Tourismus trotz Terror? Veränderungen der Reisegewohnheiten in der arabischen Welt

Seit dem 11. September 2001 hat sich die Wahrnehmung des mittleren Ostens für uns Europäer stark verändert. Die Region steht praktisch unter verschärfter Beobachtung - und dennoch bekommen wir kein klares Bild. Ist es sicher in Ägypten Urlaub zu machen? Für die ansässige Tourismus-Industrie bedeutet jeder Terroranschlag, der mit Islamismus in Verbindung gebracht wird, einen Rückgang westlicher Besucher. Die Besucherströme haben sich verändert - heute setzt man in der Region auf die eigenen Touristen.

Tourismus trotz Terror? Veränderungen der Reisegewohnheiten in der arabischen WeltIm letzten Monat traf ich auf dem Sinai eine deutsche Reisegruppe. In der Unterhaltung ging es um meinen Trip durch die Region. Als ich erklärte, auch noch bis Syrien zu fahren, warnten mich die Urlauber vor den allgegenwärtigen Gefahren in diesem "unheimlichen" Land. Auch in Jordanien zeigten sich die Mitglieder einer deutschen Reisegruppe erstaunt darüber, dass ich in diesem Land auch individuell - ohne den Schutz einer deutschen Reiseleitung - umher reisen konnte.

Tatsächlich ist eine einfache touristische Reise in diesen Ländern absolut ungefährlich - wahrscheinlich nicht riskanter als ein Trip nach Spanien oder Oberbayern. Neben der niedrigen Kriminalitätsrate gilt, dass Anschläge nur sehr selten und sehr punktuell erfolgen - die Wahrscheinlichkeit in solch ein Ereignis verwickelt zu werden ist also extrem gering.

Allein die Wahrnehmung der Länder - zum Beispiel dadurch, dass Syrien zur "Achse des Bösen" gezählt wurde, lässt deutsche und andere westliche Touristen zurückschrecken. Im ägyptischen Luxor wurde vor über einem Jahrzehnt ein Terroranschlag auf Touristen verübt - noch heute kämpft man dort gegen das daraus entstandene Image. In Madrid und London waren vor viel kürzerer Frist Terroranschläge und niemand denkt heute noch daran.

Diese paradoxe Wahrnehmung schafft in der Tourismusbranche der Region große Probleme. Der Umgang mit dem Terrorismus von staatlicher Seite hilft da kaum weiter: Überall an touristischen Attraktionen in Ägypten stehen nun scheinbar schwer bewaffnete Polizisten - in Wahrheit kaum ausgebildete Männer, deren Maschinenpistolen noch nicht einmal geladen sind. Um vom Nil ans Rote Meer zu gelangen mussten Reisegruppen bis vor kurzem lange Konvois bilden, die sich gemeinsam mit bewaffneten Jeeps auf den Weg machten. Auch diese Maßnahme ist weder vertrauensbildend noch schafft sie zusätzliche Sicherheit.

Tourismus trotz Terror? Veränderungen der Reisegewohnheiten in der arabischen WeltWie also gehen die örtlichen Tourismusanbieter mit dem Dauerrisiko neuer Anschläge um? Hier orientieren sich die Strategen an den unterschiedlichen Entwicklungen nach dem 11. September. Denn der angenommene Totaleinbruch im Tourismus der arabischen Welt fand nicht statt: Lediglich Staaten mit einseitiger Ausrichtung auf die europäischen Bade- und Erholungstouristen - wie etwa Marokko oder Tunesien - verloren drastisch. Andere Staaten konnten diese Verluste zumindest teilweise auffangen: durch arabische Touristen. Denn auch die Araber überlegen heute zweimal, ob sie eine Urlaubsreise in die Ferne - etwa Europa oder die USA antreten - oder ob sie zur Sommerfrische nicht lieber aus dem heißen Saudi Arabien an die vergleichsweise kühle ägyptische Mittelmeerküste fahren.

So sind Dubai und die Emirate heute sogar Gewinner des 11. Septembers: Araber, die sich in der westlichen Welt zunehmend unverstanden und diskriminiert fühlen, fahren heute lieber nach Dubai als nach Paris oder New York. Und so haben sich die arabischen Tourismusziele in ihrer Strategie angepasst: Das Ziel ist heute die Entwicklung eines starken, krisenfesten inner-arabischen Tourismus. Zur Sommerfrische nach Beirut oder zum Feiern nach Hurghada.

Der 11. September und genauso der "Krieg gegen den Terror" führen also zu einer Verschiebung vom überregionalen zum interregionalen Tourismus. Je größer die Krise, desto eher bleiben die Touristen unter sich . Der, von den extremen Enden beider Seiten initiierte "Clash of Cultures" führt zu einer Verminderung der interkulturellen Kommunikation - Europäer bleiben in Europa - Araber in Arabien.

Das paradoxe an dieser Entwicklung wird mir deutlich, als ich in einem jordanischen Hotel den Fernseher anschalte: Der konservative amerikanische Fernsehkanal FOX läuft auch hier: Auf arabisch, mit arabischen Themen und amerikanischen Serien.

Bilder: (oben:) Sehr individuelle Touristen in Jordanien. (unten:) Tourist in einem Beduinenzelt in Wadi Rum, Jordanien. Quelle: eigene Bilder

Mehr zum Thema im Netz:

Ein Text zur Tourismusentwicklung in der arabischen Welt seit dem 11. September von zwei Dozenten der Uni Mainz gibt es hier:

A. Hamarneh, C. Steiner: Islamic Tourism: Rethinking the Strategies of Tourism Development in the Arab World After September 11, 2001

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