Pathologischer Wulff-Hass

Von Stefan Sasse
Es ist nicht ganz verständlich, welchen Hass gerade konservative Kommentatoren gerade gegen Wulff entwickeln. Ein besonders herausragendes Beispiel dafür ist Michael Spreng, Autor vom Sprengsatz. Ich schätze Spreng als einen der wenigen konservativen Blogger, die man gut lesen kann, auch wenn ich mit ihm oft nicht einer Meinung bin. Aber seine letzten beiden Beiträge, die sich mit Wulff befassen, können geradezu stellvertretend für den pathologischen Wulff-Hass konservativer Kommentatoren gesehen werden. Was haben die denn plötzlich für ein Problem? Klar, Wulff hat ihnen damals ihren geliebten Gauck versaut, aber sonst? Das merkwürdigste an der ganzen überbordenden Wulff-Kritik ist das ständige Argument der Mehrheitsmeinung. Seit wann ist es denn für rechtliche Vorgänge relevant, ob die Mehrheit den Sachverhalt nachvollziehen kann oder nicht? Wenn wir plötzlich Richtsprüche danach fällen, ob das gesunde Volksempfinden mitgeht, dann gute Nacht. Da wandere ich aus. Das Argument taucht bei Spreng aber plötzlich mehrfach auf. Als er damals zu Recht Guttenberg kritisierte, war die Mehrheitsmeinung auch kein Problem. Was also ist da gerade los? Sehen wir uns einige seiner Argumente an: 
Es lief wie geschmiert. Selten ist eine von der Bevölkerung so eindeutig abgelehnte Entscheidung (84 Prozent) so schnell und – bis auf die Linkspartei – so widerspruchslos durchgegangen wie die über den sogenannten Ehrensold für Christian Wulff. Ein ganz große Koalition stimmt offen oder stillschweigend einer Entscheidung zu, die das Gerechtigkeitsgefühl und das Rechtsbewußtsein der Bevölkerung schwer erschüttert. Grüne und SPD dankten in dieser Frage als Opposition ab. (Quelle)
Es ehrt Spreng, dass er den Protest der LINKEn erwähnt; die werden normalerweise ja gerne ignoriert. Aber Bezüge von Staatsoberhäuptern - nicht die Höhe, sondern ob er sie überhaupt bekommt - sind doch keine Einzelfallsentscheidungen, über die man einfach mal im Parlament entscheidet. Besonders nicht auf der Grundlage, ob das Volk die Entscheidung ablehnt oder nicht. Wir stimmen ja auch nicht kommunal darüber ab, ob Rentner Hubert, der nie seine Kehrwoche ordentlich gemacht hat, seine Rente bekommen soll. Ich sehe die Opposition hier auch schwerlich abdanken.
Den Höhepunkt der Absurdität erreicht die Veranstaltungsreihe am kommenden Donnerstag, wenn der unehrenhaft zurückgetretene Bundespräsident Christian Wolff damit geehrt und verabschiedet  wird. Nach dem Ehrensold die militärische Ehrung – und das Volk erstickt an seiner ohnmächtigen Wut. [...] Dann wurde Horst Köhler geehrt, der fahnenflüchtige, aber ehrenwerte Bundespräsident. [...]
Auch hier die Frage: wer entscheidet über einen "ehrenhaften" Rücktritt? Das Ostrakismos? Dieses merkwürdige Verlangen danach, einen Gefallenen ostentativ aus der Gesellschaft auszustoßen, ist merkwürdig. Richtiggehend absurd aber wird es im nächsten Absatz: 
Und warum Soldaten, die wahrscheinlich auch zu 84 Prozent den Ehrensold für Christian Wulff ablehnen, für ihn auch noch die Gewehre präsentieren müssen, ist nicht zu vermitteln. Nur deshalb, weil es Tradition ist, weil es einem “aus politischen Gründen” zurückgetretenen Präsidenten zusteht, weil die Farce bis zum bitteren Ende durchgehalten werden muss?
Was wäre denn, wenn die 84 Prozent beim Präsentieren das Gewehr unten lassen würden? Disziplinarverfahren, unehrenhafter Ausschluss aus der Bundeswehr?
Äh...ja? Über 70% der Deutschen lehnen den Afghanistaneinsatz ab. Sollen demzufolge auch 70% der deutschen Soldaten das Gewehr unten lassen und den Versetzungsbefehl nach Afghanistan verweigern? Da will ich Spreng hören. Die Soldaten präsentieren hier Gewehre doch nicht als Individuen. Niemand bittet sie, persönlich Wulff zu danken. Sie repräsentieren nur den Staat. Privat können sie von Wulff halten, was sie wollen. Ihr Job ist es, strammzustehen. Wie Spreng auf die Idee kommt, dass für Wulff plötzlich andere Regeln gelten sollten, erschließt sich mir nicht. Müsste der Richter, vor dem Wulff der Lage der Dinge nach bald landet, sich beim Urteilsspruch dann auch nach den 84% richten und Wulff am besten teeren und federn, um der Volksmeinung genüge zu tun? Soll sich der Bäcker weigern, ihm Brötchen zu verkaufen? Der Arzt den hippokratischen Eid vergessen und ihm die Behandlung verweigern?
Das Fundament eines Rechtsstaats ist, dass Regeln für alle gleich gelten, unabhängig ihres Standes und Ansehens. Wir können das nicht unilateral ändern, nur weil es uns gerade passt. Am einen Tag Wulffs Namen auf die Scherben zu kritzeln, spucken und Steine zu werfen und sich dann am anderen Tag darüber zu echauffieren, dass wieder einmal jemand mit Kontakten leichter davon kommt passt nicht zusammen. Es gibt Gesetze, und die gelten auch für Wulff. Gerade profitiert er von ihnen. Spätestens wenn er die erste Vorladung vor Gericht erhält, wird sich die Gesetzeskraft gegen ihn richten. Und ich werde ruhiger schlafen, wenn es in beiden Fällen völlig irrelevant ist, was Volkes Stimme davon hält. Denn wenn die Auslegung von Gesetzen künftig von der Laune des Mobs abhängen soll, dann ist es an der Zeit, die Koffer zu packen. Und das sollte eigentlich auch Michael Spreng klar sein.

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