Spieglein, Spieglein an der Wand, was ist die größte Barriere im Land?

Die Kontinuierliche Verbesserung in allen Unternehmensbereichen gehört mittlerweile zu den wichtigsten Wettbewerbsfaktoren. Doch oftmals stehen sich Unternehmen selbst bei der Umsetzung ihrer Ziele im Wege.
Der Begriff Kontinuierliche Verbesserung steht hier stellvertretend für einen bunten Strauß an Methoden und Philosophien wie: Lean, Six Sigma, Theory of Constraints, Qualitätsmanagement, Kaizen, usw.
Ungeachtet der verschiedenen Begriffe, ihrer Techniken und Methoden, gibt es Gemeinsamkeiten bei den unterschiedlichen Ansätzen. Sie alle zielen auf eine kontinuierliche Verbesserung betrieblicher Abläufe und Prozesse, um die Geschäftsergebnisse zu verbessern.
In einem 2010 erschienenen Artikel im 'Wall Street Journal' [1], berichtet Dr. Satya Chakravorty, Professor an der Kennesaw State University, dass näherungsweise 60% aller von ihm analysierten Six Sigma Projekte nicht die gewünschten Ergebnisse geliefert hätten. Die Projekte starteten mit viel Elan und Motivation, doch verloren sie auch schnell wieder an Fahrt durch sinkende Motivation bei Führungskräften und Mitarbeitern, die bald wieder in alte Verhaltensmuster zurückfielen.
Bereits in vorherigen Blogs habe ich über ähnliche Erfahrungen berichtet [2], [3].
Wenn die kontinuierliche Verbesserung so wichtig für das Wohlergehen eines Unternehmens ist, wie kann man mehr Erfolge erzielen? Hierzu eine Aufstellung der massivsten Barrieren, die vor der Umsetzung genau betrachtet werden sollten :
Barriere #1: Es ist schwierig alle beteiligten Beteiligten 'unter einen Hut zu bekommen'

Spieglein, Spieglein an der Wand, was ist die größte Barriere im Land?In Veränderungs- bzw. Verbesserungsprojekten gilt zunächst eines: Fokussieren sie sich auf die Menschen, nicht auf die Methoden und Werkzeuge! Was immer sie planen, sie müssen Menschen gewinnen (Buy-In) und die geplante Veränderung mit Menschen umsetzen. Im ersten Ansatz werden sie es mit Prozessverantwortlichen, Analysten, Lean / Six Sigma / Theory of Constraints Spezialisten, Qualitätsmanagern, IT, usw. zu tun haben. Doch sobald es an die Umsetzung im Unternehmen geht (neudeutsch: Roll-Out), müssen alle von der Änderung betroffenen Mitarbeiter eingebunden werden. Die in diesem Prozess einfließenden Gedanken, werden vermutlich so individuell wie ihre Mitarbeiter sein. Das spezifische Abteilungsdenken, auch Silo-Denken genannt, wird ihre ganze Aufmerksamkeit und Problemlösungskompetenz erfordern. Wie werden sie die heterogen denkenden, möglicherweise voneinander unabhängig agierenden und gegeneinander handelnden Bereiche auf ein / das Ziel fokussieren?
Barriere #2: Es ist schwierig diejenigen Prozesse zu identifizieren, die als erstes verbessert werden sollten
Es gibt häufig keinen Mangel an guten Ideen, was verbessert werden sollte. Aber wonach priorisieren sie die Ideen bzw. Teilprojekte? Die Entscheidungen bei diesen Fragen basieren meist auf falschen oder fehlinterpretierten Kennzahlen (Key Performance Indicators). Messen sie die richtigen Sachverhalte? Sind die Kennzahlen mit ihrer Strategie verknüpft? Haben die Kennzahlen wirklich einen direkten Bezug auf die relevanten Prozesse? Und was passiert dabei im Hinblick auf ihre Mitarbeiter ?
"TELL ME HOW YOU MEASURE ME, AND I WILL TELL YOU HOW I
WILL BEHAVE. IF YOU MEASURE ME IN AN ILLOGICAL WAY …
DO NOT COMPLAIN ABOUT ILLOGICAL BEHAVIOR."Dr. Eliyahu Goldratt
Die Beantwortung dieser Fragen ist eigentlich sehr einfach. Wenn sie eine schnelle und nachhaltige Veränderung in Prozessen möchten, dann fokussieren sie zunächst darauf, was das Unternehmen am ehesten voranbringt. In jedem System gibt es meist nur einen oder nur sehr wenige Engpässe, die den Durchsatz der auszubringenden Leistungen begrenzt. Naturgemäß beginnt man bei diesem Thema sofort nach der langsamsten Maschine oder anderen Ressource zu suchen. Sie zu identifizieren und Verbesserungen durchzuführen ist meist einfach, doch was tun, wenn sich der Engpass in den vielen Verfahrensanweisungen ihres hübschen ISO 9001 Handbuches versteckt (nur um einmal ein Beispiel zu nennen)? Dort finden sich häufig Prozesse, die durch Einhaltung von Regeln verlangsamt werden, ohne das dabei die Qualität verbessert wurde. Siehe hierzu auch Barriere #3.
Also:
  • Was ist ihr Ziel?
  • Was soll verändert werden?
  • Welcher (Ziel-)Zustand soll erreicht werden?
  • Wie soll die Veränderung herbeigeführt werden?
Klären sie diese Fragen, und verbunden mit einer Durchsatzrechnung (nicht Kostenrechnung!) werden sie die notwendigen Erkenntnisse zur Priorisierung gewinnen.
Barriere #3: Steuern und Kontrollieren der Veränderung
In den beiden vorherigen Barrieren wurden die wesentlichen Punkte zur Barriere #3 bereits angesprochen. Nach Qualitätsnormen zertifizierte Unternehmen haben ein großes (Kosten-)Problem. Eine Prozessveränderung muss in den Qualitätshandbüchern nachgehalten werden, sonst gibt es Schwierigkeiten beim nächsten Audit. Mit der Größe der Unternehmen wächst dann aber auch die Zahl der Prozesse und mit ihnen die Pflegekosten des Qualitätssystems. Sehr häufig finden sinnvolle und allgemein als richtig anerkannte Verbesserungen nicht statt - das nächste Audit steht ja vor der Tür.
Um eines klarzustellen: ich bin ein großer Anhänger systematisierter Qualitätsmanagementsysteme, allerdings ist häufig feststellbar, wie sehr die pragmatische Umsetzung einfacher Verbesserungen durch zu ambitionierte Q-Systeme behindert wird.
Barriere #4: Mangel an Mitarbeiterengagement
Das Engagement der Mitarbeiter ist aus zwei Perspektiven zu betrachten.

