Wo ist deine Bakk. Arbeit?

Ich studiere im siebten Semester Publizistik- und Kommunikationswissenschaften. Angeblich braucht man sechs Semester, um den Bakkalaureus bzw. Bachelor abzuschließen. Mein Ziel ist bis zum nächsten Sommer fertig zu werden. Doch auch dieses Ziel wackelt im Moment. Ein paar Gedanken, warum Digital Residents Probleme mit wissenschaftlichen Arbeiten haben und erste Lösungsansätze.

Wo ist deine Bakk. Arbeit?
Foto: Tony Gigov, Foto zuvor, Volltreffer;

Ich kann nur für mich sprechen und ob es anderen Digital Residents auch so geht, weiß ich nicht. Es geht auch nicht nur, um wissenschaftliche Arbeiten, sondern grundsätzlich um Aufgaben, die länger als zehn Minuten dauern.

Mehr Informationen!

Ich bin es gewohnt große Mengen an Informationen zu verarbeiten. Jeden Tag lese ich tausende Tweets und hunderte Artikel. Lesen ist der falsche Ausdruck. Vielmehr ist es ein überfliegen, ein scannen. Die tausenden Informationsstücke, durch die ich Tag für Tag klicke, werden in Sekundenbruchteilen bewertet. Mein Kopf ist wahnsinnig gut darin geworden unwichtiges auszusortieren und so habe ich nie das Gefühl von einer Informationsflut erschlagen zu werden. Vielmehr kommt es dazu, dass ich nach mehr Informationen lechze. Es gab Zeiten, wo ich den Hauptstream von soup.io leer gelesen habe. Im Google Reader habe ich mir vorgeschlagene Artikel unter Explore reingezogen und auf Twitter bin ich immer mehr Leuten gefolgt. Konnte nicht genug bekommen.

Inzwischen hat sich die Lage etwas normalisiert. Ich bin auf Twitter sehr kritisch, wem ich folge. Sortiere regelmäßig aus, um den Übrigen mehr Aufmerksamkeit schenken zu können. Im Reader lese ich im Schnitt 150-200 Artikel und bei soup.io wird nur ein bisschen im Stream der Freunde gebadet.

Ich konsumiere nach wie vor eine Vielzahl an Informationen.

Es ist nicht entscheidend, dass ich exakt weiß, was in den ganzen Artikeln steht. Wichtiger ist zu wissen, dass es die Artikel gibt und worum sie ungefähr gehen. Eine gewisse Grundaussage, die man aus bestimmten Beiträgen mitnimmt. Immer wieder merke ich in Gesprächen, dass ich dazu schon etwas gelesen habe und wenn ich einen Computer in der Nähe oder das Handy in der Nähe habe, kann ich innerhalb von kürzester Zeit den Beitrag wieder finden. Manchmal bin ich dann selbst überrascht wie viel ich noch davon weiß, ohne ihn im Detail gelesen zu haben. Hilfreich sind auch Tweets, die im Idealfall in einem Satz zusammenfassen, was der Text aussagt.

Information skippen

Wenn man mit so vielen Informationen zu tun hat, werden Dinge, die nicht im ersten Moment als wichtig erscheinen, übersprungen. Schließlich wartet eine große Zahl an Informationen, die es ist. Ich muss mich nicht mehr mit unwichtigen Dingen aufhalten, weil ich das beste auswählen kann. Das zeigt auch wieder wie wichtig es sein kann, wie Informationen verpackt werden.

Es ist schon eine Zeit lang her, aber ich kann mich erinnern es auf Nerdcore1 gelesen zu haben: In der Überschrift muss stehen, was im Beitrag vorkommt. Wenn da ein Video mit tanzenden Katzen ist, dann sollte der Titel “Video: Tanzende Katzen” oder so ähnlich lauten. Das gleiche kann man heute für Twitter behaupten. Wenn jemand nicht schreibt, was sich hinter dem Link verbirgt, werde ich dem Link höchstwahrscheinlich nicht folgen. Man baut ein Vertrauen in die Personen auf und wenn sie falsche oder ungenaue Beschreibungen zu den Links liefern, werden sie entfolgt oder zumindest nur noch selten auf Links geklickt. Nach dieser Regel ist auch der Titel dieses Beitrags nicht ideal. Besser wäre “Fähigkeit viele Informationen zu verarbeiten behindert wissenschaftliches Arbeiten”. Kürzer und knackiger. Ist mir im Moment aber auch egal.

Wissenschaftliche Texte brauchen Zeit

Wissenschaftler sind eher selten gute Autoren. Ich sehe ein, dass bestimmte Dinge nicht vereinfacht werden sollen, da sie sonst nicht mehr das aussagen, was sie aussagen sollen, doch wenn ich einen Absatz dreimal lesen muss, um ihn zu verstehen, hat der Autor ebenso versagt.

