Wie für das eigene Unternehmen handeln – Jörg Schambach im Interview

Seit 25 Jahre berät Jörg Schambach Unternehmen zu ihrer Informationstechnik (IT). Auf Consulting-Life.de berichtet der studierte Betriebswirt warum er sich nach vier Jahren Festanstellung bei einem Energieversorger aufs Beratungsparkett gewagt hat und was ihm seit dieser Entscheidung in dieser Branche hält.

Jörg Schambach

Jörg SchambachConsulting-Life.de: Bei wem und wo hattest Du Deinen letzten Consulting-Einsatz?

Jörg Schambach: Vor 15 Monaten begann mein letzter Kundeneinsatz und zwar bei einem Mittelständler in der Pharmabranche im Rhein-Main-Gebiet. Der Endkunde hatte mehrere kleinere Betriebe von einem Großunternehmen aus der Gesundheitsbranche gekauft. Die Betriebe stellen patientenindividuelle Medikamente her, die u. a. in der Krebstherapie zum Einsatz kommen. Die neu entstandene Unternehmensgruppe brauchte ein Setup ihrer IT.

Um was drehte sich es bei dem Projekt genau?

Die übernommenen Betriebe mussten gleichzeitig abgenabelt werden von den zentralen IT Diensten ihres ehemaligen Mutterunternehmens, z.B. für Dienste zur IT Sicherheit und Datensicherung und Software-Verteilung, Maildienste, bereitgestellte Applikationen für Steuerung der Herstellprozesse. Die Herstellung von Arzneimitteln unterliegt aus gutem Grund strengen gesetzlichen und behördlichen Auflagen, die auch das Setup der IT komplett durchdringen. Als Projektleiter war ich verantwortlich für den Projektscope, die Spezifikation und Verabschiedung der vielfältigen Anforderungen für Business und IT Dienste. Und später bei der Projektumsetzung dann Planung, Ausführung, Controlling usw.

Warum hast Du Dich für den Beruf eines Unternehmensberaters entschieden?

Das „Warum“ und die bewusste Entscheidung für den Einstieg in die Beratungsbranche war für mich nicht irgendwie ein Meilenstein der Berufsplanung. Vielmehr ergab sich für mich nach dem Studium der BWL und nach vier ersten IT Berufsjahren bei einem Energieversorger die Gelegenheit für was Neues. Und das war der Einstieg in das Business als Externer. Einfach mal probieren, ob der Skill und die Erfahrung dafür reichen. Zwei Jahre „Schwimmen lernen“ in dem neuen Umfeld aber mit Schwimmreifen, d. h. als Angestellter eines IT Lösungsanbieters. In der Zeit 3x interessante Projekte in der Automobilbranche und bei Versicherern. Und danach Start in das komplett eigenverantwortliche Leben als freiberuflicher IT Consultant. Selbst entscheiden, welche Arbeit ich tun möchte und wie lange und mit wem und wo. Natürlich keine 100 Prozentige Selbstbestimmung, denn „der Kunde ist Chef und König“. Aber einige Mitbestimmer für mein Arbeitsleben war ich los.

Was schätzt Du an Deiner Arbeit und Deinem Leben als Consultant?

Ich schätze mehr Entscheidungsfreiheit, in ein Projekt einzusteigen oder mich für ein Projektangebot nicht zu interessieren. Dazu kommt mehr flexible Zeitplanung für Privates und Persönliches zwischen zwei Aufträgen. Was ich für einige ausgedehnte Fernreisen nutzen konnte und später für Auszeiten, als der Nachwuchs sich ankündigte. Last but not least mehr finanzielle Unabhängigkeit, wenn man mal die ersten 3-5 Jahre mit ordentlicher Auslastung hat arbeiten können.

Andererseits, welche Dinge missfallen Dir an Deiner beruflichen Tätigkeit?

Es gibt nicht immer die Aufträge vor der Haustür, d. h. Reisen und Abwesenheit unter der Woche von zu Hause gehören einfach dazu. So ein Zustand hält für einen überschaubaren Zeitraum an, und das muss man aushalten. Dazu gibt es latent immer die Unsicherheit für den Umsatz der nächsten Zeit, weil die allermeisten Verträge so gestrickt sind, dass die Beauftragung innerhalb von Tagen gekündigt werden kann. Und so eine Kündigung von jetzt auf gleich kommt dann auch gelegentlich vor.

Welches ist einer der Hauptgründe, warum Unternehmen externe Berater hinzuziehen?

