Rezension: Das kunstseidene Mädchen

Rezension: Das kunstseidene Mädchen
Das Kunstseidene MädchenIrmgard Keun242 Seiten
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„Und ich denke, daß es gut ist, wenn ich alles beschreibe, weil ich ein ungewöhnlicher Mensch bin. Ich denke nicht  an Tagebuch – das ist lächerlich für ein Mädchen von achtzehn und auch sonst auf der Höhe. Aber ich will schreiben wie Film, denn so ist mein Leben und wird noch mehr so sein.“

Dieses von der Protagonistin geäußerte Zitat könnte ebenso von der Autorin selbst, Irmgard Keun, stammen. Die 1905 in Berlin geborene Keun hat einiges mit Doris, der Heldin ihres Romans, gemein. Beide arbeiten am Theater und beginnen aus einer Laune heraus ein Buch zu verfassen. Doris hält ihr Leben in diesem Büchlein fest. Zu Beginn arbeitet das junge Mädchen als Sekretärin eines Juristen. Dieser jedoch findet: „nackt ohne Kleider bist du mir am liebsten.“ Doris schmeißt hin und kann dank ihrer Mutter, die als Garderobiere im Theater arbeitet, dort eine kleine Rolle als Statistin ergattern. Doch ein Fehmantel wird ihr zum Verhängnis. Sie stielt ihn und flieht daraufhin nach Berlin, wo sie glaubt „ein Glanz“ werden zu können. Tatsächlich kann sie hier und da Aufmerksamkeit, besonders männliche, erregen und findet Gönner und auch Freundschaft. Nicht davon jedoch auf Dauer. Sie muss mit ansehen, wie ihre Träume, Wünsche und Hoffnungen in immer weitere Ferne rücken und spielt letzten Endes mit dem Gedanken, auf den Strich zu gehen. Vollkommen abgemagert und am Rande der Verzweiflung, bereit anzuschaffen, trifft sie auf Ernst. Vielleicht ist dies die Wende ihres bis dahin zweifelhaften Daseins?
Schon zu Beginn erkennt man recht schnell, dass man es nicht mit einer zeitgenössischen Autorin zu tun hat. Die Sprache unterscheidet sich deutlich von der uns heute geläufigen und am Anfang wirkt daher alles etwas gestellt, fern, unnahbar.  Sätze wie „Ich will ein Glanz werden!“ wirken fremd auf den Leser, doch das Gefühl legt sich rasch ab. Es handelt sich bei „Das kunstseidene Mädchen“ um eine sehr authentische Geschichte eines jungen Mädchens, das mehr als genug Fehler begeht und doch nur hofft, eines Tages wirklich glücklich zu sein, Beachtung zu finden. Doch es gelingt der eher „niederen“ Doris nicht, den gewünschten Sprung in die gehobene Gesellschaft zu vollziehen. Die reichen Herren haben zwar Affären mit ihr, doch letztlich wird sie stets fallen gelassen. Denn Doris und die „Besseren“ verbindet nichts. Besonders deutlich wird das in der Beziehung zu Ernst. Dieser schwärmt von Schubert und Tschaikowsky, Musik die seine davongelaufene Frau liebte. Doris kann damit nichts anfangen, liebt hingegen Schlager.  Die junge Frau muss einmal mehr spüren, dass sie in dieser Welt falsch am Platz ist. Das Buch ist definitiv sehr empfehlenswert. Die "Roaring Twenties" werden von einer Schriftstellerin so greifbar dargestellt, das man selbst in das Geschehen Berlins in den 1920ern eintaucht. Mir persönlich war gar nicht so recht klar, wie ein junges Mädchen da lebte oder leben konnte. Vieles hat mich sehr überrascht, manches mich bestätigt. "Das kunstseidene Mädchen" zieht einen in seinen Bann. Mit der leichten Art, mit der die Schriftstellerin erzählt, wird es auch nie langweilig oder zäh. Es kommt einem eher so vor, als stünde Doris vor einem und plaudere über ihr Leben. Ein wirklich wunderschönes Portrait.Im Anhang befinden sich zwei kurze Anmerkungen zum Text und zu Keun selbst. Die beiden Texte von Anette Keck und Anna Barbara Hagin tragen zum besseren Verständnis bei und liefern zugleich eine kurze Biografie einer zu Unrecht vergessenen deutschen Schriftstellerin. Ich muss zugeben, ich kannte Irmgard Keun zuvor nicht. Nun bereue ich es und werde mir bald ein weiteres Buch dieser interessanten Frau zulegen.Rezension: Das kunstseidene Mädchen

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