Sanktionsfieber bei der Bundesanstalt für Arbeit

Nachdem viele Richter, Anwälte, Gewerkschaften und Parteien (GRÜNE, Die Linke) seit Jahren auf die klare Rechtswidrigkeit von SANKTIONEN hingewiesen hatten, nahm sich der Deutsche Bundestag jüngst der Fragestellung an. An und für sich eine längst überfällige Befassung mit der lange bekannten menschenunwürdigen und völlig rechtswidrigen Behandlung der Betroffenen.

Im Ausschuss für Arbeit und Soziales gab es am 06. Juni 2011 eine Anhörung, der sich die Politik nach den vielen kritischen Stimmen nicht mehr entziehen konnte. Mit BT-Drucksache 17/3207 (GRÜNE) und 17/5174 (Die Linke) rügten die Abgeordneten die “rechtswidrige” und “menschenunwürdige” Sanktionierung der Leistungsempfänger nach dem Sozialgesetzbuch (SGB).

Bündnis 90/Die Grünen formulieren in ihrer BT-Drucksache wie folgt:

Das ist der vollkommen falsche Weg, um Arbeitsuchende erfolgreich und dauerhaft in Arbeit zu vermitteln. Beispielhaft zeigt dies die Kritik an den besonders rigiden Sanktionsregeln gegen junge Menschen bis zu 25 Jahren. Diese Regeln werden nicht nur als verfassungsrechtlich bedenklich eingestuft. Ihnen wird außerdem eine fatale Wirkungsweise attestiert, weil sie die Betroffenen in Kleinkriminalität, Schwarzarbeit und Verschuldung treiben.

Die Partei Die Linke stützt sich in ihrer Begründung auf das HartzIV-Urteil des BVerfG vom 09.02.2010; es heißt dort:

Mit Urteil vom 9. Februar 2010, – 1 BvL 1/09 – (NZS 2010, S. 270 ff.) begründet das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) den Anspruch auf die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums mit expliziter Bezugnahme auf die Menschenwürde. An die bekannte Formel – „Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ergibt sich aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG“ – schließt sich der folgende Satz an:

„Art. 1 Abs. 1 GG begründet diesen Anspruch“ (BVerfG, a. a. O., S. 274). Im folgenden Absatz leitet das Bundes-verfassungsgericht allein aus Artikel 1 Absatz 1 GG einen Leistungsanspruch aus der Schutzpflicht des Staates her, da „sie [… die Würde jedes individuellen Menschen …] in Notlagen nur durch materielle Unterstützung gesichert werden kann“. Zudem muss der Leistungsanspruch so ausgestaltet sein, dass er stets den gesamten existenznotwendigen Bedarf jedes individuellen Grundrechtsträgers deckt (vgl. BVerfG a. a. O.).

Nach der Rechtsprechung lässt sich daher festhalten, dass  Artikel 1 Absatz 1 Satz 2 GG auch Schutz vor materieller Not begründet. Für die Sanktionen fehlt es damit aber an einer Legitimierung durch das Grundgesetz. Für bisherige Versuche Sanktionen zu begründen, verbleibt kein Raum mehr. Wenn die Gewährleistung eines Existenzminimums Teil der Menschenwürdegarantie und der daraus folgenden
Schutzpflicht des Staates ist, dann gilt dies in der entwickelten Würdedogmatik absolut. Die Menschenwürde ist nicht abwägungsfähig mit anderen Grundrechten und sonstigem Verfassungsrecht (vgl. nur BVerfG, Urteil vom 15. Februar 2006, – 1 BvR 357/05 – NJW 2006, S. 751 ff.; BVerfG, Beschluss vom 14. Dezember 2004, – 2 BvR 1249/04 – NJW 2005, S. 656 ff.).

Mit dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum ist daher eine gesetzliche Regelung unvereinbar, die zu einer Unterschreitung des Existenzminimums führt. Diese Konsequenz wird aber durch die Sanktionsregelungen bzw. Leistungseinschränkungen im SGB II bzw. im SGB XII billigend in Kauf genommen.

[Hervorhebung und Absätze durch den Verfasser dieses Artikels]

In der Begründung von Bündnis 90/Die Grünen wird auf folgende beinahe unglaubliche Planung der Taugenichtse der UNION und der FDP hingewiesen:

Trotz dieser Erkenntnisse will die Bundesregierung zukünftig erlauben, dass Sanktionen ohne schriftliche Rechtsfolgen-belehrung verhängt werden können. Damit würde die Rechtsstellung der Arbeitsuchen dennoch einmal verschlech-
tert. Daher darf dieser Plan nicht umgesetzt werden.

