Pleiten, Pech und Pannen – kleine schottische Disaster

Wenn einer eine Reise tut – so hat er was zu erzählen. An diesem alten Sprichwort ist sehr viel Wahres – doch nicht immer nur im guten Sinne. Fast jeder von uns berichtet gern über schöne Urlaubsmomente und all die wundersamen, tollen Erinnerungen, die wir auf unserem Weg durch die Welt sammeln dürfen. Aber nicht alle Erinnerungen sind auch gute.

Als Teilzeit-Reiseblogger neige ich dazu, nur die Sonnenseiten des Reisens zu beleuchten – kleine oder auch größere Pannen, davon berichte ich hier eigentlich nicht. Schließlich ist Reisen für mich die vielleicht schönste Sache der Welt. Ich will und werde niemandem ein Reiseziel madig machen, wenn ich eigentlich davon überzeugt bin, dass ein Besuch sich lohnt.

Doch vor allem habe ich bisher auch immer geglaubt, ein großes Glückskind zu sein, was Pannen oder gar ungearnte Katastrophen auf Reisen betrifft. Zweifelhaftes Essen, Ausblicke auf Betonwände, Baustelle statt Pool – all die Klassiker, die einen Urlaub auf so unschöne Art und Weise unvergesslich machen können, waren stets an mir vorüber gegangen.

Mag sein, ich bin auch recht hart gesotten und erwarte immer etwas weniger als bestellt. Für mich waren anderthalb Kakerlaken – die erste war bei Anreise bereits verstorben und wurde daher nur als halbe gezählt – in einem Hotel direkt am Termini in Rom nicht nur vertretbar, sie gehörten quasi schon zum guten Ton. Ein ausgefallener Bus in El Toboso hielt mich nicht von Madrid fern, sondern bescherte mir einen Tag mehr in dem beschaulichen Örtchen.

Nur eines kann mich auf Reisen wirklich aus der Bahn werfen: Wenn ein guter Plan nicht aufgeht!

Der Lange Weg zum Loch Katrine – Irrwege auf schottischen Single Track Roads

Eigentlich hätte es so einfach sein sollen. Wir waren gut in den schottischen Lowlands angekommen und hatten bereits Perth und die nähere Umgebung erkundet. Von Glenfood aus sollte es dann in den Loch Lomond & Trossachs National Park gehen. Also starteten wir, vorüber am Loch Earn und weiter nach Balquhidder. Bereits hier fiel uns das erste mal auf, dass schottische Straßen nicht immer unbedingt das sind, was wir als Deutsche erwartet hätte. Mehr als einmal fanden wir uns auf einem engen, einsamen Feldweg wieder, von dem wir uns nur schwer vorstellen konnten, dass er uns tatsächlich zu unserem Ziel führen würde – doch er tat es jedes Mal wieder aufs Neue.

Straße nach Balquhidder

Straße nach Balquhidder

Zugegeben, uns fehlte zu diesem Zeitpunkt noch ein wenig die Erfahrung mit Roadtrips, aber wir schlugen uns tapfer und genossen die herrliche, raue Landschaft, auch wenn sie unserem Reisegefährt – ein gemieteter Kleinwagen – hier und da doch etwas zusetzte. Also fuhren wir weiter in Richtung Callander, um in Kilmahog auf die A821 abzubiegen, mit dem Ziel, zur Anlegestelle der SS Sir Walter Scott zu gelangen. Von hier wollten wir mit dem alten Dampfschiff ab dem Trossachs Pier, an der Ostspitze des Sees gelegen, über Loch Katrine schippern.

Doch erstens kommt es anders und zweitens … sollte man manchmal dem Navi doch mehr trauen, als den eigenen Fertigkeiten im Kartenlesen. Natürlich verpassten wir die richtige Abzweigung und fuhren zu weit. Als wir schließlich doch einen Weg Richtung Westen einschlugen, kamen wir außerplanmäßig am Lake of Menteith vorüber – der einzige See Schottlands, der kein Loch ist – und landeten schließlich in Aberfoyle. Von hier wäre es noch immer ein leichtes gewesen zum Trossachs Pier zu gelangen – aber nicht mit uns.

Dem Navi hatten wir ohnehin bereits das Misstrauen ausgesprochen und auf unserer Karte des Parks gab es eine leuchtend gelbe Straße. Die musste es doch sein. Bedauerlicherweise war uns nicht klar, was die roten Straßen von den gelben unterschied. Wir sollten es als bald merken.

Als wir auf das Schild mit der Aufschrift Single Track Road trafen, dachten wir uns noch nichts dabei. Enge, holprige Straßen kannten wir ja bereits. Es kam natürlich schlimmer, als wir dachten. Vor uns lagen etwa 17 Kilometer schmalster Schotterweg ohne jede Wendemöglichkeit. Nach etwa der Hälfte der Strecke dämmerte uns, dass wir so wohl nicht am richtigen Ende des Loch Katrine ankommen würden. Doch es gab kein zurück mehr.

Nach gefühlten drei Stunden, die vermutlich nur eine waren und vollkommen entnervt kamen wir schließlich an einem großen See und sogar einem Anleger an. Bei dem See handelte es sich überraschenderweise um den ersehnten Loch Katrine, doch der Anleger war nicht jener an der Ostspitze des Sees, sondern lag sehr viel weiter westlich am Nordufer. Natürlich waren wir zu spät, um von hier aus doch noch mit dem Boot über den See zu fahren und auch zu unserem Auto zurück zu kommen.

