Schnee für Götter: Was ist eigentlich Firn?

Firn-Abfahrten sind die Krönung der Skitouren-Saison. Was Firn ist und wie die perfekte Firn-Tour gelingt, zeigen wir hier!

Firn-Verhältnisse sind das letzte Stadium des Winters. Vergleichbar mit dem Moment, in dem aus einer Raupe ein Schmetterling wird. Schmetterlinge im Bauch hat gewiss, wer eine Abfahrt im Firn gut erwischt. Denn Firn ist der Untergrund, den man den Göttern ausrollen würde, wollten sie auf Skiern vom Olymp abfahren.

Er ist der Aggregatzustand des Wassers, den wir schon im Herbst herbeisehnen, krönt aber meist erst im Frühjahr die Skitouren-Saison. Firn, das ist der Weiße Trüffel unter den Schneearten, die Rolex der winterlichen Untergründe.

Genau deshalb nennen wir eine gelungene Abfahrt auf Firn die heilige Firnung und unternehmen jedes Frühjahr einen Firn-Ausflug im Alpenraum (Tipps am Ende des Beitrags). Doch was ist Firn überhaupt und was muss man für die perfekte Firnabfahrt beachten?

Was ist Firn?

Genug der Sentimentalität. Firn lässt sich auch ganz nüchtern beschreiben, so wie es der Meteorologe und begeisterte Skitourengeher Gerhard Hohenwarter für uns getan hat.

Streng genommen bezeichnet man als Firn nur Schnee, der mindestens einen Sommer überdauert hat. Dieser echte Firn ist deshalb nur auf Gletschern oder permanenten Schneefeldern anzutreffen. Im Laufe der Jahre entsteht aus mehrjährigem Firn Gletschereis. Aus diesem Grund werden Gletscher auch als Ferner bezeichnet – in der Schweiz ist Firn per se ein Ausdruck für Gletscher.

Firn Firnskitouren FrühjahrsskitourPerfekte Firnverhältnisse auf der Südseite der Silvretta. Schnee Götter: eigentlich Firn?Perfekte Firnverhältnisse auf der Südseite der Silvretta. Schnee Götter: eigentlich Firn?Perfekte Firnverhältnisse auf der Südseite der Silvretta.

Im Volksmund verwenden wir den Begriff Firn aber auch als Ausdruck für die buttrig weiche Schneeoberfläche auf hartem Grund, die im Frühling im Tagesverlauf entsteht, wenn die Sonne den harten Schneedeckel aufweicht.

Diese dünne Schneeschicht ist es, aus dem Tourengeherträume gemacht sind. Sie gilt es im Frühjahr aufzuspüren und die Abfahrt so zu planen, dass die Schneedecke nicht mehr hart, aber auch noch nicht zu weich ist – die große Kunst des Firnfahrens!

Streng genommen fahren wir dann aber auf Sulzschnee. Das ist der klassische Frühjahrsschnee, der durch Gefrieren und Auftauen firnige Eigenschaften aufweist.

So entsteht Firn bzw. Sulzschnee

Firn entwickelt sich während einer mehrtägigen Schönwetterphase an sonnigen Hängen. „Er entsteht durch wiederholten Frostwechsel“, erklärt Gerhard Hohenwarter. Tagsüber, wenn die Sonne mit ihrer vollen Kraft auf die Schneedecke scheint, weicht diese auf und durchfeuchtet. „Die Schneekristalle verlieren ihre feine, kantige Struktur und werden immer abgerundeter“.

Ist es in der darauffolgenden Nacht kalt genug, gefriert die Schneedecke wieder. Voraussetzung dafür ist, dass die Schneedecke abstrahlen kann. Das heißt, die Schneeoberfläche gibt ihre Wärme an die Atmosphäre ab und ihre oberste Schicht gefriert. Wichtig für diesen Prozess ist eine klare Nacht.

So entsteht über Nacht ein tragfähiger Schmelzharschdeckel, auf dem wir, ohne einzubrechen, aufsteigen können. Trifft im Laufe des Tages die Sonne auf die Schneedecke, weicht sie wieder auf und lockt mit einer buttrig weichen Oberfläche.

Dieser Vorgang wiederholt sich, solange die Nächte kalt und klar und die Tage sonnig und warm sind. „Dieser Prozess kann durch Regeneintrag beschleunigt werden. Dadurch nimmt die Schneehöhe zwar ab, der Schnee wird aber immer dichter“, ergänzt Gerhard Hohenwarter.

Knusprige Aufstiege

Wenn der durchfeuchtete Schnee nachts wieder friert, bildet sich an seiner Oberfläche ein Schmelzharschdeckel. Die Mächtigkeit und damit die Tragfähigkeit dieses Deckels hängt von mehreren Parametern ab: War die Durchfeuchtung an den Vortagen zu gering (Beginn der Firnbildung) liegt nur ein dünner nicht tragfähiger Deckel über dem noch nicht umgewandelten Lockerschnee. Ist die Schneedecke schon gut durchfeuchtet, hängt die Mächtigkeit des Deckels von der nächtlichen Abstrahlung ab.