  1. Unterstützung durch die Mitarbeiter
    Sie können die schönsten und besten Pläne haben, doch was nutzen diese, wenn die Mitarbeiter sie ignorieren, sie im Tagesgeschäft schlicht vergessen oder beim Umsetzungsversuch scheitern? Werden zu viele Verbesserungsprojekte (gleichzeitig) gestartet, so droht Ermüdung durch das ständige Ändern. Verärgerung macht sich breit, sobald der Weihnachtsgeld-Bonus von einer neuen, nicht einschätzbaren Kennziffer abhängig gemacht wird. Kommunizieren sie ihre Strategie und Taktik offen und ehrlich? Ist den Mitarbeitern klar, was die Veränderung im Bezug auf ihre Arbeit und Arbeitsplatz für Auswirkungen hat? Ist den Mitarbeitern klar, was von ihnen verlangt wird?
  2. Beitrag und VerpflichtungWie beteiligen sie ihre Mitarbeiter in Verbesserungsprozessen? Wie begeistern und vitalisieren sie die Mitarbeiter? Es geht dabei nicht nur um die einseitige Kommunikation, sondern um die Frage, wie können die Mitarbeiter die Veränderungen mitgestalten? Sind ihre Methoden effektiv genug? Ist eine nachhaltige Verbesserung durch die innere Verpflichtung der Mitarbeiter gegeben?
Ich hoffe Ihnen durch diesen Beitrag ein paar Anregungen gegeben zu haben. Vielleicht habe ich aber auch wichtige Aspekte übersehen. Was ist Ihre Meinung?
Ihr
Jürgen Kanz
www.juergen-kanz.de




Quellen:
[1] Where Process-Improvement Projects Go Wrong, Prof. Dr. Satya Chakravorty, Wall Street Journal, 25.10.2010
[2] TOC, LEAN, SIX SIGMA Verbesserungsprojekte - ändern wir etwas oder lassen wir es lieber ?, 30.11.2011
[3] TOC, LEAN, SIX SIGMA Verbesserungsprojekte - ändern wir etwas oder lassen wir es lieber ? [2], 07.12.2011

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