal auf sehr komplizierte Missverständnisse hinauslaufen. Der Hintergrund dieses Satzgebrauchs ist nämlich, dass der Inder gerne gehen möchte, dafür aber nach Erlaubnis fragt. Worin genau die kulturelle Begründung liegt nicht „Can I go?“ zu benutzen ist mir allerdings immer noch schleierhaft.
Der Satz der mich aber definitiv am meisten verwirrt hat und mich mehrfach an meinen Sprachkenntnissen zweifeln ließ ist: „Mi jétó“. Eine Floskel die nur im Marathi benutzt wird. Sie bedeutet so viel wie deutsche „Bis dann“. Das verrückte ist aber, dass es wörtlich übersetzt „Ich komme“ heißt, was ungefähr so sinnlos ist wie „Ich geh’ jetzt schlafen“ zu sagen wenn man aufsteht. Es vergingen ca. 2 Wochen bis ich herausgefunden habe warum diese Redewendung existiert. Nämlich aus Aberglauben. Wenn man sagt „Mi dsató“, was dem deutschen „Ich gehe“ entspricht ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass einem etwas schlimmes passiert.