Wiederbegegnung mit Goupy

Wiederbegegnung mit GoupyGoupy lebt heute im Home Marika, einem kleinen Altersheim unweit von Sharnga Guest House, wo ich wohne. Mitten in einem gepflegten Garten voller Blumen, mit romantischen Kieswegen und einem Lotusteich steht ein beschauliches Haus, in dem vielleicht fünf, sechs Menschen wohnen, die wegen ihres Alters Unterstützung und Pflege brauchen. Nachdem ich erfahren hatte, dass Goupy seit Jahren dort lebt, wuchs in mir der Wunsch, diesen Menschen wiederzusehen.

Ein einziges Mal vor zehn Jahren war ich ihm begegnet. Der gebürtige Franzose war einer der Pioniere Aurovilles und übte – neben der Aufbauarbeit – den Beruf, ja die Berufung des Masseurs aus, eines Masseurs, dem der Ruf vorausging, ein wahrer Heiler zu sein. Ich liess mich von ihm massieren, weniger vielleicht weil ich Heilung suchte, sondern weil ich diesen Menschen kennenlernen wollte. Vor mir stand damals ein durchgeistigtes kleines Männchen, ganz Aufmerksamkeit, ganz Ehrerbietung. Er brachte meinem Körper eine solche Achtung entgegen, wie ich es selbst bis zu jenem Zeitpunkt niemals vermochte. Als er mich nach eineinhalb Stunden entliess, mein Körper butterweich und wie von einem Summen durchdrungen, fragte ich ihn, was die Massage kosten würde. Gott und the Mother würden für sein Fortkommen sorgen. Er brauche nichts. Ich könne aber, wenn ich durchaus wolle, in eines jener Bücher – und er zeigte auf ein Gestell mit etlichen Büchern – einen Schein hineinlegen, was ich auch tat.

Diesem hingebungsvollen, verklärten Menschen bin ich heute also im Home Marika wiederbegegnet. Man sagte mir, er sei dort in Pflege, weil er völlig der Trunksucht erlegen war und dement geworden sei. Zudem habe er sein Gedächtnis verloren. Ich solle ihm bloss kein Geld geben, da er einzig versuchen würde, damit Alkohol zu kaufen. Als ich ankam und nach ihm fragte, bat mich eine junge Tamilin hinters Haus und rief Goupy, der auf einem Balkon im oberen Stockwerk sass. Ein fröhliches Gesicht voller Schalk blickte über die Brüstung und rief «Om! Om! Everything is Om! What a beautiful world!» Danach sang es leise vor sich hin. Ich erinnerte ihn an unsere Begegnung vor zehn Jahren und wie dankbar ich sei, dass er mich gelernt habe, mehr Achtung vor meinem Körper zu haben. Zuerst wollte er gar nicht herunterkommen. Doch die Pflegerin führte ihn sanft zu dem Ort hinter dem Haus, wo ich sass. In der Hand hielt er ein überquellendes Notizbuch, das er mir zeigte. «Mein Gedächtnis», sagte er lachend und sang wieder leise, ganz offensichtlich glücklich und zufrieden. Als ich ihn fragte, ob er noch immer zwischendurch Leute massiere, antwortete er: «Ja, tue ich, wenn jemand kommt und seinen Körper mitbringt. Wenn er ihn nicht mitbringt, massiere ich natürlich nicht.» Und sang weiter sein Loblied auf die schöne Welt.


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