Ein anderes Problem, und das ist vermutlich entscheidender, ist mein antrainiertes Rezeptionsverhalten. Wenn es nicht sofort interessant ist, wird es ignoriert. Doch wissenschaftliche Texte entfalten sich manchmal erst, wenn man sie komplett gelesen hat. Auch braucht es Hintergrundwissen und in manchen Bereichen muss man dann bei Grundlagen beginnen, die einfach nicht spannend sind. Als müsste man erstmal lernen was der Begriff Blog bedeutet.

Meine Aufmerksamskeitsspanne ist tatsächlich recht gering, wenn mich ein Thema nicht besonders interessiert oder es jemand empfohlen hat, dem ich vertraue. Fünf bis zehn Minuten bei einem Buch, die es hat um mich zu fangen. Manchmal stelle ich mir die Frage, ob ich das falsche studiere.

Wissenschaftliche Artikel muss man mit einer gewissen Ruhe lesen. Die Kernaussagen erfassen. Weil sie nur Sinn machen, wenn man die Hintergründe kennt oder weil sie der Autor schlecht verpackt hat.

Die Qualitätssperre

Egal ob es um meine Bakk. Arbeit geht oder um einen Blogpost. Ich habe das Gefühl eine gewisse Qualität liefern zu müssen. Ein Maßstab den ich selbst setze und das oft zu hoch. Bin dann extrem unzufrieden mit mir, weil es nicht so gut ist, wie ich es gerne hätte. Lösche einzelne Absätze bis hin zu ganzen Beiträgen. Es reibt mich auf und ich will mich schon gar nicht mehr hinsetzen, weil ich Angst habe, es am Ende doch wieder wegzuwerfen.

Beim wissenschaftlichen ist es noch schlimmer. Ich fühle mich verpflichtet für jede Aussage einen Beleg zu haben. Traue mich nicht Dinge zu schreiben, wie ich sie wahrgenommen habe und es einfach anzugeben. Ich verliere mich in der Recherche für Nebensätze und lösche sie dann wieder. Die Erwartungshaltung ist weit über den Wolken und wenn ich nicht anfange und übe, werde ich sie niemals erreichen. Wobei ich mir recht sicher bin, dass ich sie sofort höher stellen werde, sobald ich in die Nähe komme.

Suche nach dem perfekten Tools

Ich liebe Dienste, die mein Leben erleichtern. Dropbox, um Dateien zu sichern oder Kontakten zu teilen. Papers zum sammeln und sortieren wissenschaftlicher Arbeiten. CloudApp zum schnellsten Teilen überhaupt. Irgendwann werde ich einen eigenen Beitrag zu den ganzen Helfern schreiben.

Immer wieder bin ich auf der Suche nach etwas besserem. Ich gebe mich nicht zufrieden, mit den Dingen die ich schon habe und nutze sie, sondern teste neues und werde somit nicht besonders gut in ihnen. Am Ende sitze ich wieder mit TextEdit da und tippe innerhalb kürzester Zeit das ganze als Plain Text runter.2 Das Problem ist, dass ich eben Dinge rund um die Arbeit mache, anstatt die Arbeit selbst. Etwa diesen Blogpost schreiben.

Konzentration

Oh, da drüben glitzert etwas. Bei mir wäre es eher ein neues Service oder eine Veröffentlichung von Wikileaks, die mich ablenkt. Jeden Tag gibt es hunderte Dinge, die interessanter als die Arbeit an meiner Arbeit sind.

Mit Freude stelle ich aber auch fest, wie ich mich in Themen stürzen kann und mehrere Stunden daran arbeite. Selbst die Tweets, die regelmäßig via Twitterjunkie und Growl auf meinem Bildschirm auftauchen, können mich ablenken. Ich bin dann in einem Flow, wo ich andere Dinge tun kann, ohne den Faden zu verlieren. Die Synapsen sind warm geglüht und hören nicht so schnell auf zu arbeiten.

Entscheidend ist das Thema. Wenn es mich interessiert, ist es in kurzer Zeit erledigt. Oft sogar überraschend gut. Doch wenn nicht, dann muss ich alle Notifications abdrehen. Darf weder Twitter, noch Facebook öffnen und das Handy am besten abstellen. Pausen sind schon gefährlich. Eigentlich sollte man solche Themen gar nicht beginnen, doch das kann man sich nicht immer aussuchen.

Lösungsansätze

  • Anfangen.
  • Ein Thema wählen, das einen wirklich interessiert.
  • Wenn man nicht weiterkommt, alles liegen lassen und rausgehen.
  • Uninteressante Literatur am Ende lesen.3
  • Langsame Mediennutzung trainieren. Siehe auch Slow Media Manifest.
  • Zeit nehmen.
  • Qualität wächst mit der Arbeit.
  • Interessante Aspekte finden.
  • Wenn alles nicht mehr hilft, einen Blogpost über die eigene Unfähigkeit schreiben. Aufmunternde Kommentare mit tollen Tipps bekommen und diese mit den gefunden Lösungsansätzen anwenden.
  • Den Fortschritt transparent machen.

Und ihr so?

Dieser Blogpost hat 1289 Worte und wurde in einer Stunde und achtundzwanzig Minuten geschrieben.


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