Pleiten, Pech und Pannen – kleine schottische Disaster Pleiten, Pech und Pannen – kleine schottische Disaster Pleiten, Pech und Pannen – kleine schottische Disaster

So blieb uns nichts anderes übrig, als unverrichteter Dinge wieder abzuziehen. Und zwar auf gleichem Wege zurück über die staubige Single Track Road. Als wir endlich in Stirling ankamen, war es bereits so spät, das man uns am Stirling Castle sprichwörtlich die Tür vor der Nase zuwarf. Hätte uns die märchenhafte und in der Dämmerung fast menschenleere Stadt nicht mit ihrem wunderbaren Charme vergangener Tage und einem herrlichen Sonnenuntergang empfangen – der Tag wäre wohl vollkommen im Eimer gewesen. Den letzten Ärger ertränkten wir zurück in Glenfood mit einem Glas gutem schottischen Wiskey. Slàinte mhath!

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Ankommen in Oban – von verlorenen Buchungen und dubiosem Lilienduft

Am meisten geärgert an dem kleinen Missgeschick rund um unseren Versuch zum Loch Katrine zu gelangen hat mich, dass meine wohl überlegte Tagesplanung nicht aufgegangen war. Mehr als etwas Zeit hatten wir schließlich nicht verloren und so konnte unsere Reise weitergehen.

Als wir einige Tage später von Invergarry aus weiter Richtung Oban fuhren, rief ich von unterwegs den Betreiber des Hostels an, in dem ich für uns ein Doppelzimmer gebucht hatte. Ich wollte wie gewünscht durchgeben, wann wir etwa in Oban ankommen würden, doch leider wußte der gute Jeremy so rein gar nichts davon, dass wir ein Zimmer bei ihm reserviert hatten.

Er sei außerdem vollkommen überbucht und wisse jetzt schon nicht so recht, wie er alle Leute unterbringen solle, aber wir sollten erst einmal kommen. Was wir dann auch taten.

Zugegeben, ein Hostel zu buchen war von vornherein keine gute Idee, denn ich war mit Mister Comfort himself unterwegs und bisher waren wir nur in guten bis sehr guten B&Bs und Guesthouses abgestiegen. Wir hatten in super sauberen Laken, in weichen Betten geschlafen und stets die Annehmlichkeit eines privaten Bades genossen. Als wir das Hostel erreichen – sehr zentral nahe dem Ortskern Obans gelegen – trafen wir statt auf eine Anmeldung auf ein Schild und den Hinweis auf den Nebeneingang und eine pinke Tür.

Wir fanden den Eingang und unseren Weg durch das Treppenhaus, in dem Krüge über und über gefüllt mit Lilien standen. Wer Lilien kennt, der weiß, sie mögen schön sein, doch sie duften extrem. Bis heute weiß ich nicht, ob es in dem Hausflur nur nach Lilien stank oder die Blumen noch andere Gerüche überdecken sollten. Meine Reisebegleitung war anzusehen, dass er sich mit jedem Schritt unwohler fühlte.

Schließlich klopften wir an der pinken Tür. Jeremey empfing uns sehr freundlich und wir konnten klären, dass seine Frau meine Reservierung an ihn nicht weitergeleitet hatte – nur änderte das nichts an seinem Zimmernotstand. Er gab uns dennoch einen Schlüssel und zu meinem schlechtem Gewissen gegenüber meiner Reisebegleitung gesellten sich nun noch Schuldgefühle hinsichtlich der nach uns ankommenden Reisenden.

Wir stolperten dem betagten Jeremey hinter her und fanden uns bald in einem einfachen Zwei-Bett-Zimmer mit Waschbecken und Blick zur Seitenstraße wieder. Es brauchte keine zwei Minuten und nur einen Blick auf den völlig erschlagenen Mister Comfort, um zu entscheiden: “Hier bleiben wir nicht”!

Pleiten, Pech und Pannen – kleine schottische Disaster Pleiten, Pech und Pannen – kleine schottische Disaster

Für den Preis von gerade 12 Pfund die Nacht waren die Zimmer sicher vertretbar. Alles schien sauber, war jedoch schon mehr als in die Tage gekommen und versprühte eine unglaublich deprimierende Atmosphäre. Die kleinen Bilder wirkten ganz verloren an den grauen Wänden, die Zimmer waren dunkel und kalt. Mit Urlaub hatte das für uns nichts zu tun.

Wir schnappten also unsere sieben Sachen und ich fürchtete bereits, dass wir nun wieder einen Tag auf der Suche nach einer neuen Herberge verbringen würden, doch an dieser Stelle hatte Mister Comfort einmal die entscheidende und einzig logische Idee. Er stiefelte in die Tourist Information und beauftragte die dortige junge und sehr freundliche Dame für uns eine neue Bleibe zu suchen. Das tat sie so dann auch, während wir den Pier entlangschlenderten und Jakobsmuscheln schlemmten.

Als wir zurückkamen, hatte sie ein B&Bs für uns ausfindig gemacht und wollte für diese Dienstleistung ganze 4 Pfund. Ich war kurz versucht nie wieder in Erwägung zu ziehen, mir meine B&Bs in Schottland selbst zu suchen.

So lernten wir am Abend Mary Gilles und ihr sehr schönes B&B kennen, in dem wir zweifelsohne das beste Frühstück der ganzen Reise bekamen. Glück im Unglück – wie so oft!

Zugegeben, all dies ist alles halb so schlimm und es bleibt dabei – auf Reisen bin ich wohl doch ein kleines Glückskind. Nur ein Erlebnis ist mir in der Tat als schlimm in Erinnerung geblieben: Die Straße nach Miska! Doch das ist eine andere Geschichte und soll ein andern Mal erzählt werden.


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