Sozialsysteme für den Arsch

Die deutschen Sozialversicherungssysteme sind ein Armutszeugnis, weil sie arm machen. Hohe Arbeitslosigkeit, ein wuchernder Niedriglohnsektor und menschenverachtende Pflegesysteme sind das Ergebnisse von gut 130 Jahren Pfusch

Hartz IV- Opfer

Hartz IV- Opfer

Lieber arm dran als Arm ab, so oder ähnlich könnte das Mantra unserer Sozialpolitik lauten, einer Politik, die sich vor allem die soziale Spaltung der Gesellschaft zum Ziel gesetzt hat. Begonnen hatte dies bereits mit dem Beginn der Industrialisierung im Jahre 1881. Damals war der alte Kaiser Wilhelm I von Reichskanzler Bismarck erstmals mit der Schaffung eines sozialen Sicherungssystems betraut worden. Eine Arbeitnehmerversicherung mit dem Ziel, die menschliche Rangiermasse, die als Produktionsreserve auf der Strafbank geparkt war, irgendwie zu versorgen. Gerade genug, dass die Arbeitslosen nicht auf die Straße gingen, zugleich jedoch so, dass es die Gewinne der aufstrebenden Industrie nicht schmälerte. Dazu bediente sie der alte Wilhelm eines ebenso einfachen wie auch perfiden Kunstgriffes, der unsere heutige Gesellschaft in eine gefährliche Schieflage bringt.

Gut, die Arbeiter sollten ihre soziale Absicherung bekommen, aber sie sollten diese gefälligst auch selbst finanzieren. Seither zahlt jeder Arbeitnehmer in Deutschland von seinem Gehalt in eine Arbeitslosen-, Kranken und Rentenversicherung ein. Alle anderen, also Bosse, Selbstständige und Freiberufler hingegen werden nicht zur Kasse gebeten und beteiligen sich daher auch nicht an den sozialen Sicherungssystemen. Damals, Anfang 1900 war dies kein Problem. Die Industrie erblühte gerade, die Wissenschaften schufen noch Wissen und die Arbeitslosenzahlen hielten sich in Grenzen. Besonders bewährte sich das System im Anschluss an den zweiten Weltkrieg, als im Zuge des sogenannten Wirtschaftswunders auf einmal Arbeitsplätze in Hülle und Fülle zur Verfügung standen. Doch dann begann das Verhängnis seinen Verlauf zu nehmen.

Zu Beginn der 80er Jahre kam ein großer, recht beleibter Mann und setzte sich die nächsten 16 Jahre lang mit seinem dicken, bräsigen Hinterteil auf den Arbeitsmarkt, den er damit fast vollständig lähmte. Ziel war die möglichst komplette Automatisierung der deutschen Industrie, um so einen produktiven Vorsprung gegenüber anderen Staaten im globalen Wettbewerb zu ergattern. Ein neues Wort tauchte im deutschen Blätterwald auf, die Entlassungswelle. Davon folgte nun eine nach der anderen. 60 000 Entlassungen hier, 25 000 dort, euphemistisch als Personalverschlankungen betitelt, auf einmal gab es wieder junge, gut ausgebildete Menschen, die niemand mehr brauchte. Nutzloses Zellgewebe, welches der Industrie nicht länger dienlich war und nun einem neuen Begriff zugeführt wurde, dem des Sozialschmarotzers. Und die Schlangen in den Fluren der Sozialämter wuchsen und wuchsen, während die Anzahl der Einzahler in unser Sozialsysten kontinuierlich schrumpfte. Während die Pfeffersäcke in den Chefetagen sich im Champagner ersäuften, begann die Arbeitslosigkeit vom Rande der Gesellschaft her mit zunehmender Geschwindigkeit auf deren Mitte hinzukriechen.

Das war wohl blöde für die Betroffenen, jedoch nicht wirklich schlimm. Damals hatten Arbeitslose über viele Jahre hinweg Anspruch auf 70 Prozent ihres letzten Gehaltes. Dies wurde jedoch immer schwerer finanzierbar, da nicht mehr genügend ordentlich bezahlte Arbeitnehmer zur Verfügung standen, die durch ihre Sozialabgaben das System hätten stützen können. An deren Stelle arbeiteten jetzt Automaten, die keinen Lohn forderten und auch keine Sozialabgaben entrichteten. Lohnnebenkosten lassen sich nun einmal nicht auf Maschinen umlegen. Hätte man dies damals getan, wären zwar die Bonzen verärgert, dafür jedoch die Sozialkassen gefüllt gewesen. Stattdessen kam Rot/Grün und installierte unter Schröder die Agenda 2010 mit all ihren grausamen Folgen für die Betroffenen. Deutschland sonnte sich im Glanze der Exportweltmeisterschaft während die anderen Staaten der Eurozone dem riesigen, hausgemachten Niedriglohnsektor ihres Nachbarn immer weniger entgegenzusetzen hatten. Gleichzeitig begannen große Teile der deutschen Bevölkerung zusehends zu verelenden.

Aus heutiger Sicht betrachtet kann man sagen, dass es eine saublöde Idee war, die Last für die Erhaltung der Sozialsysteme ausschließlich auf die Schultern der abhängig Beschäftigten zu laden. Seit der Einführung von Hartz IV gibt es zudem seit mehr als 100 Jahren auch wieder eine richtige Unterschicht aus finanzschwachen Menschen die bösartigerweise stattdessen als sozialschwach bezeichnet werden. Als wären diese armen Teufel unsozial, weil sie nicht genug zum Leben haben. Eingeführt worden war das SGB II mit dem vollmundigen Versprechen, die Menschen wieder in den Arbeitsmarkt integrieren zu wollen, das Gegenteil hingegen war und ist der Fall. Menschen arbeiten als Aufstocker in Vollzeit und benötigen dennoch Sozialleistungen, so dass der Steuerzahler den Bossen quasi auch noch deren Lohnkosten finanziert.

