Tanz der Klänge und Worte: Mine in Mannheim

Ich habe einen Ohrwurm. Er heißt „Essig auf Zucker“ und befindet sich auf dem neuen Album „Das Ziel ist im Weg“ von Mine. Die Songwriterin aus Mainz kam zum Release auch wieder nach Mannheim. Und das war in mehrerer Hinsicht ein besonderer Abend, denn schließlich ist Mannheim so etwas wie eine der Heimatstädte von Mine, die hier an der Popakademie studiert hat. Außerdem hat sie für das hiesige Konzert die Gebärdensprachendolmetscherin Svenja Markert mitgebracht, die mit ihrer ausdrucksvollen Performance am Bühnenrand das Konzert auf wundervolle Weise begleitete.

Mines Markenzeichen sind neben ihrer großen Brille ihre Freude am Spielen mit Klängen und Rhythmen, ihre gut ausgebildete dunkle Jazzstimme und nicht zuletzt ihre klugen, tiefgründigen Textbasteleien. Ihre Lieder spiegeln das Balancieren in einer brüchigen Wirklichkeit, die Suche nach Leben, die Unwägbarkeit von Beziehungen und die Kraft der Individualität. Dazu hat sie eine Vorliebe für abgefahrene elektronische Frickelinstrumente, die man nicht so oft auf einer Bühne zu sehen bekommt. Ein Geheimtipp ist Mine schon lange nicht mehr, aber das macht auch nix. Vielleicht spielt sie nicht mehr in kleinen, gemütlichen Locations, aber sie ist sympathisch natürlich geblieben und bietet mit ihrer Band eine abwechslungsreiche Bühnenshow. Das Mannheimer Publikum lobt sie am Ende dafür, dass es versteht, wann es still sein und wann es laut sein muss. Denn genau das ist die Bandbreite in Mines Musik. Absolute Stille herrscht beim Samplen der gesungenen ersten Takte von „Hinterher“, das dann aber auch am Ende ordentlich gerockt werden darf.

Nicht nur Mines teilweise hermetischen, bildhaften Texte werden von Svenja Markert übersetzt. An ihrer ausdrucksstarken Umsetzung von Sprache, Musik, Klängen, ja Stimmungen in Gesten und Mimik wird deutlich, was für eine umfassende Leistung das Gebärdensprachendolmetschen bedeutet. Sie ist zugleich Schauspielerin und Tänzerin, wenn sie sich die ganze Zeit im Rhythmus bewegt und diesen teilweise wie beim Walzer des Titelsongs sogar in Gebärden umsetzt. Das ist zusätzlich zu den Klängen eine echte Augenweide. Kennengelernt haben sich die Gebärdensprachendolmetscherin und die Musikerin bei der Produktion des ersten Videos zum neuen Album, in dem Mine selbst ihren Text mit Gebärden wiedergibt. Sie war so begeistert von Svenja Markert, die auch Kleinkünstler und Kabarettisten dolmetscht, dass sie sie bat, auf einigen ihrer Konzert mit auf der Bühne zu stehen.

„Essig auf Zucker“, der Song, über den Mine zur Gebärdensprachendolmetscherin kam, bildet auch den Auftakt zu diesem Abend. Dann lässt Mine mit Band erst einmal die besten alten Songs hören wie „Der Mond lacht“, „Kann sie es tragen“ oder „Du scheinst“, die von prägnanten Rhythmen und Mines kraftvoller Stimme getragen werden. Die neuen Songs sind elektronischer, manchmal auch poppiger, zum Teil subtil reduziert wie in „Rot“ oder „Pusteblumenfeld“, aber auch wieder sehr percussionbetont wie in „Anker“ oder schön basslastig wie in „Findelkind“. Auch Instrumente wie Akkordeon oder Geige kommen zum Einsatz. Mine bleibt auf jeden Fall musikalisch und textlich intelligent wie wandelbar, auf jeden Fall immer interessant und spielfreudig.

Klare Kauf- und Konzertempfehlung – und wer sich vorab ein Bild machen will: Hier ist das Video zu „Essig auf Zucker“:


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