Sade

Sade (Festhalle Frankfurt)

Sade Adu verabscheut Inszenierungen abseits der Bühne. Ihr Privatleben ist Tabu, Interviews lehnt sie kategorisch ab. „Anti-Madonna“ wird sie deshalb auch genannt. Doch das kann der Britin mit nigerianischen Wurzeln egal sein, denn sie spielt in einer ganz eigenen Liga, wie 50 Millionen verkaufte Tonträger belegen. Selbst wenn es jahrelang still um Sade Adu war, wird sie bei ihrer Rückkehr in ausverkauften Hallen empfangen. Ihre Anziehungskraft ist magisch. Nach 18 Jahren Pause präsentiert sie sich erstmals auch wieder auf deutschen Bühnen. In Frankfurt haben wir das Comeback der Bühnendiva miterlebt. Die Festhalle war natürlich ausverkauft.

Eigentlich ist Helen Folasade Adu nur die Frontfrau des erfolgreichen Quartetts namens Sade, das seit 1984 in gleicher Besetzung mit Stuart Matthewman an Gitarre und Saxophon, Paul Spencer Denman am Bass und Andrew Hale am Keyboard zusammen musiziert. In der Regel wird Sade aber auf seine gleichermaßen cool wie charismatische Frontfrau reduziert. Zehn lange Jahre ließ die Band auf eine neue Veröffentlichung warten, ehe Soldier of Love 2010 erschien. Enttäuscht haben sie damit nicht, doch die Feuertaufe stand mit der bevorstehenden Welttournee erst noch an.

Sade (Festhalle Frankfurt)Eröffnet wurde der Abend in Frankfurt von The Jolly Boys. Als Boys gehen die Mitglieder der jamaikanischen Rentnertruppe allerdings nur noch mit Augenzwinkern durch – 1955 haben sie sich formiert, vier Jahre bevor Sade Adu geboren wurde. Mit munteren Coverversionen von Do It Again, Golden Brown oder Rehab, die sie allesamt im folkloristischen Mento-Stil – einem Vorläufer des Reggaes – vortrugen, sorgten sie für angenehme Stimmung. Wer im Anschluss eine Verkettung meditativen Schlafzimmer-Grooves erwartete, hatte weit gefehlt. Mit bombastischem Bühnenbild und apokalyptischen Drumschlägen zog Sade zum Marschrhythmus von Soldier Of Love in die ausverkaufte Festhalle in Frankfurt ein. „Perfektion“ beschreibt die nachfolgenden zwei Stunden am besten. Geschmeidiger Bar-Jazz, der durch aufwendige Projektionen in Film-Noir-Ästhetik und wechselnde Passepartouts inszeniert wurde, traf auf treibende Beat-Arrangements, der die 7.500 Zuschauer immer wieder von den Sitzen holte.

Während das Saxophon beim einfühlsam gehauchten Your Love Is King zum ersten Mal zum tragen kam und unmittelbar bis ins Rückenmark hervorstach, zeigten Sade mit Bring Me Home eine Kostprobe der modernen Elemente des neuen Albums: pochende Bässe und Synthesizersounds. Dass Sade Adu vom Planeten der Liebe stammt, stellte sie mit No Ordinary Love, Still In Love With You und All About Our Love unmissverständlich klar. Gerade aber, als man sich inmitten all des Schwelgens dabei ertappte, die thematisch limitierten Inhalte zu verurteilen, setzte sie speziell mit letzterem Stück wieder Akzente. Eine beeindruckende Helikoptersimulation mit Suchscheinwerfern und Rotorengeratter, die mir dem fanfarigen Drumset einhergingen, verliehen dem Titel nachdrückliche Intensität. Überhaupt gab es zu jedem Stück eine meist cineastische Inszenierung durch Visualisierungen, Vorhänge und Scheinwerfer. So auch das durch ein langes Intro zelebrierte Smooth Operator – der ultimativen Blaupause für Smooth Jazz.

Sade (Festhalle Frankfurt)Als böte die sympathisch erstrahlende Schönheit nicht schon genug Reize für das Auge, ließ sich die 52-jährige immer wieder eine neue Kulisse schaffen und passte sich selbst oft mit wechselndem Outfit an. Alles zum Ärger der Fotografen, die von der Sängerin in einen Fotograben vor die hintersten Ränge verbannt wurden und sich der Diva nur mit Weitwinkel annähern konnten. Für Jezebel und Pearls rückte die Band in den Hintergrund, bei Is It a Crime fielen Vorhänge in samtenem Rot von der Decke. Nach Kiss Of Live und The Sweetest Taboo lud Adu dann mit offenem Haar und in weißer Abendrobe in ihr überdimensionales Schlafgemach um King of Sorrow zu performen. Alles mit einer Stimme in strahlendem Timbre, das live noch viel größere Entfaltung offenbarte als Studioaufnahmen je einfangen könnten. Paradise und Nothing Can Come Between Us bildeten dann den Auftakt zum Finale By Your Side, das im Glitterregen etwas kitschig eingebettet wurde. Mit „Frankfurt, I love being by your side“ verabschiedete sich Sade Adu schließlich von der Bühne, um kurz darauf überraschend in knallrotem Dress wieder zu erscheinen und das Encore Cherish The Day zu spielen. Ein rundum perfekter Sade Auftritt mit grandios aufgelegter Frontfrau nahm damit exakt nach zwei Stunden sein Ende. Man darf gespannt sein, wann sich die bezaubernde Diva wieder zurück meldet…

Andreas Margara (14. Mai 2011)


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