Schwarmintelligenz benötigt Freiheit und Unabhängigkeit

Schwarmintelligenz benötigt Freiheit und Unabhängigkeit
Schwarmintelligenz benötigt Freiheit und Unabhängigkeit

Der Begriff der Schwarmintelligenz, also dass das Ergebnis einer kollektiven Anstrengung qualitativ zu einer Lösung führt, die höherwertiger ist, als es sich die Intelligenz aller Gruppenmitglieder hätte vorstellen können (http://de.wikipedia.org/wiki/Kollektive_Intelligenz )
ist inzwischen zu einem Modebegriff geworden.
Gerade das Web 2.X, also die Möglichkeit zur Partizipitation (Wikipedia, Like-Dislike,Tweet-Retweet, Blog-Kommentar) wird hier als proof-of-principle genannt. 
In einem interessanten Beitrag im gestrigen Online-Standard berichtet der Digitalexperte des "Guardian" über eine neue Spielart ("Open Journalism"), indem z.B. die Redaktion die User/Leser aufgefordert hat, eine nahezu unübersehbare Menge an Dokumenten zu sichten und die Journalisten dann gezielt auf die Wesentlichen Fakten aufmerksam zu machen. (http://derstandard.at/1331207355363/Public-Lecture-Chris-Moran-Interessante-oder-nuetzliche-Schlagzeilen-sind-tot)

Es entspricht auch meiner Erfahrung, dass in bestimmten Fällen die Forumdiskussionen innerhalb von Minuten kleine aber amüsante Tippfehler (Bundeshymen Diskussion: http://sprechstunde.meinblog.at/?blogId=40176) und grobe faktische Fehler (Copy and Paste Journalismus: http://sprechstunde.meinblog.at/?blogId=35333) aufzudecken.

Ein netter Fall war auch der Artikel über die Cheopspyramide im Online-Standard, bei der bereits der erste Forumuser (RaphaelHythlodeus) darauf hingewiesen hat, dass auf dem ursprünglichen Bild die Cheopspyramide nur im Hintergrund zu sehen war. (http://derstandard.at/1331206810811/Berechnung-Was-es-kosten-wuerde-die-Cheops-Pyramide-heute-zu-errichten?seite=3#forumstart)
Die Redaktion hat dann 29 Minuten gebraucht um das zu beheben...

Ich bezweifle zwar, dass es bei der zusätzlichen Partizipationsmöglichkeit des Web 2,0 der Wille im Vordergrund stand, die Schwarmintelligenz zu nutzen, vielmehr stand der Wunsch nach mehr "Traffic" im Vordergrund; a
us dem selben Grund hören wir in vielen Radiosendungen permanent die Aufforderung, doch im Studio anzurufen und müssen dann mithören, das Herr oder Frau Mustermann gerade frühstücken oder das Mittagessen verdauen ...
Bezweckt wird da kaum die Schwarmintelligenz sondern die Hörer-Bindung. Außerdem muss sich die Redaktion auch kein Thema (content) ausdenken, wenn sie auf die Einsamkeit, Eitelkeit und das Mitteilungsbedürfnis der User setzt ... (wer an Talkshows denkt, denkt bisher richtig mit)

Einerlei, sehr oft verdanken wir bahnbrechenden Erfindungen nicht zielgerichteter Forschung sondern sie sind ein Abfallprodukt des wohlbeobachtetet Zufalls:

Cyclosporin wurde nicht als Immunsuppressivum sondern als Antibiotikum erforscht,
Viagra sollte eigentlich ein Herzmittel werden,
die Linzertorte war angeblich ein mißglücktes Rezept
und der Klebstoff der Post-it war initial auch ein Flop (http://de.wikipedia.org/wiki/Klebezettel).

Der wesentliche Punkt bei unser "digitalen Schwarmintelligenz" ist, dass all die digitalen Medien, neben der Möglichkeit, dass
 viele Individuen gleichzeitig eine Information gegenlesen können, 
aber auch über das selektive Weiterleiten von Informationen, die man als richtig empfindet (Like, Retweet, ...) 
AUCH OHNE MODERATION über Inhalte abgestimmt wird. 
Das entspricht dem Selektionsprinzip der klassischen Evolution. 
"Was passt vermehrt sich"

Dass natürlich auch der Like-Algorithmus nur als Werkzeug für user-spezifische Bewerbung entwickelt wurde, versteht sich von selbst ...

Ganz risikolos ist das natürlich nicht.

Erstens (z.B. umstrittene Inhalte wie Politikerbios auf Wikipedia) ist das demokratische Prinzip nicht garantiert, dass jedes Individuum nur eine Stimme hat. 
Die digitale Verfielfältigung einer individuellen Meinung (multiple Useridentitäten) kann zu enormen Verzerrungen führen (http://derstandard.at/1319183453741/Woher-Faymann-seine-falschen-Facebook-Freunde-bekam ).
Entsprechendes Geld und anwaltliche Hilfe vorausgesetzt, können und werden immer häufiger mißliebige Stimmen durch Drohungen aus dem digitalen Diskussionsraum entfernt (http://www.oe24.at/oesterreich/politik/Scheuch-Anwalt-droht-Internet-Usern-mit-Klage/59699227
http://reimon.net/2012/03/15/zur-vermischung-von-partei-und-staat/)

Auf ein anderes Problem, die Beeinflussbarkeit des individuellen Urteils durch das Bekanntwerden anderer Meinungen, wies eine vom Spiegel zitierte Studie an der ETH-Zürich hin.
(http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,762837,00.html , http://www.pnas.org/content/early/2011/05/10/1008636108.abstract?sid=1baaf087-335e-49e9-8bcb-7bde4cbd8bdf )

Das Experiment zeige, dass sozialer Einfluss die Diversität der Antworten verringere, nicht jedoch den kollektiven Fehler. 
Oder anders ausgedrückt: 
Verlassen wir uns auf unsere individuelle Schätzung, dann entspricht der Mittelwert der so abgegebene Schätzungen einer Gruppe meist sehr gut der Wahrheit. Erfahren wir aber, was andere bereits vor uns geschätz haben, dann verzerrt der Herdentrieb unser Urteilsvermögen so sehr, dass unsere Schätzungen auch auf einen Wert konvergieren, dieser ist jedoch falsch.

Um die Weisheit der Vielen trotzdem nutzen zu können, ist es wichtig, dass der Einzelne bei seiner Entscheidung nicht weiß, wie die anderen entscheiden. "Das ist auch Grundlage der repräsentativen Demokratie", sagt Helbing. Die kollektive Weisheit funktioniere gut, solange Menschen unabhängig voneinander wählen könnten.

Die Evolution hat diese Prinzip seit Jahrmillionen verfolgt:
Viele von einander weitgehend unabhängige Versuche zur Problemlösung ohne göttliche Moderation dem Realitätscheck zu unterwerfen. 
Kurzfristige Fehlentwicklungen sind nicht auszuschliessen, auf lange Sicht garantiert dies eine bessere Anpassung an aktuelle Erfordernisse des Schwarms.
Sperren wir aber einen Schwarm ein (Bild) 
dürfen wir uns nur nach einiger Zeit einen üblen Geruch erwarten ...


 


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