Risikozone Einkaufspassage

„Wenn du erst einmal Mutter bist, dann wirst auch du unter die Online-Shopper gehen“, da war sich meine Freundin sicher. Ich bin überzeugte Stadt-Einkäuferin, Online-Shops besuche ich nur im äußersten Notfall und meistens bin ich von den Notfalleinkäufen ziemlich enttäuscht. An meiner Abneigung hat sich auch nichts geändert seitdem ich Mutter bin. Meine Freundin sollte Unrecht behalten. Wo sie aber definitiv Recht hatte, war mit der Voraussagung, dass Shoppen mit Kindern ein heikles Thema ist.

Anfangs war unser Sohn eine regelrechte Schlafmütze. In den ersten Monaten meiner Elternzeit streifte ich liebend gerne mit friedlich schlafendem Baby durch Hamburgs Läden. Doch spätestens seitdem wir im Rheinland wohnen, beim Umzug war unser Sohn sechs Monate alt, hat unser Sohn immer öfter keine Lust mehr auf Shopping-Touren. Manchmal kann ich ihn mit den Karussellen und Autos vor den Geschäften locken – die ich natürlich nicht mit Geld füttere – aber oftmals ist Shoppen einfach nicht angesagt. Denn ein schreiendes, wütendes und sich windendes Kind erstickt auch die größte Einkaufslust im Keim. 

Wut, Gebrüll und kritische Blicke

Doch manchmal, da ist es nicht die Lust, die mich treibt, sondern die Notwendigkeit. Ich erinnere mich noch zu gut an einen Nachmittag, an dem ich mit einem gut gelaunten Sohn in Richtung Innenstadt radelte, um mich auf die Suche nach einem Geburtstagsgeschenk für eine gute Freundin zu begeben. Eine grobe Vorstellung hatte ich: Irgendetwas für ihre Wohnung. Denn die Freundin wohnt nun in der Wohnung, in der ich zuletzt gemeinsam mit dem Vater in Hamburg lebte. Doch kaum hatte ich den ersten Laden betreten, nahm das Drama seinen Lauf.

Unser Sohn steuerte zielstrebig auf große Glasvasen zu. Noch so gerade konnte ich mich zwischen die Vasen und seine Händchen quetschen, um Schlimmeres zu verhindern. Die Vasen blieben unverschont, aber ich bekam den Unmut unseres Sohnes deutlich zu spüren. Kratzend, tretend, schlagend und laut schreiend ließ er keinen Zweifel daran, dass er mein Dazwischengehen nicht gut fand. Auf dem Arm konnte ich ihn nicht behalten, wollte ich auch nicht, denn er tat mir richtig weh. Also setzte ich ihn auf den Boden. „Das kann die doch nicht machen“, wisperte eine ältere Dame ihrer Freundin zu. Stimmt, konnte ich nicht, sondern musste ich irgendwie. Denn ich sah es nicht ein, dass unser Sohn ausrastete, nur weil er seinen Willen nicht bekam. Ich erklärte ihm, so ruhig ich konnte, dass er die Vasen nicht anfassen kann, weil sie sonst kaputt gehen können.

Derweil schrie und tobte er weiter. Die Damen dachten wohl, ich sei irre, auf ein schreiendes Kind einzureden, es verstünde mich doch ohnehin nicht. Ich fühlte mich schrecklich unwohl in der Situation. So unwohl, dass ich mich dazu entschied, nicht konsequent zu sein, den Laden zu verlassen und den Kampf nicht weiter zu kämpfen. Doch da hatte ich die Rechnung ohne unseren Sohnemann gemacht. Denn den Laden verlassen, wollte er erst recht nicht. Irgendwie schaffte ich es, Taschen, Fahrradhelme und tobendes Kind aus dem Laden zu tragen. Draußen angekommen ließ ich ihn auf den Boden, denn auf meinem Arm wollte er nicht sein. Und dann nahm der Wutanfall erst richtig Fahrt auf: Unser Sohn legte sich auf den Boden, schrie wie am Spieß und schlug seinen Kopf auf den Boden. Mir waren alle Blicke der Passanten garantiert. Ich konnte nicht mehr und da saß ich neben einem wutentbrannten Kind, wartete darauf, dass es sich beruhigte und weinte. Aus Hilflosigkeit, aus Wut auf die Passanten, die so dämlich guckten, aus Ratlosigkeit, wie ich mich nun richtig verhalten sollte. Eingekauft habe ich an diesem Tag in einem anderen Laden, nachdem unser Sohn sich beruhigt hatte. Die Freundin musste sich mit Kaffee, Wein und einem Buch zufrieden geben und ich musste einsehen, dass es manchmal nicht so läuft, wie ich es mir vorgestellt habe. 

