Yoga als Lebensretter – Von einer Boygroup-Weltkarriere in den Ashram

Yoga als Lebensretter – Von einer Boygroup-Weltkarriere in den Ashram

Wenn wir Yoga hören, denken die meisten von uns an grazile Bewegungen auf der Yogamatte, in schick eingerichteten Studios, in denen man sich gemeinsam mit zwanzig anderen Mädels für die Traumfigur verrenkt. Den spirituellen Aspekt, also den eigentlichen Ursprungsgedanken beim Yoga, haben wir dabei so gut wie nie im Blick. Im Gegenteil. Yoga muss hart sein, muss Muskelkater verursachen und zum Schwitzen bringen. Yoga muss unseren Körper verändern - oder? Lee Baxter, ehemaliger Sänger der in den 90ern weltbekannten Boygroup Caught in the Act, der mit seiner Single "This side of Eden" ein Comeback wagt, hat mir einen ganz neuen Blickwinkel auf das Thema „Yoga" gezeigt und mir verraten, wie es nicht seinen Körper, sondern sein Leben verändert hat.

Für alle unter euch, die wesentlich jünger sind als ich und Caught in the Act nicht mehr aus ihrer Jugend kennen: Die vier Jungs waren in den 90ern wirklich, wirklich erfolgreich. Ein Preis jagte den nächsten. Tage von 2 Uhr morgens bis spät abends waren keine Seltenheit. Zwischen Konzerten, Terminen und unzähligen Fotoshootings, bei denen es kaum möglich war, dass alle vier gleichzeitig fröhlich in die Kamera lächelten, weil sie allesamt müde und ausgelaugt waren, stand auch noch ein zweistündiges Fitnesstraining an. Fünf Tage die Woche, mit gerade einmal drei Tagen Pause im Monat. Die Karriere ging steil bergauf - und dann, an ihrem Höhepunkt, war plötzlich Schluss mit der Band. Und wie so viele andere Künstler, denen plötzlich der Boden unter den Füßen weggezogen wird, hatte auch Lee Baxter ein Loch zu füllen. Und zwar ein großes.

Yoga als Rettungsanker

Statt zu Heroin, Alkohol oder anderen selbstzerstörerischen Mitteln griff Lee zu einer ganz besonderen Droge: Yoga.

Ich weiß noch genau, wie ich zum ersten Mal mit Yoga in Berührung kam. Es war bereits zu Zeiten der Band. Ich hatte das Gefühl, alles zu haben: Erfolg, Geld und ich führte ein großartiges Leben. Doch da fehlte etwas. Das konnte doch nicht alles sein! Ich fühlte mich, als wäre ein Teil von mir komplett leer. Und dann sah ich das Video „What's love got to do with it" von Tina Turner, in dem sie von ihrem Mann geschlagen wird und sich dann dem Buddhismus zuwendet, sich fokussiert und in sich selbst stark wird. Das hat mir wirklich etwas gegeben.

Einen Monat, nachdem die Band sich völlig unerwartet getrennt hatte, flog Lee zu einem Yoga Christmas Retreat nach Kalifornien, wo er gemeinsam mit tausenden anderen Menschen meditierte, sang und arbeitete. Yoga als Rettungsanker?

Natürlich war da nach dem Band-Aus ein tiefes Loch in mir. Und ja, ich habe mich dem Buddhismus zugewandt, um dieses Loch zu füllen. Viele Leute greifen zu Drogen, manche werden verrückt - da gibt es jede Menge schlimme Beispiele. Ich hatte Glück, dass ich zur Spiritualität gefunden habe. Sie hat die Leere in mir gefüllt, die einfach da ist, wenn du jahrelang wie in einer Achterbahn auf der Überholspur durchs Leben fährst, mit all der Liebe und der Energie, die dir von allen Seiten Tag für Tag entgegengebracht wird. Yoga hat mich nach der Trennung der Band gerettet.

Ich kann es mir nur schwer vorstellen, von einem luxusüberfluteten Leben im Scheinwerferlicht in ein kleines Ashram am anderen Ende der Welt abzutauchen. Von 100 auf 0 - kann sowas überhaupt gutgehen? Gestern noch auf Schritt und Tritt von Hunderten verliebten Fans verfolgt zu werden, für die man der Traummann schlechthin ist, und heute zu Menschen, denen man seinen Namen buchstabieren muss und die einen nicht wie ein kostbares Teil einer Gelddruckmaschine behandeln?

Ich würde sagen, dass das Leben im Ashram für mich gar keine so große Umstellung war. Natürlich war es hart - aber es war auch hart in der Band. Wir mussten früh aufstehen, immer herumreisen und hatten lange Tage. So gesehen war ich mit der anstrengenden Routine bereits vertraut. Im Ashram musste ich ebenfalls früh aufstehen, dann wurde meditiert und dann ging es zur Arbeit in die Küche.

Meditation und der Weg zu sich selbst

Die Meditation nahm einen großen Platz im Tagesablauf im Ashram ein. Morgens um 4 Uhr ging es mit dem Morgengebet los, dann startete die erste Meditation. Im Anschluss sangen wir das guru gyta, das 182 Verse in Sanskrit umfasst - damit waren wir nochmal um die eineinhalb Stunden beschäftigt. Nach dem Frühstück ging es dann an die „savors" - im Ashram stellst du freiwillig deine Arbeitskraft bereit und wirst dann für bestimmte Arbeiten eingeteilt. Ich landete meistens in der Küche und habe das Essen vorbereitet oder abgewaschen. Danach gab es wieder eine Meditation, Gesang, noch einmal eine Arbeitseinheit, dann fand sich die Gruppe nochmal zu einem Treffen zusammen - und dann wurde bis 21 Uhr gesungen, bevor es ins Bett ging.

