Wie viel ist ein Mensch wert? Und wenn er jung und behindert ist?

Der Wert des Menschen lässt sich nicht in Franken und Rappen ausdrücken. Schon die Frage nach seinem ökonomischen Wert ist ein Unding. Trotzdem muss hier die Frage gestellt werden, ob ein junger Mensch mit Behinderung weniger Wert sei als ein junger Mensch ohne Behinderung. Sie drängt sich auf, wenn man die Sparpläne im Zusammenhang mit der finanziellen Sanierung der Invalidenversicherung (IV) beobachtet.

Neben der grossen Kiste der 6. IV-Revision – die Gesetzesänderungen zur Folge hat und deshalb referendumsfähig ist –, sind auch Anpassungen auf Verordnungsebene geplant. Unter anderem sollen auf diese Weise 50 Millionen Franken, d.h. rund die Hälfte, bei den IV-Anlehren eingespart werden. (Das sind von der IV finanzierte Anlehren für behinderte Jugendliche, die keine übliche Berufslehre machen können.) Dies soll erfolgen, indem an das ökonomische Potenzial der Jugendlichen höhere Anforderungen gestellt werden: Nur wer die Aussicht hat, später monatlich mindestens 855 Franken zu verdienen, besitzt ein Anrecht auf eine solche IV-Anlehre. (Für die Berufliche Grundbildung mit Berufsattest, eine höherwertige Ausbildung in der Behindertenhilfe, gilt sogar eine noch höhere Hürde, nämlich 1710 Franken potenzielles Monatseinkommen, ein Einkommen, das eine reduzierte Rente zur Folge hat.)

Zwei Drittel werden ausgeschlossen
So weit zum Technischen. Und nun zum Ethischen: Um zu sparen, sollen künftig zwei Drittel der SchulabgängerInnen, die heute ein Anrecht auf eine IV-Anlehre oder eine Berufliche Grundbildung mit Berufsattest haben, von einer Ausbildung ausgeschlossen werden. Offenbar ist die Resterwerbsfähigkeit – was für ein Wort! – dieser Jugendlichen zu gering, als dass es sich lohnt, sie durch eine angemessene berufliche Ausbildung zu fördern. Völlig unter den Tisch fällt, dass eine solche Ausbildung – neben der reinen ökonomischen Verwertbarkeit – auch andere positive Wirkungen entfalten kann: Sie bringt in vielen Fällen einen zusätzlichen Integrationsschub, fördert das Selbstwertgefühl des Behinderten und entlastet oft ganz nebenbei dessen Familie, was in einigen Fällen bestimmt dazu führt, dass sie länger zu Hause leben können. Unter den Tisch fällt auch, dass eine Prognose über die zukünftige wirtschaftliche Verwertbarkeit – schon wieder: was für ein Wort! – eines Jugendlichen mit Behinderung einem Schuss in den Nebel gleichkommt, einem Schuss allerdings, der für das ganze Leben des Betroffenen entscheidende Bedeutung haben wird.

Behinderte vom Platz stellen?
Deshalb haben drei Selbsthilfeorganisationen (Vereinigung Cerebral, Insieme und Procap) unter dem Titel Behinderte vom Platz stellen? eine Petition lanciert. Sie soll dem Thema zunächst mehr öffentliche Aufmerksamkeit verschaffen. Denn der Systemwechsel findet – da er auf dem Verordnungsweg erfolgt – weitgehend ausserhalb des öffentlichen Bewusstseins statt. Natürlich soll die Petition auch einen gewissen politischen Druck aufbauen. Der ist theoretisch eher begrenzt, da diese für die Politik – im Gegensatz zu Volksinitiative und Referendum – nicht verbindlich ist. Allerdings: Je mehr Unterschriften zusammenkommen, umso grösser wird der Druck auf die Politik. Fener hoffen die drei Organisationen auf die Unterstützung der Kantone, da auf sie Mehrkosten zukommen, sollten die Sparpläne der IV so umgesetzt werden.

Deshalb – und weil Sparanstrengungen auf dem Buckel der Schwächsten einfach nur schäbig sind – empfehle ich die Petition zur Unterschrift. Die Zeit drängt. Die Neuregelung könnte bereits diesen Sommer umgesetzt werden.

 

www.berufsbildung-für-alle.ch

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