Vom Scheitern einer Romanidee

Vom Scheitern einer Romanidee

Ständig kommen mir Ideen in den Sinn, aus denen man einen Roman machen könnte. So fuhr ich vor längerer Zeit durch Grefrath, und als ich den Deversdonk überquerte, blitzte sie auf, die neue Idee. Ich sah vor meinem inneren Auge eine Frau dort bei Oomen in der Bäckerei sitzen, die einen Briefumschlag von einem Fremden bekam (siehe Ort des Geschehens). Was wäre wohl in diesem Umschlag? Wie würde diese Frau damit umgehen? Eine geniale Ausgangssituation für meinen neuen Roman dachte ich.

Ich war sogleich begeistert davon. Noch während der Fahrt überlegte ich, wie sich die Geschichte weiter entwickeln könnte. In dem Briefumschlag sollte meine Hauptperson einen Zettel finden, der nur das Foto und die Adresse eines Mannes enthielt. Ein Mordauftrag. Wie würde eine normale, junge Frau reagieren, wenn sie einen Mordauftrag erhielte? Genau hier war der Punkt, an dem die Geschichte später scheitern sollte.

Menschen müssen aus der Lebensbahn geraten.

Grundgedanke eines Romans ist es, eine Person aus der bestehenden Lebensbahn zu bringen und dann ihren Kampf zu beobachten, wie sie versucht, wieder zurückzufinden. Dies ist die Definition eines Romans nach James Frey. Mir gefällt diese Definition sehr, und seit ich sie vor Jahren gelesen habe, überlege ich ständig, wen ich wie aus der Bahn kicken könnte. Bei meinen Rausgekickt-Büchern habe ich diesen Grundgedanken sehr wörtlich umgesetzt. Es war insofern einfach, weil ich mit den Schicksalsboten Figuren habe, denen kaum Grenzen in ihren Handlungen gegeben sind. Ich konnte mich nach Herzenslust austoben und die Geschichte herrlich auf die Spitze treiben. Doch in meinem Grefrath-Krimi ist die Situation eine andere.

Menschen wollen sich nicht aus der Bahn schießen lassen.

Ähnlich einem Pendel, das immer seiner Ausgangsposition zustrebt, neigen Menschen dazu, wieder zu ihrer gewohnten Lebensweise zurückzukehren. Daraus ergibt sich, dass es sehr zwingende Gründe geben muss, damit ein Mensch dies nicht kann. Es gibt diesen Film "Nicht auflegen!", der dies deutlich zeigt. Ein Mensch wird gezwungen, in einer Telefonzelle zu bleiben und eben nicht aufzulegen. Jeder Mensch würde die Telefonzelle verlassen und seines Weges gehen. Um ihn doch in der Telefonzelle zu halten, bedarf es eines Scharfschützen, der ihn sofort töten würde. In meiner Ausgangsidee stellt sich daher die wesentliche Frage "Was zwingt meine Hauptfigur dazu, den Mordauftrag im Umschlag anzunehmen?" Meine Hauptfigur, Sabine "Biene" Hagen, ist eine Steuerfachangestellte. Ihr Leben könnte nicht weiter entfernt sein von Mordaufträgen und anderen Dingen. Was also würde sie mit diesem Umschlag tun? Damit zur Polizei gehen, vielleicht. Oder ihn einfach ignorieren. Damit wäre meine Geschichte aber schnell zu Ende erzählt. Also musste ich Gründe konstruieren, die sie in der Geschichte halten.

Die Gründe müssen nachvollziehbar sein.

Als Autorin erschaffe ich meine Welt. Ich kann also alle möglichen Gründe erfinden, warum eine Steuerfachangestellte nun plötzlich einer Profikillerin ins Gehege kommen könnte. Aber dies hilft mir gar nichts, wenn die Leserinnen und Leser diese Gründe nicht nachvollziehen können. Im Theater hat mir mein Regisseur immer gesagt, wenn ich mal von einem Punkt zum anderen in einer Szene ging und es nicht erkennbar war, warum ich dies getan hatte, dass dieser Gang nicht organisch sei. Die Gründe für die Handlung einer Person im Roman müssen ebenfalls organisch sein. Sie können überraschend, anders und ungewöhnlich sein, aber die Leser müssen dem dennoch folgen wollen. Ein Rahmen wird durch die Art des gewünschten Romans gesetzt. In einem Science-Fiction-Roman könnten UFOs auf dem Marktplatz in Grefrath landen und meine Hauptperson dazu zwingen, etwas zu tun. In der von mir angedachten Geschichte passt dies nicht. Ich möchte einen amüsanten, leicht überdrehten Action-Krimi schreiben, bei dem auch die Liebe nicht zu kurz kommt. Da darf kein zu großer Abstand zwischen der Realität und meiner Handlung entstehen, ansonsten ist es nicht mehr organisch. Welche Gründe können also Biene dazu zwingen, zu handeln?

Manchmal passt es einfach nicht.

Letztlich hat es nicht gepasst. Die Dinge, die ich mir über die Zeit ausgedacht habe, wirkten immer genauso, ausgedacht. Ich habe den Fehler gemacht, dass ich mir das viel zu lange nicht eingestanden habe. Ich habe geschrieben und geschrieben, obwohl es im Bauch schon längst gegrummelt hat. Ich dachte, irgendwann würde sich alles doch als organisch zu erkennen geben, aber das tat es nicht. Die Grundidee war einfach zu weit weg von Bienes Welt. So musste ich am Ende die Idee verwerfen und eine neue gebären. Dies habe ich nun getan und direkt darauf geachtet, dass sie nicht zu sehr von den realen Lebenswelten entfernt ist. Die neue Ausgangssituation ist:

Das Starmodel Judith Schöller besucht die Heimat, um ihren Verlobten den Eltern vorzustellen. Biene und Judith sind in jahrelangem Streit verbunden. Dann wird Judith von Biene tot am Teich gefunden und alle halten Biene für die Mörderin. Die beschließt, den wahren Mörder zu suchen.


Der Plot, wie ich ihn mir bisher ausgemalt habe, wirkt auf mich sehr organisch. Es fühlt sich gut an und ich bin mir sicher, mit dieser Ausgangsidee einen wirklich guten Krimi zu entwickeln. Es läuft derzeit sehr gut. Es soll ja noch in dieser Jahreshälfte fertig werden. Ich werde weiter berichten.

Wie wirkt meine neue Ausgangsidee auf dich? Findest du sie interessant? Würde es dich reizen, ein Buch mit dieser Ausgangssituation zu lesen?


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