Über cross-kulturelles Lernen: “Ben Zaza’nin öğretmeniyim”

Das schönste am Judentum ist der Schabbes und das Verbot an diesem Tag zu arbeiten. Nichts zu tun, es sich gut gehen zu lassen, den Schöpfer zu preisen und das Leben zu genießen. Was für eine Wonne! Andere müssen nach Indien oder Tibet reisen, teure Kurse absolvieren, meditieren, in sich gehen, ihr inneres Kind entdecken, sich spiegeln, klopfen, weiß der Teufel was noch alles lernen müssen, was der gemeine Jude von Kind auf kann, und zwar: nichts tun!
Am Schabbes gehe ich zu meinen muslimischen Friseuren, zum Teil sind es Türken und zum Teil Araber. Dort bekomme ich eine Tasse wunderbaren Kaffee und es wird an meinem haarlosen Kopf gewerkelt, was das Zeug hält.
A mecyje!

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Am Schabbes beim türkischen Friseur – Foto: © J.S. Bielicki

ln der Münchner Straße in Frankfurt sind alle möglichen Geschäfte aus der ganzen Welt, aus dem Orient, Afrika, Asien, Südamerika, es gibt dort viele Friseursalons und alle sind türkisch, es arbeiten dort aber außer Türken auch Araber.
Alle in dieser Straße sind sehr nett und freundlich, obgleich ich in der Freizeit mein israelisches Freizeitjäckchen trage, mit deutlich sichtbaren hebräischen Schriftzügen “israelischer Friedensaktivisten”, habe ich dort noch nie ein an mich gerichtetes unfreundliches Wort gehört. Im Gegenteil, viele werden angesichts eines Juden in dieser Straße noch freundlicher als sonst, was vieles bedeuten kann, nicht nur Nettes. Wenn Mohammed mir meinen obligatorischen Kaffee bringt, sage ich manchmal „Du sollst nicht zwei Mal in meinen Kaffee spucken, der Kaffee wird dann zu dick!“, worauf er lachend versichert, er hätte so etwas nie getan. Ich sage dann „Mohammed, ich bin schon froh, wenn Du in meinen Kaffee nicht pisst“ und wir lachen beide herzhaft zusammen. Es sind alles richtig gute Kerle.

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“israelischer Friedensaktivist” – Foto: © J.S. Bielicki

Dort arbeitet auch Muro, ein Lehrling, der erst vor einigen Jahren aus Anatolien, aus der Region Zaza, zu seinen Eltern gekommen ist, die bereits länger in Frankfurt leben. Muro ist ein aufgeweckter, freundlicher junger Mann, der wie vierzehn aussieht, weil er nur etwa 150 cm groß ist, tatsächlich jedoch ist er schon neunzehn Jahre alt. Da Muro sehr gut erzogen ist, fragt er mich nach der Begrüßung nach meinem Befinden, Gesundheit und nach dem
Befinden meiner Eltern und Geschwister, meiner Frau und Kinder. Ich frage dann, weil es sich so gehört, auch nach der Gesundheit seiner Eltern und seiner Geschwister (Frau und Kinder hat Muro noch nicht.) Und da sagte mir Muro einmal, daß seine Eltern seit einigen Wochen auf einer Pilgerfahrt nach Mekka sind. Und ich fragte Muro, in welchem Land Mekka liegt. Und Muro antwortete, Mekka würde in Südamerika liegen. Das hat mich sehr erstaunt.
Ich fragte nochmal und Muro hat mir versichert, daß seine Eltern auf dem Weg nach Südamerika, nach Mekka sind. Da Muro weder gut deutsch spricht noch versteht, bat ich Ugur, den Chef des Unternehmens, Muro aufzuklären, daß Mekka in Saudi-Arabien, nicht in Südamerika, liegt.

Als Ugur das gehört hat, ist er fast explodiert, er schrie und gestikulierte wie ein Wilder, dabei hielt er ein Rasiermesser in der Hand, wie Muro denn nicht wissen könne, wo Mekka liegt?! Armer Muro! Er hat die Volksschule in Zaza besucht und jetzt lernt er deutsch an der Volkshochschule in Frankfurt. Leider kann niemand Zuhause ihm bei den Hausaufgaben helfen, denn seine Familie beherrscht bis heute kaum Deutsch, und die Friseure in der Münchner Straße auch nicht. Der Junge tat mir leid und seither mache ich mit ihm samstags nach dem Friseur seine Hausaufgaben. Das klappt ganz gut, er ist intelligent und fleißig und war nach unserer Nachhilfestunde der beste in seiner Klasse. Ich möchte nicht wissen, wie das Lernniveau dieser Klasse ist.

Heute jedoch kam ich etwas später, und da zu meinem Samstagsprogramm nach dem Friseur ein kleines Essen im besten vietnamesischen Restaurant der Stadt dort um die Ecke gehört, habe ich Muro mit in das Restaurant genommen, sonst wäre es für den Vietnamesen zu spät geworden, er hätte dann schon zu. Wir haben seine Hausarbeiten gemacht und damit ich nicht alleine esse, habe ich auch etwas Kleines für Muro bestellt. Muro hat noch nie ein asiatisches Restaurant gesehen und fragte, was das für ein Restaurant wäre? Ich sagte, “Ein vietnamesisches.” “Was ist das?”, fragte Muro. “Vietnam”, sagte ich, “Das ist ein Land, es liegt bei China.”  “China?” -fragte Muro, “was ist das?” Aja, da sind wir wieder: Islam sei eine Religion der Liebe und zu behaupten, die aus islamischen Ländern Angereisten sind mehr oder weniger bildungsfern, sei Rassismus..
Ich bat Muro, bis zum nächsten Samstag im Internet zwischen den vielen dicken Titten, die er dort anschaut, auch nach China zu googeln und sich anzuschauen, wo China liegt. Daß China ca. 1,4 Milliarden Einwohner hat, beeindruckte Muro sichtlich. Er hat noch nie mit Stäbchen gegessen, der schlaue Kerl hat es aber nach kürzester Zeit gelernt. Er wird ein guter Friseur! Muro fragte, warum die mit Stäbchen essen? Meine Erklärung, daß fast 1,5 Milliarden Chinesen sonst verhungern würden, wenn sie alle mit Löffeln essen würden, hat Muro überzeugt.