Klingt hart - Hand aufs Herz, wie viele von euch hätten da Lust drauf? Mal ein paar Wochen Urlaub nehmen, um den ganzen Tag zu meditieren und zu arbeiten? Dass dieses Erlebnis trotz des ziemlich gefüllten Tagesplans absolut einmalig und lohnenswert ist, erzählt Lee mir mit leuchtenden Augen und ich bekomme ein wenig Gänsehaut.

Im Ashram herrschte solch eine umfassende Liebe zwischen den Menschen - man ist eine große Familie. Jeder war freundlich, offen und liebevoll, und diese ganze Atmosphäre brachte mich dazu, viel tiefer in mich hineinzuspüren und eine stärkere Verbindung zu meinem Innersten herzustellen als jemals zuvor. Es war wie eine Überholspur auf dem Weg zu mir selbst. Jeder Tag war so intensiv! Aber klar, es war auch nicht immer einfach. Man war ständig sich selbst ausgeliefert, so als ob man einen Spiegel vorgehalten bekommt, der einem unablässig zeigt, wer man ist. Damit und mit all den Erinnerungen und Erfahrungen der Vergangenheit musste man erstmal klarkommen - das waren harte Momente. Und dann gab es wieder diese Augenblicke, die von absoluter Freude gefüllt waren, die ich bis dahin nie erlebt hatte und ich wusste: Das ist die beste Droge, die man nehmen kann.

Ein Tag in einem Ashram ist wie 100 Tage im normalen Leben

Wie ich haben viele von euch sicher Eat Pray Love gelesen (oder den Film gesehen). Genau in dem indischen Ashram des Gurus Gurumayi, der dort vorkommt, war Lee Baxter für neun Wochen und lernte den berühmten Sidda Yoga Guru kennen. Danach lebte er noch 5 Wochen in einem Ashram in New York und weitere 5 Wochen bei einen Retreat in Monroe. Trotz all der Routine im dortigen Alltag zwischen Meditation und Arbeit: Gab es auch ganz spezielle Erlebnisse?

Ein Tag im Ashram ist wie hundert Tage in normalen Leben. Du triffst jede Stunde einen anderen Menschen, der dir erzählt, worüber er nachdenkt, woher er kommt und welche unglaubliche Erfahrung er gemacht hat - und man denkt einfach nur „Wahnsinn". Außerdem war für mich diese Balance zwischen dem Leben in der Öffentlichkeit und dann dem Leben im Ashram perfekt. Dort habe ich so wunderbare Dinge erlebt - und das dann auch wieder mit meiner Musik kombiniert, als ich einen Song geschrieben habe, der von meiner Zeit im indischen Ashram inspiriert war.

Neben all der Meditation gab es im Ashram natürlich auch eine Hatha Yoga, mit jeder Menge Sonnengrüßen. Auf die Frage, was Lees Lieblingsasana ist, verrät er, dass das die Krähe ist - vermutlich auch eine der liebsten Yogapositionen von uns Läufern, da sie die Hüfte öffnet.

Ich war zur Monsun-Zeit in Indien und die Landschaft war spektakulär. Vor dieser Kulisse mit wunderschönem Laub haben wir jeden Morgen unsere Sonnengrüße zelebriert.

Yoga als höhere Kraft im Alltag

Und welche Rolle spielt Yoga heute, viele Jahre nach dem Band-Aus und seinen Aufenthalten im Ashram für Lee?

Yoga hat mich zur Meditation gebracht, aber es hat mir auch klargemacht, dass wir uns alle mit einer höheren Kraft verbinden können und dass all das in uns steckt, wenn wir uns nur dazu entschließen, uns ihm zu öffnen. Ich glaube, dass das ganz vielen kreativen Menschen so geht. Wann immer ich singe oder schauspiele, verbinde ich mich mit dieser höheren Macht - Yoga findet für mich also weiterhin vor allem auf einer spirituellen Ebene statt. Noch heute meditiere ich jeden Morgen für etwa 15 Minuten und schöpfe den ganzen Tag über Kraft daraus.

Ob er sagen würde, dass Yoga uns dabei helfen kann, uns stärker auf unsere Träume zu fokussieren und uns innere Stärke zu liefern, um unseren Alltag besser zu meistern, will ich wissen.

Yoga kann dich erden und hilft dir dabei, mit vielen Dingen fertig zu werden. Ich persönlich würde ohne meine spirituelle Verbindung zu dieser höheren Macht, die ich im Yoga kennengelernt habe, sicher nicht in der Lage sein, wieder auf der Bühne zu stehen. Diese Kraft, die Yoga dir schenken kann, ist unbezahlbar.

To do: Meditieren!

Für mich war es das erste Mal, dass ich mit jemandem gesprochen habe, für den Yoga nicht nur aneinandergereihte Asanas sind, und der sich so lange Zeit mit der spirituellen Ebene von Yoga beschäftigt hat. Es war ein extrem inspirierendes Gespräch - und es hat mich so sehr bewegt, dass ich mich in Zukunft ebenfalls mehr damit beschäftigen werde. Klar, meine 20-30 Minuten Yoga am Morgen, in denen ich ein paar Sonnengrüße und Umkehrhaltungen mache, helfen mir bereits heute dabei, mit freiem Kopf in den Tag zu starten. Doch eine neue Kraftquelle durch Meditation wäre ja auch nicht verkehrt, oder?

Wer sich ebenfalls mehr mit dem Thema Meditation und Spiritualität beschäftigen möchte, für den hat Lee einen Buchtipp: Ask and it is given (englisch) / deutsche Version: Wünschen und erfüllen

Und hier kommen noch ein paar persönliche Empfehlungen von meiner Leseliste:

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