Von Skopje nach Thessaloniki


Alles spricht für einen guten Tag, der Zug nach Thessaloniki hat lediglich vierzig Minuten Verspaetung. Die Sonne scheint endlich wieder als ich Skopje verlasse. Ich fahre durch die mazedonische Karstlandschaft, die hier viel weniger garstig karg ist als in Bosnien oder Serbien. Es gibt viel mehr Baeume und Fluesse, dazwischen immer wieder Weinanbaugebiete.
Ich sitze mit Sami und Suni, zwei Kosovo-Albanern im Abteil. Sami spricht ziemlich gut Englisch und spielt den Dolmetscher für Suni, der mich über mein Leben in Deutschland ausfragt. Bald geht es auch um deutsche Frauen und wie sie in Beziehungen sind, damit driftet das Gespraech in eine Richtung ab, die ich nicht ausstehen kann, und ich sage, dass mir das alles zu persönlich wird.
Suni will wissen, welche die traurigste und welche die glücklichste Zeit meines Lebens war. Für die Kosovaren, sagt er, sei 1999 das Jahr gewesen, in dem beides zusammen kam. Erst wurden sie von den Serben vertrieben und viele verliessen das Land, Suni zum Beispiel ging nach Montenegro und Sami nach Mazedonien. Drei Monate spaeter, nach dem Bombardement serbischer Stellungen durch die NATO, konnten sie wieder in ihre Haeuser zurueckkehren. Ich nicke und sage etwas Schwaches, sowas wie "horrible".
An der Grenze zu Griechenland halten wir uns etwa eine Stunden auf. Zuerst die mazedonische Grenzkontrolle, dann die griechische. Ich zeige nur meinen deutschen Pass, bekomme ein "Thank you!" zu hören und das europaeische Privileg deutlich zu spüren: allen anderen wird der Pass zur weiteren Kontrolle abgenommen, sie müssen aussteigen und vor einem Grenzbüro warten, bis die ganze Prozedur vorüber ist. Suni kommt zurück ins Abteil und freut sich wie ein Kind, dass alles glatt gelaufen ist. Er umarmt mich, faengt an, mich in den Nacken und auf die Wangen zu küssen und sagt, dass er mich liebt. Mir straeuben sich alle Haare und ich schiebe ihn von mir. Ich bin heilfroh, als Sami wieder kommt, der drei Jahre bei einer internationalen Organisation im Kosovo gearbeitet hat und weiss, dass selbst deutsche Frauen es nicht sonderlich schaetzen, wenn sie plötzlich mit allerlei zweifelhaften Liebesbekundungen überschüttet werden.
Ich blaettere ihre von der UNMIK ausgestellten Paesse durch und sehe mir die Schengen-Visa an. "These passports are bullshit!", sagt Suni. In Thessaloniki verabschiedet er sich abrupt, er muss mit dem naechsten Zug zurück nach Skopje. Sami erklaert mir, dass Suni ein Schengen-Visa für Griechenland beantragt hat, und es jetzt auch nutzen muss, sonst bekommt er es naechstes Mal nicht mehr so leicht. Lediglich deshalb ist er nach Thessaloniki gefahren. Ich begreife das zwar nicht ganz, will mich aber auch nicht weiter damit befassen. Sami fliegt am naechsten Tag nach Deutschland. Er will dort gebrauchte und ausgemusterte Computer kaufen, die er dann im Kosovo vertreibt.

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