Nachdem wir mit seinen Hausarbeiten fertig waren, erzählte Muro, daß bald das Kurban Bayram gefeiert wird. Ich fragte ihn, ob er wisse was da gefeiert wird? Da musste Muro wieder passen. Das hat der Imam nicht erklärt. Wer Abraham bzw. Ibrahim war, wusste Muro auch nicht. Keine Ahnung, war seine Antwort. Daß Abraham einer der islamischen Propheten ist,
wusste Muro nicht. Von der Opferung lsaaks und daß daher das Kurban Bayram herkommt, das wusste Muro nicht. Obgleich er jeden Freitag in die Moschee geht und fünf Mal am Tag betet. In Richtung Mekka, ohne zu wissen, wo Mekka liegt. Ajajaj.
“War Ibrahim ein Muslim?”- fragte mich Muro. Nein, er war ein Jude. “Was, ein Jude?” – staunte Muro. “Ja, ja, viele eurer Propheten waren Juden.” Das wußte Muro nicht, das hat ihm der Imam nicht erzählt.

Ich wollte das Gespräch auf ein Thema bringen, das Muro bekannt sein müsste. Mustafa Kemal Pascha Atatürk. Nichts. Muro weiß nichts über Atatürk. Er sagt, daß früher bei ihm in der Schule und in der Stadt wo er wohnte, überall Bilder von Atatürk hingen, aber jetzt gibt es keine mehr. Er wisse nicht, warum es so heute ist. Aha. Aber ich weiß, warum es so heute
ist. Erdogan, ist die Antwort. Ich habe ein Bild über den großen Mann, der die Türkei begründet und gerettet hat, gemalt und wollte es bei Ugur und Mustafa in ihrem Friseur-Salon aufhängen. “Nein, es geht nicht.”

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Das Bild “Canakkale” zeigt Atatürk bei der entscheidenden Schlacht bei Canakkale/Gallipoli – Gemälde und Foto © J.S. Bielicki

Obgleich beide Atatürk-Anhänger sind, werden sie kein Bild von Atatürk aufhängen, denn das wäre schlecht für das Geschäft. Mohammed meint, Atatürk wäre ein Hitler, und sie haben viele islamistische Kunden, die dann nicht mehr zu ihnen zum Haareschneiden kämen. Die Kurden würden Atatürk auch hassen. Ich werde das Bild demnächst in dem besten griechischen Restaurant in Frankfurt aufhängen, denn Dimitri hat nichts gegen Atatürk.

Da an derselben Straßenkreuzung, an der sowohl meine Friseure als auch der Vietnamese sind, eine türkische Buchhandlung, Türk Kitabevi liegt, schlug ich Muro vor, dahin zu gehen, ich Würde ihm ein Buch auf Türkisch über Atatürk kaufen. Also sind wir dahin. Eine üppige Buchhandlung. Große Auswahl an Büchern. “Haben Sie ein Buch über das Leben von Atatürk?” “Nein.” “Nein?” “Nein.” “Aha.” “Dann vielleicht ein Buch über die Geschichte der Türkei?” “Auch nicht.” “Kein Buch über die Geschichte der Türkei?” “Nein.” Der Besitzer wird im Ton immer unfreundlicher, ohne ein Wort zu sagen, öffnet er die Eingangstür, stellt sich davor auf die Straße, als ob er Muro und mich rauswerfen möchte. Offenbar ist bereits die Frage nach einem Buch über Atatürk in einer türkischen Buchhandlung, die zum Teil nur Bücher über Islam und zum Teil Liebesromane anbietet, eine Herausforderung.Muro und ich gehen heraus, und Muro schreit „Ich gehe da nicht mehr hin, wissen Sie was sie (die Verkäuferin) zu mir gesagt hat? Wissen Sie was sie gesagt hat?  “ Verschwinde von hier, geh fort aus dem Laden!´´ hat sie zu mir gerufen!” Ich beruhige Muro, gebe ihn in Obhut seines Dienstherren und verspreche Muro, per Internet ein Buch auf Türkisch über Atatürk zu besorgen.

Mir reicht es. Macht nur so weiter in eurem Lula-Land mit der Verleugnung der Realität. Neulich hat eine Patientin zu mir gesagt:
„Sie sind unfair, Sie argumentieren mit Fakten“.

von Julian S. Bielicki

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Quellen – weiterführende Links

Fotos : by J.S.Bielicki

Erläuterungen

Zur Überschrift: “Ben Zaza’nin öğretmeniyim” bedeutet:” Ich bin ein Lehrer von Zaza. Zaza ist ein Kurdenstamm – und Muro ist ein Zaza.
Zum hebräischen Zeichen auf dem Shirt: Es bedeutet “Zahal”, das ist das Zeichen der Israelischen Armee, die ich scherzhaft “Friedensaktivisten” nenne. ;-)
Zum Gemälde: weiterführende Info bei Wikipedia über die Schlacht von Gallipoli
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Zu den Webseiten des Autors: www.psychosputnik.com
http://www.saatchionline.com/jsbielicki

 


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