The first cut is the deepest – über Platzwunden

The first cut is the deepest – über Platzwunden

Das Kind ist gestürzt und hat eine Platzwunde, und nun? Muss das nun versorgt werden oder nicht? Macht das eigentlich der/die Kinder- und Jugendarzt/ärztin oder gehen die Eltern damit ins Krankenhaus? ChirurgInnen machen doch sowas, oder? Hier ein paar Tipps zur Vorgehensweise:

Wo ist es passiert?
War der Unfall in der Freizeit, kann rein versicherungstechnisch die Versorgung von jedem Arzt erfolgen. War es jedoch ein Unfall im Kindergarten oder der Schule (einschließlich der Wege dahin oder daher), dürfen nur ÄrztInnen, die eine berufsgenossenschaftliche Zulassung haben, die Erstversorgung übernehmen. Dies sind in aller Regel alle niedergelassenen ChirurgInnen oder AmbulanzInnen, aber auch manch normaler Kinderarzt hat eine Zulassung zum H-Arzt-Verfahren, d.h. er/sie kann eine Versorgung bis zu einer Woche übernehmen.

Wie groß ist die Wunde?
Es gibt keine gute Zentimetergrenze, ab wann eine Platzwunde beim Chirurgen versorgt werden muß, d.h. genäht werden muss (natürlich gibt es auch viele kinderärztliche KollegInnen, die mit Nadel und Faden hantieren, aber es wird die Ausnahme sein – außerdem, hüstel, wer hat wohl mehr Routine?). Ich lernte mal, zwei Zentimeter seien eine gute Grenze, aber ich habe auch schon größere Wunden kleben können und kleinere zum Chirurgen geschickt, die trotz primärer Wundstillung weiter geblutet haben.

Was „macht“ die Wunde?
Ist die Haut geöffnet/geplatzt und blutet, so sollte der Ersthelfer, also Ihr, liebe Eltern, versuchen, die Wunde zu stillen. Dazu nimmt man ein sauberes Tuch (aus dem Erste-Hilfe-Koffer), es tut auch ein Papiertaschentuch (unbenutzt), oder wie im Film das in Streifen gerissene weisse Hemd des Vaters. Es reicht völlig, die Wunde damit abzudecken und leicht anzudrücken. Bitte nicht wischen oder ständig darunter schauen, damit entfernt man die ersten Blutplättchen und Gerinnungsflüssigkeiten, die versuchen, die Wunde selbst zu schließen – es dauert länger.
Blutet es trotz Erstmaßnahmen weiter, ab zum Arzt. Blutet es auch bei uns in der Praxis weiter trotz sachgemäßer Kompression, muss eine Naht gesetzt werden, feuchte Wunden werden nicht geklebt.

Wie versorgen wir die Wunde?
– Säuberung von groben Schmutz, mit viel sterilem Wasser oder Kochsalzlösung
– Desinfektion mit z.B. Octe.ni.sept (jetzt kann es wieder bluten, also nochmal warten)
– Kleben der Wundränder mit so genanntem Gewebekleber
– Eventuell zusätzlich oder ausschließlich mit Klammerpflaster adaptieren
– Bedecken der Wunde mit einem sauberen Wundpflaster (kann man am Kopf, in den Haaren, auch weglassen)

Was macht der/die Chirurgin?
Das gleiche wie oben, wenn er/sie die Wunde für klebbar hält, ansonsten
Betäubung der Wundränder mit einem Lokalanästhetikum (ja, einer Spritze) und
Vernähung der Wunde mit 1 bis x Einzelknopfnähten

Wie geht´s dann weiter?
Alle Kinder mit Platzwunden, die extern versorgt werden, sehen wir noch einmal. Das hat wohl versicherungstechnische Gründe, die Notfallmediziner kennen die Eltern wenig, also ist Kontrolle besser. Ich selbst bitte die Eltern um tägliches Wechseln des oberen Wundpflasters (da geben wir etwas mit) und um Vorstellung
– wenn die Wunde sich darunter stark rötet oder
– wenn die Wundränder sehr verschwellen oder
– wenn die Haut „spannt“ oder Schmerzen bereitet oder
– wenn Eiter zu sehen ist
Bei letztem kommt es zu häufig falschem Alarm, weil manch eine Wunde sehr stark sezerniert, d.h. Fibrin absondert, was mal weißlich aussieht und mit Eiter verwechselt wird.

Und sonst?
Überprüfung des Tetanusschutzes (es sollten mindestens drei Tetanusimpfung stattgefunden haben und die letzte nicht länger als zehn Jahre zurückliegen)! Wenn geimpft werden muss, liebe ChirurgInnen, impft bitte einen Kombinationsimpfstoff mit Keuchhusten und Diphtherie. Bitte. Danke.
Bei Kopfwunden gehört stets eine Aufklärung über eine mögliche Gehirnerschütterung dazu.

Und am Ende?
Platzwunden heilen in aller Regel nach einer Woche komplett aus, d.h. dann können die Fäden oder die Klammerpflaster entfernt werden. Ein zu frühes Entfernen kann dazu führen, dass die Wundränder sich wieder öffnen, ein zu spätes (> 14 Tage, ja, das gibts auch) fördert wohl die Narbenbildung. An stark beanspruchtem Gewebe (Gelenke) wird auch zehn Tage bis zum Fadenzug gewartet, das entscheidet der/die ChirurgIn.
Klammerpflaster dürfen die Eltern mit viel Wasser und ein wenig Abknibbeln selbst entfernen, wenn sich die Steristrips nicht schon selbst ablösen.
Fäden ziehen wir in der Praxis natürlich ohne Betäubung, was kleine Kinder oft nicht verstehen, sie denken, das Entfernen tut so weh wie das Nähen. Mit viel gutem Zureden und Ablenkung durch die fMFA gelingt aber auch das.

Ein No-Go?
Ja. Wunden, die genäht werden müssen, müssen genäht werden. Und nicht geklebt. Gar nicht geklebt. Es macht keinen Spaß, auch nicht dem Patienten, wenn Fäden entfernt werden müsse, die zusätzlich mit Kleber verbabbt wurden. Auf dass es für die Ewigkeit halte.

(c) Bild bei Flickr/Lars Plougmann (CC Lizenz CC BY-SA 2.0)


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