Unternehmen müssen oft kurzfristig Bedarf an hochwertigen Skills und Erfahrungen decken für einen befristeten Zeitraum. Kurzfristig heißt häufig, zum nächsten Monatsanfang und das lässt sich über das Recruiting eines neuen Angestellten nur selten lösen. Zudem profitieren Unternehmen von der i. d. R. ungleich höheren IT Kompetenz eines Beraters als die der eigenen Mitarbeiter. Unternehmen, die seriös ihre Stückkosten in der IT kalkulieren, stellen fest, dass externe Berater kostenmäßig konkurrenzfähig sind.

Was stimmt an den vielen Merkmalen, die der Consulting-Branche so anhaftet?

Mitarbeiter der Consulting Branche müssen gelegentlich gewollt oder ungewollt unvorteilhafte Rollen im Projektgeschehen übernehmen. Der interne Manager macht den Externen im Misserfolgsfall gerne zum Sündenbock, manchmal sogar vorab „stillos“ gemeinsam so vereinbart. In anderen Fällen ist der Externe als Strohmann unterwegs. Er verkauft dann unbequeme Ideen, Maßnahmen des internen Managements – beispielsweise zum Cost Cutting, Umstellung auf ITIL oä. – als die seinen. Somit wird der Externe zur Zielscheibe anstatt der interne Manager. Beide ziehen einen Nutzen daraus, denn der Externe generiert seinen Umsatz, dem internen Manager hilft es auf dem Karriereweg nach oben. Ob es dem beauftragenden Unternehmen wirklich immer hilft, steht auf einem anderen Blatt. Ob es dem Berater dauerhaft gut tut, ist nicht ausgemacht.

Worauf kommt es bei einem guten Consultant an?

Wichtig ist eine unternehmerische Grundeinstellung. Das lässt sich auf folgende Formel reduzieren „beim Kunden so denken und handeln als wäre man für das eigene Unternehmen tätig“. Dazu gehört auch die dauerhafte Bereitschaft, sich wechselnden Herausforderungen zu stellen. D. h. neue Branche, neue Technologie, neue Mitarbeiter, neue Unternehmenskultur.

Wo siehst Du die Beratungsbranche in 10 Jahren?

Das IT-technische Umfeld hat sich in jeder der letzten Dekaden gewandelt. Die letzen 10 Jahre waren u. a. geprägt von mobiles Internet überall, Apps, Clouds, Virtualisierung, Security, agiles Vorgehen. Es gibt meines Erachtens keinen Anlass zu denken, dass irgendwelche Grenzen erreicht sind. Und wenn doch, dann werden Grenzen verschoben. Und in dem Maße wird auch die Beratungsbranche an dieser Entwicklung partizipieren. IT ist häufig nicht die Kernkompetenz der Endkunden. Umso mehr braucht es Consultants, die IT Kompetenzbedarfe bedienen.

Zum Abschluss: Welchen wertvollen Tipp würdest Du den Lesern Consulting-Life.de gerne mitgeben?

Ich spreche für den freien IT Consultant. „Probieren geht über studieren“; wer sich mit den Gedanken trägt, in das Consulting Business als freier Mitarbeiter einzusteigen, der muss sich trotz aller persönlichen Pläne und Abwägungen am Ende trauen und Risiko gehen. Also nicht in Endlosschleife abwägen und ewig zögern. Neben dem täglichen Projektgeschäft während eines Auftrags immer wieder Networken. Dazu gehören auch und gerade die realen Beziehungen, nicht nur die flüchtigen und virtuellen Kontakte.

Herzlichen Dank Jörg Schambach, für die offenen Worte!

Das Gespräch führte Christopher Schulz, 22.03.2016

Jörg Schambach
Jörg Schambach ist Betriebswirt und seit über 25 Jahre als freier und selbständiger Berater in der IT tätig. Als Projektleiter, Testmanager, Architekt und Konzeptionist besitzt er umfangreiches Projekt Know-How über den gesamten Software-Lebenszyklus hinweg. Dies umfasst Aufgaben wie das Requirement Engineering, Business Analyse, Konzeption, Test, Inbetriebnahme, Architektur, Prozesse, QS. Er kennt viele Branchen, von Automobil über Bank, Handel, Industrie, Pharma bis Versicherung und besitzt fundierte Erfahrungen in Vorhaben wie Carve Out, Fusion, Migration, Sanierung SW, Testcenter Setup sowie Umbau auf SOA.


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