Wirtschaftsmodell: ein anderes Spanien

Wirtschaftsmodell: ein anderes Spanien

Andalusien bei Carmona - Bilder: Wikipedia

erschienen bei Junge Welt – Danke an Yvonne

von Carmela Negrete

Marinaleda, ein kleines Dorf in Andalusien, hält sich die Krise vom Leib. Basiskommunismus statt Turbokapitalismus

Eigentlich wollte Gloria Trujillo gerade nach Hause fahren. Es ist Mittagszeit, und da es im Rathaus von Marinaleda keine Kantine gibt, ißt sie für gewöhnlich in ihrer Wohnung. Doch für uns verzichtet sie auf das Mittagessen und fährt uns zu Humar.

Humar ist eine als Kooperative betriebene Konservenfabrik und der Stolz von Marinaleda, einem 2800-Seelen-Dorf in Andalusien, einer Region im Süden Spaniens. Vor zwei Jahren ist sie in Betrieb gegangen. Bis zu zwei Tonnen Artischocken können hier im Jahr verarbeitet werden. Hinzu kommen Paprika, Bohnen und Olivenöl. Die Früchte stammen vom Landgut Los Humosos, einem 17000 Hektar großen Gebiet an der Stadtgrenze. »Wir machen hier keine großen Gewinne, sondern kommen nur gerade so über die Runden«, erzählt Gloria. Seit einigen Jahren arbeitet sie im Gemeinderat und ist dort für soziale Angelegenheiten verantwortlich. Das macht sie ehrenamtlich. Ihr Geld verdient Gloria in der Kooperative. Der Monatslohn liegt bei 1200 Euro, und alle verdienen dasselbe. »Wenn wir Geld verdienen wollten, würden wir Weizen und Sonnenblumen anbauen, wie es die Großgrundbesitzer machen, um Subventionen der Europäischen Union abzurufen. Beim Weizen erledigt aber eine Maschine alle Arbeit, Paprika und Artischocken müssen hingegen mit der Hand gepflanzt und geerntet werden.«

Wirtschaftsmodell: ein anderes SpanienÜberhaupt läuft in Marinaleda vieles anders als im Rest von Spanien. Vor 37 Jahren, als mit dem Tod von Francisco Franco in Spanien die faschistische Diktatur zu Ende ging, herrschte in Marinaleda humanitärer Notstand. Die Landbevölkerung litt Hunger und Elend. Das 17000 Hektar große Gut Los Humosos wurde in einem quasi sklavenhalterischen System ausgebeutet, die Tagelöhner arbeiteten für kaum mehr als ein mageres Essen und wohnten in Baracken. Über die Ländereien verfügte der Herzog von El Infantado. Bis heute ist er einer der reichsten Großgrundbesitzer Spaniens.

Republikanischer Idealismus

Doch die Zeiten änderten sich. Seit dem Tod des Diktators gab es trotz der brutalen Unterdrückung durch die Polizei ständig Demonstrationen. Der Druck der Bevölkerung erzwang die Legalisierung der linken Parteien, viele Überlebende des Spanischen Bürgerkriegs kehrten voller Hoffnung aus dem Exil zurück. Sie wollten ihr Land aus der Rückständigkeit befreien, in die es vierzig Jahre Franquismus gebracht hatten. Das von Krieg und Diktatur verschüttete Ideal sozialer Gleichheit kehrte auf die politische Agenda zurück. Dazu gehörte die Forderung nach einer Agrarreform, die das fruchtbare Land in die Hand des Staates geben sollte.

Die von dem wiedergeborenen republikanischen Idealismus beseelten Einwohner von Marinaleda entschieden damals, die Ländereien des Herzogs zu besetzen. Auf ihnen sollten andere Produkte angebaut werden. Produkte, die den Bauern ein besseres Auskommen und ihren Familien eine bessere Versorgung ermöglichen sollten. Die Bauern traten in den Hungerstreik, für zwei Wochen. Während die Guardia Civil erfolglos versuchte, die Revolte zu zerschlagen, gingen die Bauern ein ums andere Mal auf die Straße, um zu demonstrieren.

Nach zwölf Jahren Besetzungen, Verhaftungen, Bestrafungen, Inhaftierungen und Nachstellungen durch die Behörden war die Regierung von Andalusien schließlich bereit, das Landgut von seinen Besitzern anzukaufen und der Kooperative zu übergeben.

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