Ob solch ein Plan vor dem BVerfG Bestand haben würde, ist eher zu bezweifeln. Aber die Taugenichtse der UNION und der FDP und von Teilen der SPD haben ja bereits bewusst und vorsätzlich die grundgesetzwidrig ermittelten Regelbedarfe, die ab 1.1.2011 eingeführt wurden, durch den Bundesrat gebracht. Ein unglaublicher Vorgang, da allen “zustimmenden” Parteien und Ländern klar sein musste, dass die Regelbedarfe nach dem Gutachten von Prof. Dr. jur. Johannes Münder (TU Berlin, Lehrstuhl für Sozialrecht und Zivilrecht), das Ende 2010 veröffentlicht wurde, nicht der Rechtsfortschreibung des BVerfG (Urteil vom 09.02.2010, siehe oben) entsprach.

Diese Art der “Regierungskriminalität” ist nur möglich, weil es den “Tatbestand” des “Amtsmissbrauches” im deutschen Recht “real” nicht mehr gibt bzw. “Regierungsmitglieder” damit nicht zur Verantwortung gezogen werden können. Die Immunität schützt vor Strafverfolgung, obwohl so etwas wie “Rechtsbeugung” (vgl. § 339 StGB) im Sinne der zuvor angedeuteten klar  rechtsmissbräuchlichen Anwendung des Urteils des BVerfG vom 09.02.2010 stattfindet, aber weder die Regierungsmitglieder noch in der “rechtlichen” Realität die Beamten und Angestellten der Bundesanstalt für Arbeit und der Optionskommunen etwas zu befürchten haben.

Da “dürfen” allenfalls (noch) die Betroffenen klagen und den bis zu 5 Jahren andauernden Rechtsweg einschlagen, um die dann amtierende Bundesregierung – hoffentlich nicht mehr die Taugenichtse der UNION und der FDP – zu einer Neuberechnung des Regelbedarfes zu zwingen. Mit dieser Art der “Rechtsbeugung” wird in den Haushalten gespart. Die rechtswidrige Sparpolitik soll jetzt auch bei den Sanktionen greifen, damit die vielen fehlerhaften “Belehrungen” der Sozialagenturen und der Jobcenter in den  “Eingliederungsverein-barungen” (§ 15 SGB II) nicht mehr auftauchen und die Betroffenen sich in einer Situation befinden, die der braunen Willkür der 30er Jahre (Verpflichtung zum Arbeitsdienst) ähnelt: Der Bürger hat gefälligst der staatlichen Obrigkeit zu gehorchen, ansonsten drohen massive Strafen, bis hin zur Entziehung des “Existenzminimums”.

Man kann allgemein vielerorts feststellen, dass das braune Gedankengut auch nach 1945 noch  tief in der Gesellschaft, auch bei Politikern, bewusst/unbewusst verwurzelt ist, da die Entziehung des Existenzminimums für viele Politiker der UNION und der FDP und Teilen der SPD nach wie vor geradezu begrüßt wird. Man will  Menschen 2. Klasse schaffen, weil es die neoliberale Gier und die Abzockermentalität bzw. die fortgesetzte Umverteilung von unten nach oben erfordert. Denn wenn WENIGE reich bleiben wollen oder noch reicher werden wollen, dann müssen immer mehr Menschen “willig” und “rechtlos” in der Armut gehalten werden. Die ELITEN in der Gesellschaft nehmen sich das Recht heraus, Menschen unter das “Existenzminimum” zu drücken. Das ist die modernere Form faschistoiden Gedankengutes im Sinne der Ausgrenzung und Stigmatisierung von Menschen. Damals unter Anderem aus rassistischen Gründen, heute “nur” aus “Kosten- und Gewinngründen” und zur indirekten Disziplinierung der Arbeitnehmer, die sich vor dem Abstieg fürchten. Der “ideologischen Rassen-Wahnwitz” wurde durch den “neoliberalen Wahnwitz” der zügellosen und die Menschen verachtenden Ideologie der Globalisierung abgelöst, die geradezu auf die hegemoniale Machtausübung (Stichworte: Militär, neue Nato-Doktrin, Sicherung der Rohstoffquellen) und Unterdrückung der Menschen (Stichworte: HartzIV-Gesetzgebung zur Disziplinierung und Unterdrückung der Menschen, Ausbau Niedriglohnsektor wie 1-Euro-Jobs, Leiharbeit usw.) aufbaut.

