von olgaberrios [CC-BY-2.0]
Was ist da los in Europa? Aus den USA sind wir es bereits seit einigen Jahren gewohnt, dass einzelne Bundesstaaten ihre Abtreibungsgesetze schleichend verschärfen, die Pro-Life-Bewegung macht seit Jahren Stimmung gegen die sexuelle Selbstbestimmung der Frauen. Doch nun zeigt sich, dass der konservative Backlash längst auch Europa erreicht hat.von Mira Sigel
In der vergangenen Woche erhob sich ein, zugegeben noch viel zu leiser, Proteststurm gegen den neuen CDU Generalsekretär Peter Tauber, der als gläubiger Christ ein Abtreibungsverbot gerne aus der Tabu-Ecke holen möchte.
Nun lässt es sich nicht mehr nachweisen, ob er das tatsächlich so gesagt hat – aber in aller Form distanzieren von dieser Aussage will er sich dann auch nicht, obwohl er sonst sehr intensiv in den sozialen Netzwerken vertreten ist.
Am letzten Freitagabend beschloss das spanische Parlament unter dem Kabinett vom Ministerpräsident Mariano Rajoy und seinem Justizminister Alberto Ruiz-Gallardón, das Abtreibungsgesetz massiv zu verschärfen. Ab sofort sind Abtreibungen in Spanien nur noch nach (bewiesenen!) Vergewaltigungen und schweren gesundheitlichen Risiken erlaubt. Es geht, wie immer in diesen Debatten, angeblich um den Schutz des ungeborenen Lebens. Das klingt doch erst einmal toll, oder? Dieses ungeborene Leben, das sich selbst nicht beschützen kann vor der egoistischen Mutter, die es da abtreiben möchte.
Es geht nicht um das Leben – es geht um Kontrolle
Doch es geht den Abtreibungsgegnern auf dieser Welt nicht um den Schutz des ungeborenen Lebens, es geht ihnen nicht um diese Kinder, die da geboren werden, von Müttern, die sie vielleicht nicht versorgen, ernähren, großziehen können. Um ehrlich zu sein, sind den Politikern diese Kinder, sobald sie die Gebärmutter verlassen haben, sogar ziemlich egal. Diese Politiker sind nämlich die gleichen, die das immer gleiche Gefasel einer Leistungsgesellschaft anstimmen, wenn es darum geht Sozialleistungen zu kürzen, die die Ärmsten der Armen treffen, es sind genau diese Politiker, denen es vollkommen egal, ist, ob Kinder in Spanien, in Deutschland oder sonstwo hungern, keine Kleidung haben, kein Dach über dem Kopf, es geht ihnen nämlich nicht um das Leben dieser Kinder oder gar um die Qualität dieses Lebens, denn dafür wollen sie keine Verantwortung übernehmen.
Es geht bei der Debatte um Abtreibungen immer um etwas ganz anderes: Es geht um Macht, um Kontrolle. Die Gebärmutter, dieses unscheinbare Organ im Inneren eines Körpers, das die Frauen haben und die Männer nicht, sie ist das Objekt so vieler Ängste und Begierden von Machtmenschen und Machtmännern, dass es bis heute die Parlamente und Kabinette umtreibt.
Solidarisch für das Recht auf Abtreibung
Die Kämpfe, die unsere Mütter bereits vor vierzig Jahren ausgefochten haben, sie sind noch nicht vorbei.
Alice Schwarzer hat dafür gesorgt, dass Abtreibungen hier in Deutschland unter bestimmten Bedingungen straffrei sind. Sie sind damit noch immer nicht erlaubt. Man gewährt Frauen unter bestimmten Bedingungen eine Gnade. Ein kleiner Denkanstoß: Männer können jederzeit aus einer Schwangerschaft aussteigen. Sie können einfach gehen.
Die Pille danach gibt es bei uns noch immer nicht ohne Rezept, trotz aller weltweiten Empfehlungen. Der Kampf um das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, er geht weiter. In Spanien gingen linke Verbände und Frauengruppen noch am Freitagabend zu tausenden auf die Straße und protestierten gegen das Gesetz. Wir müssen uns solidarisch zeigen mit den spanischen Frauen – denn ihre Freiheit ist auch unsere Freiheit.
Was in Spanien geschieht, kann jederzeit auch in Deutschland geschehen, Peter Taubers Aussagen sind ein Warnsignal. Wir haben kein Recht auf unsere Gebärmutter, wir haben eine gewährte Gnade, die uns jederzeit genommen werden kann. Deshalb – auf die Straße gegen diese autoritären, konservativen Gesetze, gemacht von Männern, gemacht aus Angst um ihre patriarchalen Rechte. Wir müssen uns dagegen wehren, wenn andere über unseren Körper bestimmen wollen!
[Übernahme von Die Freiheitsliebe]