Und sollte ein Arbeitsloser vor einem Sozialgericht einmal Recht bekommen, so bleibt dies ohne Folgen für unsere Sicherungssysteme, da Sozialgerichtsurteile, und seien sie auch vom obersten Bundessozialgericht in Kassel, keinerlei bindende Wirkung haben sondern sich ausschließlich auf den Einzelfall beziehen. Dadurch wird verhindert, dass Entscheidungen der Gerichte zugunsten der Kläger auf breiter Front Anwendung finden. Zugleich wird darauf spekuliert, dass die Hemmschwelle aller von den Jobcentern unrechtmäßig abgefertigten Leistungsempfänger zu hoch ist, als dass sie sich darauf einlassen würden, tatsächlich zu klagen. So muss jeder neue Einzelfall stets auch aufs Neue verhandelt werden mit dem Ergebniss, dass jedes Jahr durchschnittlich 170 000 Klagen von Leistungsempfängern vor deutschen Gerichten verhandelt werden müssen. Zugleich steigen die Arbeitslosenzahlen stetig höher und höher. Die Gewinnmarge der Arbeitgeber entspricht dabei dem Prozentsatz derer, die nicht vor Gericht zu klagen wagen. Ein solches Problem auf diesem Wege bewältigen zu wollen, entspricht dem Versuch, den Rhein leerpumpen.

Am bösartigsten ist jedoch der Versuch, entgegen sämtlicher Erfahrungen die Arbeitslosenzahlen wieder und wieder zu halbieren, indem man umso intensiver in Jobs vermittelt, die es nicht gibt. Als könnte man so die Arbeitslosigkeit zum Verschwinden bringen. Das alles wegen einer Entscheidung, die vor mehr als 130 Jahren gefallen ist. Einer Entscheidung, die nicht nur brutal, sondern auch völlig unnötig war, wie das Beispiel unseres Nachbarn Schwedens deutlich aufzeigt.

Die bessere Lösung

In Schweden beschloss man seinerzeit, Sozialsysteme wie Arbeitslosenversicherung, Krankenversicherung und Rentenversicherung nicht aus Lohnnebenkosten zu finanzieren, sondern aus Steuergeldern. Jeder, vom Zeitungsausträger bis zum Konzernleiter, zahlt in Schweden in die Sozialsysteme ein. Daher liegt in Schweden der Steuersatz deutlich höher als in Deutschland. Dafür sind die sozialen Sicherungssysteme jedoch um ein vielfaches stabiler, als bei uns, was der Wirtschaft des Landes sehr zugute kommt. So bringen schwedische Arbeitslose sehr viel mehr Geld in den dortigen Binnenmarkt ein. Mit anderen Worten: Sie erhalten deutlich mehr Geld als in Deutschland, können daher deutlich mehr kaufen als hier bei uns und stärken so das heimische Brutosozialprodukt, während deutsche Arbeitslose es eher aushöhlen, da sie sich mit Tafeln und Containern, also mit Essensresten, über Wasser halten müssen.

Während der großen Wirtschaftskrise Ende der 80er bis in die Mitte der 90er hatte Schweden, anstatt einseitig die Märkte zu protegieren, Angebote für Investoren geschaffen. So hat Schweden, anstatt Sozialabbau im großen Stil zu betreiben, seine Steuer- und Sozialpolitik verbessert. Dadurch wurde der Zustrom an ausländischen Direktinvestitionen interessanterweise sogar verstärkt, was andererseits den Abfluss schwedischen Investitionskapitals verringerte. Während Anfang der 90er Jahre unser Land von Entlassungstsunamis überrollt wurde, herrschte zu dieser Zeit in Schweden bereits wieder annähernde Vollbeschäftigung. Das Rentensystem konnte zukunftsfest stabilisiert werden. Einerseits durch dessen Steuerfinanzierung, zum anderen durch die Sozialversicherung gemeinsam mit einer freiwilligen, privaten Zusatzversicherung.

Anders als bei uns gehören in Schweden Investitionen in Bildung und Erziehung zu den höchsten der Welt. Der schwedische Wohlfahrtsstaat, gemeinsam mit allen karitativen Einrichtungen, ist in hohem Maße steuerfinanziert und hat daher auch nicht mit beschäftigungsfeindlichen hohen Lohnnebenkosten zu kämpfen, wie das in Deutschland der Fall ist. Schweden ist in vielerlei Hinsicht zukunftsorientierter, generöser und vor allem umverteilungsfreundlicher als seine südlichen Nachbarn, abgesehen von Dänemark, dessen Sozialsystem ebenfalls mit einem 1+ abschneidet. Gut, die Steuerbelastung in Schweden ist höher als bei uns und Rente gibt es erst mit 67 Jahren. Das nehmen die Menschen dort jedoch mit einem Achselzucken hin. Die Vorteile überwiegen nun mal für die meisten Menschen dort und mit Blick auf den sozialen Sauhaufen bei uns in Deutschland ist dies nur zu verständlich.

Quellennachweis und weiteführende Links:



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