Beiden Ideologien ist die Diskriminierung, Stigmatisierung (Stichworte: “spätrömische Dekadenz”, HartzIV – Empfänger in der “sozialen Hängematte”, …) und Unterdrückung von Menschen immanent. Die vermeintliche Freiheit, die im Wort “liberal” angedeutet wird, ist in Wirklichkeit eine “euphemistische Ablenkung” der Bürger. Nur nebenbei sei erwähnt, dass mit dieser Art des Umganges mit “Arbeitslosen” die Disziplin und der Lohnverzicht der “Noch-Arbeitsplatz-Inhaber” gefördert wird.

Zur “Effizienzsteigerung” der verhängten Sanktionsmaßnahmen werden sogar Schulungen abgehalten, ähnlich wie bei Arbeitgebern, die sich besonders schmutzige Tricks beibringen lassen, wie man Arbeitnehmer “ohne wirklichen Grund” entlassen bzw. aus dem Unternehmen drängen kann.

Daher wundert es an und für sich nicht, wenn Vertreter der Arbeitgeber bei der Anhörung folgendes äußern:

Christian Dorenkamp von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände betonte hingegen, die Solidarität mit Hilfebedürftigen dürfe keine ”Einbahnstraße“ sein. ”Denn auch Menschen mit geringem Einkommen finanzieren die soziale Grundsicherung mit und können daher eine Gegenleistung erwarten.“

Wer MACHT und EINFLUSS ausüben will, der spielt “Arbeitslose” und “Noch-Arbeitsplatz-Besitzer” gegeneinander aus. Und die Taugenichtse der UNION und der FDP können sich darauf verlassen, dass die GEZ-Journaille solche “Weisheiten” häufig verbreiten. Denn nichts wirkt nachhaltiger, wie eine vermeintlich einleuchtende “Schein-Logik”. Die Realität sieht allerdings ganz anders aus: Die Menschen mit geringem Einkommen haben kaum eine Chance, jemals wieder eine “auskömmliche Bezahlung” zu erhalten. Dafür sorgen bereits die 1-Euro-Jobber und die Leiharbeiter, die durch die HartzIV-Regelungen quasi zur “Zwangsarbeit” gegen “Aufwandsentschädigung” (= vergleichbar mit den Werbungskosten wie Fahrgeld usw.) verpflichtet werden.

Beinahe unbekannt in der Bevölkerung ist, dass sich um die 1-Euro-Jobber und der neu erfundenen “öffentlichen Beschäftigung” geradezu ein MARKT gebildet hat, der die Notlage der Menschen schamlos ausnutzt. Das gilt für Kommunen, aber auch für private Unternehmen. Da stopfen sich nicht wenige Schmarotzer die Taschen voll, teilweise durch Gründung mehr als windiger Gesellschaften und “gemeinnütziger Vereine”. Da gibt es so etwas wie eine “Kopfpauschale” im Sinne einer “Funktionsträgergebühr” und andere “Förderquellen”, finanziert letztlich über den Steuerzahler mit jährlich mehreren Milliarden Euro. Dass dadurch so gut wie gar nicht Arbeitsplätze im 1. Arbeitsmarkt entstehen (können), versteht sich von selbst. Da wollen ja die “Nutznießer” des “Arbeitslosen-Marktes” auch weiterhin kräftig verdienen. Da braucht es geradezu die 1-Euro-Jobber und die Praktika und die “öffentliche Beschäftigung”, selbstredend über eingetragene Vereine und ähnliche Gesellschaften. Auch zur Aufrechterhaltung dieser “Geschäfte” mit den Arbeitslosen braucht es Instrumente zur “Disziplinierung”, insbesondere für Erwachsene unter 25 J., die das üble Spiel nach ein paar Wochen durchschauen und die sich der weiteren “Versklavung” entziehen wollen. Denn wer einmal in der “Mühle” der Behörden-Versklavung drin ist, findet nur schwer alleine wieder heraus. Da braucht es dann professionelle Unterstützung von Selbsthilfegruppen und Sozialanwälten aber auch Bürgern, die sich der Versklavung von Menschen entgegenstemmen.

