Was uns Grille und Maulwurf zu sagen haben

Was uns Grille und Maulwurf zu sagen haben

Quelle: Helmut Mühlbacher

Ihr Lieben,
ich möchte Euch heute Abend eine Geschichte von Janosch erzählen:

„Die Geschichte von der Grille und dem Maulwurf“

„Eine Grille hatte den ganzen Sommer über nichts anderes getan, als auf ihrer Geige gefiedelt, weil ihr das so gut gefiel. Und als dann der Winter kam, hatte sie nichts zu essen, denn sie hatte das Feld nicht bestellt, also auch keine Ernte. Sie hatte keine Vorräte gesammelt. Hatte auch kein Winterhaus gebaut, mit Ofen.Was uns Grille und Maulwurf zu sagen habenDa ging sie zum Hirschkäfer. Der Hirschkäfer war der Oberförster vom Mossgestrüpp.
Ein Oberförster muss zu den anderen Tieren gut sein und ihnen in der Not helfen.
„Könnte ich bei Ihnen vorübergehend wohnen?“, fragte die Grille, „nur für einen Winter, denn ich habe vergessen…“

„Oh, vergessen“, giftete der Hirschkäfer, „vergessen! Ja, ja, das kennen wir.
Erst den ganzen Sommer nutzlos rumfiedeln und dann auf anderer Leute Kosten leben. Nein, nein, Mariechen, das geht nicht!“

Da ging die Grille mit ihrer kleinen Geige weiter und kam zu der Maus.
Die Maus wohnte in einer verbeulten Gießkanne. Die Maus hatte so viele Vorräte für den Winter gesammelt, dass diese für drei Winter gereicht hätten. Und zwar für zwei Personen.

„Nur vorübergehend!“, sagte die Grille, „für einen Winter nur, wenn Sie gestatten würden. Ich habe nämlich vergessen…“„Oh, vergessen“ sagte die Maus, „vergessen! Ja, ja, das kennt man. Den ganzen Sommer lang herumfiedeln und nicht arbeiten und dann auf anderer Leute Kosten leben wollen. Nein, nein, Mariechen, da wird leider nichts draus.“
Da ging die Grille mit ihrer kleinen Geige weiter und kam zum alten Maulwurf, der in einer Kellerwohnung wohnte. Mit Ofen.
„Oh, Besuch“, rief der alte Maulwurf. „Kommen Sie doch bitte mal näher. Kann nämlich nicht gut sehen, bin etwas kurzsichtig auf den Augen, weil ich fast blind bin. Kommt von der Dunkelheit unter der Erde, wo ich arbeite. Macht aber nix.“Als er die Grille erkannte, freute er sich, denn er hatte im Sommer oft ihrem Gefiedel gelauscht.
 
Wer schlecht sieht, der hört gern zu, wenn einer Musik spielt. „Spiel doch mal was auf der Geige, Du!“, sagte der Maulwurf.Und die Grille fiedelte und geigte und der Ofen bollerte.
Im Topf roch die Suppe und so verging ihnen der Winter wie ein Tag.
Es war ein schöner Winter für die beiden, wohl der schönste ihres Lebens.

Ihr Lieben,
in unserer heutigen Gesellschaft gilt vor allem das, was einer zu leisten imstande ist.
So ist das auch in unserer kleinen Geschichte. Der Hirschkäfer und die Maus sind sehr fleißig und sie halten sich selbst für ganz wertvolle Stützen der tierischen Gesellschaft.
Von daher ist in ihrem Denken kein Platz für eine Grille, die auf einer Geige spielt, denn auf einer Geige zu spielen, ist in ihren Augen reine Zeitverschwendung, weil es nicht produktiv ist.
 
Wenn man wie die Maus und wie der Hirschkäfer Vorräte sammelt, dann kann man am Ende genau feststellen, was man besitzt. Und das gilt in ihren Augen als wertvoll.
In ihren Augen sind die Maus und der Hirschkäfer etwas Besseres, die Grille ist für sie nur ein Schmarotzer, ein Versager.

Eine ganz andere Einstellung hat der alte Maulwurf. Er weiß um seine eigenen Schwächen und Fehler und kann deshalb auch mit anderen Wesen gnädiger umgehen. Er ist zwar auch sehr fleißig und sorgt durch seine Bauten unter der Erde für den Winter vor, aber er kennt ein tiefes Geheimnis.
Der Maulwurf weiß,  dass das Arbeiten nicht alles ist im Leben und dass Vergnügen, Freude, gemeinsames Feiern auch zu einem glücklichen Leben dazugehören. 
Auch weiß er, dass derjenige besonders glücklich wird, der begreift, das geteilte Freude doppelte Freude ist, und dass derjenige, der mit anderen teilt, auch sich selbst beschenkt, nämlich mit Freude und Zufriedenheit.
Deshalb Ihr Lieben, nehmt Eure Arbeit, Euer tägliches Gefordert-Sein ernst, aber nehmt es nicht zu ernst, denn eines ist gewiss: 
Wir brauchen auch Zeiten, in denen wir entspannen können, in denen wir die Gemeinschaft mit anderen Menschen genießen sollten, in denen wir uns freuen können, in denen wir ohne jeden Leistungszwang das tun können, was uns gefällt und unseren Bedürfnissen entspricht – und sei es das Herumfiedeln auf einer Geige!
Ich wünsche Euch einen fiedelen, fröhlichen Abend und grüße Euch herzlich aus Bremen
Euer heiterer WernerWas uns Grille und Maulwurf zu sagen haben

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