Sehen, riechen, schmecken – ein Besuch in Burundi I (Gastautor Viktor Funk)

Ich saß auf dem schmalen, gepolsterten Gepäckträger seines Fahrrads und roch, wie er sich abmühte. Aus der braunen Steppweste, die er auf seinem nackten Oberkörper trug, strömte der Geruch harter körperlicher Arbeit. Im Reflex wollte ich erst die Luft anhalten, dann atmete ich aus und wieder ein, ich sah auf die Waden des Jugendlichen dann auf seine Schultern, die ebenso muskulös wirkten.

 

Der Jugendliche radelte mich drei Kilometer entlang der Uferstraße des Tanganyikasees im Nord-Osten Bujumburas zu einem Strand-Club. Am weiß-blauen Tor des Clubs stieg ich ab, gab dem Rad-Taxi-Fahrer 300 Burundische Francs, 18 Euro-Cent, dann ging ich durch das Tor, durch einen sattgrünen, gepflegten Palmengarten, stiegt einige Holzstufen hoch, betrat die weitläufige Veranda vor dem Pool des Clubs „Bora Bora“, setzte mich auf eine breite, weich gepolsterte Couch und bestellte einen Maracuja-Saft für 3.000 Francs, 2,50 Euro.

 

Ich war nun schon seit einigen Tagen in Burundi, einem Land, von dessen Existenz ich nur dank Philipp Ziser erfahren hatte. Philipps Engagement beobachtete ich schon seit mehreren Jahren, las seine Berichte, die manchmal voller Hoffnung waren und manchmal voller Sorgen; ich betrachtete seine Bilder aus Burundi, aus dem Mütterheim, aus der neuen Schule, und ich spürte das Bedürfnis, selbst zu sehen, was die Fondation Stamm in Burundi erreicht hat.

 

Ich hatte in Zeitungen und in Lexika über den langen Bürgerkrieg in Burundi und über die Armut gelesen. Als ich schließlich die Reise plante und darüber Freunden und Familie berichtete, erntete ich verwunderte Blicke und die Frage, ob das denn wirklich sein müsse… Aber was wäre die Alternative? Die Alternative wäre nicht zu reisen – und das ist keine.

 

„Und, hast du den Eindruck, du bist in einem der ärmsten Länder der Welt?“, fragte mich Philipp gleich am zweiten Tag. Am Abend meiner Ankunft waren wir essen gewesen, ich hatte für weniger als fünf Euro eine große Portion Sangala-Fisch in grünem Pfeffer gegessen, dazu Kochbananen und das einheimische Bier „Primus“ getrunken. Am zweiten Tag war ich erstmals im „Bora Bora“, wo ich fast europäische Preise für Säfte und Essen zahlte; und in dem schlichten, sauberen und freundlichen „Agasaro Guest House“, wo ich untergekommen bin, zahlte ich elf Euro die Nacht. Die Straßen in meinem Viertel waren sauber, überall blühten Blumen, Bäume standen im satten Grün. Nein, Armut sah ich keine. In diesem kleinen Fleckchen Burundis herrschten europäische Verhältnisse nur mit besserem Wetter und schmackhafteren Früchten. Aber außerhalb dieses kleinen Fleckens, den einige wohlhabende Burunder und Weiße bewohnen, ist eine andere Welt, eine, die vor einigen Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten in einen langen Schlaf gefallen zu sein scheint. Und von dieser Armut und Einfachheit schützen sich die Wohlhabenden mit hohen Mauern, Stacheldraht und Wachpersonal – das ist nichts Burundisches, ein globales Phänomen, wenn die Moderne ein Land überrollt.

Fortsetzung folgt…



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