Der neoliberale Zeitgeist beutet bekanntlich seit vielen Jahren die Kommunen aus. Deshalb überrascht es nicht, dass um die “Arbeitslosigkeit” herum findige Kommunal-Eliten die “Optionskommunen” und die Jobcenter entdeckt haben. Die “Arbeitslosigkeit” wurde zu einem perfiden “neoliberalen” Geschäft entwickelt. Nicht selten werden 1-Euro-Jobber oder “öffentlich Beschäftigte” (über private Firmen betreute Arbeitslose) vom 1. Arbeitsmarkt abgehalten, wenn sie aufgrund ihrer Eigeninitiative einen besser bezahlten Job gefunden haben. Schließlich will man ja nicht auf die “Funktionsträgergebühren” (Betreuung und ähnliche einträgliche Aufgaben; aus Sicht des Arbeitslosen meistens völlig nutzlos) verzichten, die so reichlich fließen. Das gelingt aber nur, wenn man die Betroffenen über die SANKTIONEN “folgsam” halten kann. Die Betroffenen sollen gefälligst den Weisungen der Behörde und der “privaten Nutznießer” folgen, damit das Geld des Steuerzahlers auch weiterhin so reichlich fließt. Politik und Behörden und Unternehmen haben sich darauf verständigt, die “Arbeitslosigkeit” gewinnbringend zu verwalten.

Auch deshalb werden die Bürger mit gefälschten Zahlen über den tatsächlichen Umfang der Arbeitslosigkeit getäuscht.

Bei rd. 5,5 Millionen SGB II/XII – Empfängern (nur arbeitsfähige Leistungsbezieher) weist die Statistik nur 2,9 Millionen Arbeitslose aus! Die arbeitswilligen “Niedriglöhner”, 1-Euro-Jobber, Leiharbeiter, Arbeitslosen und 400-Euro-Jobber haben einen Umfang von rd. 7,5 Millionen. Demgegenüber wurden im Mai 2011 offene Stellen im Umfang von 470 Tsd. ausgewiesen. Mit anderen Worten: Allenfalls 6 % bis 7 % derjenigen, die einen “auskömmlich bezahlten Arbeitsplatz” suchen, haben eine (theoretische Chance), solch einen Arbeitsplatz zu finden. Aber die Taugenichtse der UNION und der FDP und Teilen der SPD will den Bürgern vermitteln, als ob JEDER eine Arbeit finden könne, wenn er nur will. Richtig ist vielmehr, dass mindestens 94 % der Arbeitslosen und prekär beschäftigten Arbeitnehmer keine Chance haben, ein “normales Leben” zu führen. Die Behauptung der eiskalten Arbeitsministerin von der Leyen (CDU; “eiskalt” nach Sigmar Gabriel, SPD), HartzIV sei ja nur so eine Art “Brückendasein”, ist eine schlimme Lüge. Der Bezug von Leistungen nach SGB ist für viele Bürger in Wirklichkeit die Endstation, weil die Unternehmen sich geradezu auf die “prekären Arbeitsverhältnisse” und die “Aufstockung” durch den Staat, um das (kriminell zu niedrig berechnete) Existenzminimum sicherzustellen, eingerichtet haben.

Und wer will schon auf diese “Zusatz-Gewinne” aus der Subventionierung des Staates verzichten; das gilt auch für Kommunen bzw. die “öffentliche Beschäftigung” (Entlastung der Kommunal-Finanzen).

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, warum die Meinungsäußerungen zu den “Sanktionen” bei der Anhörung so unterschiedlich ausfielen. Auch die Kirchen verdienen prächtig an den Arbeitslosen. Und es war schon immer “Glaubensüberzeugung”, dass die “Schäfchen” sich in das Schicksal des “weltlichen Leidens” einfügen sollen.

Es wird auch nun verständlich, warum nur 2,9 Millionen Menschen in der Arbeitslosenstatistik enthalten sind. Die anderen rund 5 Millionen Menschen sollen sich gefälligst mit dem Schicksal der “prekären Arbeitsverhältnisse” bzw. der “Sklavenhaltung” abfinden! Erwünscht sind junge, unkritische und willige Arbeitnehmer aus dem europäischen und außereuropäischen Ausland, die das Lohn- und Gehaltsniveau auf Sicht noch weiter reduzieren. Die vielen gut ausgebildeten ungezählten Arbeitslosen und prekär beschäftigten Arbeitnehmer, die den Wert ihrer Arbeit noch kennen und ihn am 1. Arbeitsmarkt einfordern (würden), sind unerwünscht. Und besonders für diese Menschen braucht man die Sanktionen!

Wer den neoliberalen, die Menschen verachtenden Wahnwitz beenden will, der muss die UNION und die FDP konsequent aus der Regierungsverantwortung in Bund, Ländern und Kommunen entfernen.

Jede andere Regierungskoalition ist ein Segen für Deutschland und die EU und die Zukunft der Kinder.

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