Träumen vom Supranationalismus und Scheuen der Verantwortung

There’s a difference between scratching an arse and tearing it to pieces.

- A friend -

Neulich auf einer Veranstaltung in Baku fragt mich ein aufstrebender Diplomat von der Schweizer Botschaft, ob ich an die europäische Integration glaube. Ich erwiderte, ich würde ihm antworten, wenn er mir sagen könnte, was die europäische Integration eigentlich ist. Sofort stieß ein deutscher Diplomat dazu. Er gab mir mehr oder weniger zu verstehen, dass meine Zweifel am europäischen Projekt wohl ein Zeichen eines mentalen Defizits seien, das üblicherweise als Europaskepsis bezeichnet wird. Immerhin hielt er sich zurück und warf mir nicht auch noch Fremdenfeindlichkeit vor.  Er konnte es sich jedoch nicht verkneifen die Europäische Union als Garant für mehr als 65 Jahre Frieden in Europa zu loben und den Fortbestand des Euro als Frage von Krieg und Frieden zu bezeichnen. Leider vergaß ich dann, wohl aus Ermüdung über seine Ergüsse, nochmals danach zu fragen, mir die europäische Integration zu erklären.

Auch aus einem anderen Grund wäre es nicht ganz aufrichtig von mir,  zu behaupten, niemand könne mir erklären, was europäische Integration heißt oder was das europäische Projekt zum Inhalt hat. Auf diese Frage antworte Kommissionspräsident Barroso im Jahr 2007 folgendes: „Sometimes, I like to compare the EU as a creation to the organization of empires. We have the dimension of an empire…”. Natürlich beeilte er sich hinzuzufügen, dass es sich nicht um ein traditionelles Imperium handelt. “Empires were made with force with a center imposing diktat,” said Barroso. „Now what we have is the first non-imperial empire.“ Auch andere Mitglieder der europäischen politischen Klasse stießen in dasselbe Horn. Und ein Nicholas Sarkozy war sich nicht zu schade zu behaupten, dass „Europa seine Bürger schützt ohne protektionistisch zu sein“. Man fragt sich, was europäische Politiker dazu brachte, von einem europäischen Imperium zu fabulieren. Vielleicht Erinnerungen an die eigenen untergegangenen europäischen Imperien oder aber der Wunsch nach Erhebung aus der eigenen nationalen Bedeutungslosigkeit.

Vielleicht könnte das Nachdenken über den Umgang einzelner Länder mit der Euro-Krise bei dem einen oder anderen europagläubigen Politiker Zweifel säen. Denn gerade die Krise hat Unterschiede im nationalen Charakter zu Tage treten lassen, die jede weitere europäische Integration umso schwieriger und gefährlicher erscheinen lässt.  Nehmen wir Irland und Griechenland. Am Anfang stand die Aufnahme beider Länder in die Währungsunion, ohne die es nicht möglich gewesen wäre, die Staatsschulden beider Länder auf ein nicht nachhaltiges Maß aufzublähen. Denn potentielle Gläubiger wären sehr viel vorsichtiger gewesen, hätten die von ihnen vergebenen Kredite in Drachmen oder irischen Pfund zurückgezahlt werden müssen.

War also die Grundlage der Krise die gleiche, so ist die Struktur und der Umgang mit der Krise ein ganz anderer. Was in Irland platzte, war letztendlich eine Vermögensblase vergleichbar mit der Immobilienblase in den USA. Nachdem dies geschah, wurden die öffentlichen Ausgaben drastisch gekürzt und fast alle Iren mussten mit Einkommenseinbußen zurechtkommen. Erstaunlicherweise war kaum ein Wort des Klagens zu hören. Die meisten Iren schienen verstanden zu haben, dass man über sein Verhältnisse gelebt hatte, und dass nach sieben fetten Jahren nun eben sieben magere Jahre folgen. Auf Maßlosigkeit folgt Mühsal, eine Schlussfolgerung die viele Iren unterschreiben würden. Und siehe da, die Mühen tragen erste Früchte. In dieser Woche verkaufte Irland zum ersten Mal seit dem Jahr 2010 überraschend Anleihen mit einer langen Laufzeit.

Wie anders ist die Situation in Griechenland. Die griechische Regierung benutzte seine gute, auf den Euro basierende Kreditwürdigkeit von Anfang an für einen Ausbau von staatlicher Verwaltung und Staatswirtschaft. Als das System kollabierte, hatten und haben die Griechen nichts Besseres zu tun als die eigene Verantwortung zu negieren und den Wandel abzuwehren.  Natürlich war die Regierung korrupt und die Kreditgeber unverantwortlich. Aber dies war kein Grund zu negieren, dass Steuerhinterziehung auf allen Ebenen der Gesellschaft weit verbreitet war, dass fast alle neuen Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst Schwindel waren, dass die hohen Renten unverdient und nicht nachhaltig waren und dass die politische Klasse Griechenlands aus Lügnern und Betrügern bestand.

Kurz gesagt. Viele haben es verbockt. Aber nur einige spucken in die Hände und übernehmen die Verantwortung und andere nicht. Symptomatisch in diesem Zusammenhang das Verhalten eines Herrn Barroso. Wird es kritisch sieht er vor allem die Regierungschefs in der Pflicht. Von Selbstkritik keine Spur. Absurd wird es, wenn er nach dem G8-Gipfel in Camp David versucht, den USA die Schuld für die Euro-Krise in die Schuhe zu schieben. Für manch einen, so für den spanischen EU-Minister, heißt Einsatz und Solidarität in der Euro-Krise den Mund zu halten. Und hier wird mir Angst und Bange. Träume von Supranationalismus vereint mit dem Negieren von Verantwortung. Dies kann kein gutes Ende nehmen.



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