„Hier ist nicht die Lufttemperatur alleine, sondern auch die Luftfeuchtigkeit ganz entscheidend“, betont Hohenwarter. Ist die Luft relativ trocken, bildet sich auch bei leicht positiven Temperaturen ein tragfähiger Schmelzharschdeckel. Bei hoher Luftfeuchtigkeit kann es hingegen sein, dass man trotz leicht negativer Temperaturen den gefürchteten Bruchharsch vorfindet. „Je trockener und kälter die Luft ist, desto tiefer hinein friert die Schneedecke!“

Ganz entscheiden sei zusätzlich der Wind. Windstille Verhältnisse begünstigen die Bildung von Kaltluft über der Schneedecke und damit die Bildung eines Harschdeckels. Auch die Mächtigkeit der Schneedecke selbst kann einen Einfluss haben. „Zuletzt hat natürlich auch die Nachtlänge einen Einfluss, denn je länger es finster ist, desto länger kann die Schneeoberfläche ihre Wärme an die Atmosphäre abgeben und dementsprechend auch abkühlen“, erklärt Gerhard Hohenwarter. Damit wir auf der Schneedecke gehen können, muss der Schmelzharschdeckel mehrere Zentimeter stark sein. Dann reicht die Schneedichte zusammen mit der Oberflächenspannung des gefrorenen Schnees aus, dass wir nicht einbrechen.

Auf dieser gefrorenen Schneedecke solltest du die Gefahr des Abrutschens nicht unterschätzen. Denn gerade bei sicheren Verhältnissen wagt man sich gerne an steile Touren heran, wo ein Ausrutschen einen Absturz über den ganzen Hang zur Folge haben könnte. Fühlst du dich unsicher, lege frühzeitig Harscheisen an oder wechsle auf Steigeisen!

Die große Kunst des Firnfahrens

Die große Kunst des Firnfahrens besteht darin, den perfekten Zeitpunkt für die Abfahrt zu finden und abzuschätzen, wann oder ob ein Hang überhaupt auffirnt. Das hängt von vielen Faktoren ab: Von der Temperatur in der Nacht, von der Temperatur unter tags, von der Tageszeit, von der Stärke der Sonneneinstrahlung, von der Ausrichtung und Steilheit des Hangs und ja, auch vom Wind.

Eine gute Ortskenntnis ist hier klar von Vorteil. Außerdem lohnt es sich, die Topographie des Geländes und die Wetterdaten besonders genau zu studieren.

Firn Firnskitouren Frühjahrsskitour Firn Firnskitouren Frühjahrsskitour Warten auf die heilige Firnung und das verdiente Abschlussbier nach der perfekten Abfahrt.

Das solltest du bei Firn-Verhältnissen beachten

Bei der Planung von Firnskitouren sei es wichtig, die Wetterverhältnisse in der Nacht zu kennen. „Es braucht klare, windarme Nächte mit geringer Luftfeuchtigkeit, damit die Schneedecke in der Nacht wieder durchfriert“, wiederholt Hohenwarter.

Tagsüber heißt es dann den Sonnenstand mit den aktuellen Wetterverhältnissen einzukalkulieren. „Je wärmer und sonniger es ist, desto früher muss ich unterwegs sein.“ Osthänge werden im Frühling vom Sonnenaufgang weg schon von der Sonne beschienen. Je steiler ein Hang ist, desto stärker wirkt die Sonneneinstrahlung. Bei der Planung gilt es also die Wetterverhältnisse (Temperatur, Wind, relative Luftfeuchtigkeit und Sonnenscheindauer) mit der Exposition der Tour zu verbinden.

„Auf der Tour selbst sollte man die Entwicklung der Schneedecke kritisch beobachten. Denn wer zu spät dran ist, wird nicht nur zum Sumpfschwein (tiefes Einsinken im durchfeuchteten Schnee), sondern riskiert auch eine höhere Lawinengefahr. Denn stark durchfeuchteter Schnee verliert seine Bindung und kann in Nassschneelawinen abgehen“, warnt Gerhard Hohenwarter.

Bei Firntouren haben wir häufig die Situation, dass am Vormittag bombensichere Lawinenverhältnisse herrschen. Dies kann sich bei tageszeitlicher Erwärmung aber schlagartig ändern. Dann nämlich, wenn durch intensive Sonneneinstrahlung die Schneedecke stark durchfeuchtet und die Gefahr von Nass- und Gleitschneelawinen steigt. Häufig gibt der Lawinenlagebericht am Vormittag Stufe 1, ab Mittag Stufe 2 oder sogar 3 aus. Ein typisches Gefahrenmuster für die Frühjahrszeit.

6 Tools für eine noch genauere Tourenplanung!

Geralds und auch unser Tipp: Starte bei Firnskitouren lieber früh genug und warte am Gipfel den perfekten Abfahrtszeitpunkt ab. Wer zu spät dran ist, findet nicht nur ungünstige Abfahrtsbedingungen vor, man geht auch ein größeres Risiko durch die höhere Lawinengefahr ein.

Ode an den Firn

Du hast den Aufstieg sicher hinter dich gebracht und die Schneedecke glänzt matt und schmierig unter deinen Skiern? Dann bist du bereit für die heilige Firnung! Ein Ritual, dem du den ganzen Winter entgegengefiebert hast. Denn nirgendwo sonst verschmelzen Ski und Schnee in einer perfekteren Harmonie, als bei einer Firnabfahrt. Der Untergrund so griffig und seifig zugleich, die Kanten schmieren um die Kurve, nach jedem Schwung wird dein Grinsen breiter und dein Seelenfrieden tiefer. Du gerätst in einen Zustand der Ekstase, den nur verstehen kann, wer selbst dem Firn verfallen ist.

Tipps für den nächsten Firnausflug

Wo die nächste Firnabfahrt suchen? Hier waren wir schon erfolgreich!

Skitouren Jenatschhütte Firn

Skitouren Jenatschhütte

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