Einkaufen will gelernt sein

Es gibt diese Einkaufserlebnisse, die einfach nur schrecklich sind. Trotzdem will ich mich nicht einschränken lassen. Unser Sohn soll lernen, dass wir ab und an in Geschäfte gehen und dort bestimmte Regeln gelten. Es gibt Tage, da ist er der perfekte Shopping-Begleiter, hüpft fröhlich durch die Läden und verzaubert sämtliche Leute mit seinem Charme. Und dann gibt es die Tage, die einfach katastrophal sind. Es ist unberechenbar. Aber wir werden es weiter und immer wieder versuchen. So muss unser Sohn lernen, sich an bestimmte Regeln zu halten und ich muss lernen, mit verständnislosen, kritischen Blicken und Kommentaren umzugehen. 

Auch der Wocheneinkauf ist so ein Thema. Wann immer es möglich ist, kaufen der Vater und ich gemeinsam mit unserem Sohn ein. Eigentlich ist der obligatorische Supermarktbesuch einmal in der Woche ein Highlight für unseren Sohn. Eigentlich. Denn es gibt auch die Tage, an denen schon der Einkaufswagen mit allen Leibeskräften angebrüllt wird. Keine Ahnung, wie man so einkaufen gehen soll. Aber noch weniger sehe ich es ein, unvollendeter Dinge wieder nach Hause zu fahren. Denn der Kühlschrank ist leer, Windeln haben wir auch keine mehr und die Haare werden nur mit einer Wasserwäsche auch nicht schöner. Ich versuche in solchen Situationen, Ruhe zu bewahren, unserem Sohn zu erklären, dass wir nur kurz einkaufen gehen und dass wir danach nach Hause fahren und spielen. Er soll verstehen, dass Einkaufen dazu gehört. Dabei möchte ich ihn weder mit Essen noch Sonstigem ruhig stellen. Ob mein oder unser Weg richtig ist, das weiß ich nicht. Aber ich habe das Gefühl, dass es besser wird. Je größer unser Sohn wird, desto mehr binden wir ihn ein: Er legt die Waren in den Einkaufskorb, darf sich eine Paprika aussuchen und bei der Kassiererin bezahlen. Die Einkäufe dauern dann gerne doppelt und dreifach so lange. Aber wir kommen gut gelaunt und entspannt zu Hause an. Aber auch das Einbeziehen ist kein Garant für einen gelungenen entspannten Einkauf. Ein gewisses Risiko besteht einfach immer. 

Tipps und Tricks für das gemeinsame Einkaufserlebnis

Infografik einkaufen mit KindernAlle Eltern, die ich bis jetzt kennen gelernt habe, hatten schon gute und schlechte Einkaufserlebnisse und alle haben ihre Art und Weise entwickelt, einkaufen zu gehen. Es ist sicherlich immer eine Typfrage und hängt ganz entscheidend von den Kindern, den Eltern und deren Beziehung ab. Dennoch gibt es sicherlich einige Tipps und Tricks, die bei allen funktionieren. Und ganz bestimmt gibt es auch Verhaltensweisen der Eltern, die es gilt, tunlichst zu vermeiden. Sehr hilfreich finde ich die Studie „Stressfrei einkaufen mit Kindern“ von Marktjagd, bei der über 500 Eltern zu ihren Gewohnheiten, Wünschen und Problemen beim Einkaufen mit ihren Kindern befragt wurden. Darin enthalten sind Fakten, persönliche Geschichten, aber auch Tipps für das Einkaufen in Familie, die in Kooperation mit dem Wissenschaftler Maik Sawatzki vom Institut für Erziehungswissenschaft im Arbeitsbereich Sozialpädagogik der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster entstanden sind. Einige Tipps werde ich sicherlich ausprobieren und bei Zeiten berichten. 

Hier geht’s zur Studie


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