Schulsystemschmerz

Immer und immer wieder trabst du zum Elterngespräch an, lässt dir aufzählen, was dein Kind alles nicht so hinkriegt, wie es hingekriegt werden müsste. Tag für Tag bemühst du dich mit aller Kraft darum, dein Kind auf die Schiene zu schieben, auf die es irgendwann kommen muss, wenn es im Berufsleben bestehen will. Weil alles nichts bringt, ringst du dich irgendwann zu einem Besuch bei der Schulpsychologin durch. Zahlreiche Termine, die das Familienleben auf den Kopf stellen. Fragen, die dir das Gefühl geben, als wolle man zuerst mal herausfinden, ob du als Mutter überhaupt etwas taugst. Tests, die das Kind nicht so richtig versteht. Nach Monaten dann das Schlussresultat: Nichts Auffälliges. 

Das tägliche Schuldrama geht dennoch weiter, wird sogar immer schlimmer. Wieder zahlreiche Gespräche mit der Lehrerin, bei denen man sich gegenseitig versichert, wie wichtig man es findet, dass dem Kind geholfen wird. Irgendwann bist du mürbe genug, um beim Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienst anzuklopfen. Zuerst ein endloser Fragebogen, bei dem du dich als Mutter fast bis auf die Knochen entblössen musst, gerade so, als läge es einzig und alleine an dir, dass bei dien Kind nicht alles so läuft, wie das System es nun mal vorgibt. Auch über das Kind beantwortest du intimste Fragen und hoffst, dass du das Kreuz nicht am falschen Ort setzt und damit ein nicht widerrufbares Urteil über dein Kind fällst. Derweilen spielt die Psychologin mit deinem Kind, fragt, analysiert, stellt Testaufgaben. Dann kommen die vertieften Tests, natürlich immer schön über viele Monate hingezogen, so dass du sehr oft den Familienalltag um irgend einem quer im Kalender liegenden Termin herum büscheln darfst.

Es dauert lange, bis ein Zwischenresultat da ist, noch länger, bis am Ende klar ist: Ja, da gibt es ein paar Steine im Weg, die dem Kind verunmöglichen, genau so in der Spur zu laufen, wie das System es sich wünscht. Es sind keine Felsbrocken, die ihm den Weg ganz versperren, aber auch keine Kieselsteine, die sich mit dem richtigen Schuhwerk in den Griff bekommen lassen. Die Psychologin mach Hoffnung, mit spezieller Förderung liesse sich einiges machen. Auch das Verhalten deines Kindes lässt dich hoffen. So viele Dinge, mit denen du dich seit Jahren herumgeschlagen hast, sind wie weggeblasen, immer öfter hast du Anlass, es aus tiefstem Herzen für eine gelungene Sache zu loben.

Dann die Ernüchterung: In der Schule läuft es offenbar gleich wie bisher, die Lehrerin ist mit der Geduld am Ende. Du glaubst, das Resultat der Tests und Analysen würden dein Kind entlasten, doch das tun sie nicht. Wäre dein Kind schwächer, wäre das System bereit, ihm zu helfen. Aber so, wie es ist? Nicht schwach genug. Zu stark, um eine Berechtigung zu haben, sich beim Wegräumen der Steine helfen zu lassen, zu stark, um auf etwas Gnade hoffen zu dürfen. “Aber eben trotzdem zu schwach”, wendest du ein, doch das bewirkt nichts. Wer Anrecht auf Hilfe hat, wurde bereits im Frühjahr festgelegt, wer erst jetzt fertig analysiert ist, kommt zu spät. Und überhaupt: Der Grenzwert für jene, die Anrecht auf Hilfe haben, ist klar festgelegt und dein Kind liegt knapp darüber. 

Wie es weitergeht? Du weisst es nicht. Aber du ahnst, dass die Last, dem Kind durch dieses System hindurch zu helfen, einzig und alleine auf den Schultern der Eltern zu liegen kommt.

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