Wenn die Realität noch viel schrecklicher ist, als im Film - "Cartel Land"


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Die Bezeichnung Hölle auf Erden ist abgeschmackt. Zu oft wird dieser Ausdruck benutzt wann immer etwas Schreckliches passiert und Menschenleben fordert. Nach Ansicht der preisgekrönten Dokumentation „Cartel Land“ ist aber eines sicher: Wenn es eine Hölle auf Erden gibt, dann liegt sie in Mexiko. Dort, wo grausame Banden aus Profitgier morden und plündern, ganze Familien massakrieren und nicht einmal Babys verschonen. In einem Sumpf aus Drogen, Testosteron, Machogehabe und der Trunkenheit nach Macht sind diese Männer Monstren in Menschengestalt. Die einfache Bevölkerung weiß dem wenig entgegenzusetzen. Auf die Polizei und den Staat können sie nicht vertrauen, denn die stecken mit den Drogenkartellen unter einer Decke. Sie tun das, was in Anbetracht der Umstände sinnvoll erscheint: Sie bewaffnen sich selbst und beschützen ihre Dörfer. 
So unglaublich das klingt, doch genau das passiert die letzten Jahre in Mexiko. Für uns Europäer sind die Zustände wohl schwer vorstellbar, denn – auch wenn hier und da Korruption zu finden ist – kann sich der Deutsche auf die Rechtsstaatlichkeit verlassen. Wir müssen nicht jeden Tag um unser Leben fürchten und im Angesicht von Maschinengewehren und Räuberbanden unser Dasein fristen. Offene Straßenschlachten zwischen Drogenkurieren und Polizisten gibt es nicht. Hier bietet „Cartel Land“ faszinierende als auch erschreckende Einsichten in das Nachbarland der USA, in dessen Schatten die unfassbarsten Gräueltaten begangen werden. 
Regisseur Matthew Heineman und sein Team halten unmittelbar drauf, wenn es zur Sache geht. Die Bildung der Bürgerwehr AutoDefensas, deren Kampf gegen die zunächst übermächtig erscheinenden Drogenkartelle und die nutzlose Polizei/Armee. Kugeln schlagen ein, Pistolenschüsse knallen durch die Luft, Blut färbt den Bordstein in sattes Rot. Die Menschen schreien, rennen, weinen, doch ist das kein Unterhaltungsfilm. Hier sterben echte Menschen, sprechen echte Dealer und Kämpfer in die Kamera. Die geschilderten Schicksale sind grausam, weil das Leben dort grausam ist. Hollywood kann da nicht mithalten, wenngleich der zuletzt im Kino gestartete „Sicario“ unangenehm dicht an der Wahrheit ist. 

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Die Auswirkungen des Drogenkrieges werden von Heineman nur rudimentär angeschnitten. Gelegentlich wechselt er zwischen dem Anführer der AutoDefensas und dem der privaten Truppe Arizona Border Recon auf amerikanischer Grenzseite hin und her. Das Problem der illegalen Einwanderer wird angesprochen, doch viel lieber ist Heineman die Konzentration auf die Mitglieder der ABR. Kommt es jedoch zur politischen Situation oder der Verquickung von Polizei, Bürgerwehr und Kartellen, bietet „Cartel Land“ wenig Tiefe. Man erfährt nur häppchenweise, wie alles miteinander verstrickt ist, den Aufbau der Kartelle behandelt der Film überhaupt nicht. 
Doch ist das im Grunde nicht die Intention des Films. Mit seinem Mix aus beinahe surreal-elegant anmutenden Bildern und den unmittelbaren „Actionszenen“ vermittelt die Doku einen Einblick in ein Land, dessen Bewohner sich niemals sicherfühlen können. Man erinnere sich nur an den Massenmord an 43 Studenten letztes Jahr, bei dem Gangster, Polizei und Politik Hand in Hand arbeiteten. Mit geschickt genutzten dramaturgischen Mitteln läuft es dem Zuschauer mehrmals eiskalt den Rücken herunter, nur um am Ende hoffnungslos den Bildschirm anzustarren. Die Welt ist manchmal einfach schlecht. Das Leid der mexikanischen Einwohner im gezeigten Michoacán beweist das. 

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BEWERTUNG: 08/10Titel: Cartel LandFSK: ab 16 freigegebenLaufzeit: 104 MinutenProduzentin: Kathryn Bigelow Regisseur: Matthew Heineman

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