Patent übernehmen und Preise erhöhen

Ein Interessanter Artikel ist mir im Wall Street Journal aufgefallen. Das hört sich ja gut an, aber: Nein, das lese ich nicht regelmässig, aber via andere Blogs und Suchen im Internet stolperte ich über derartiges:

Darin geht es über Pharmafirmen, die die Preise für Medikamente erhöhen, nachdem sie das Patent dafür von einer anderen Firma übernommen haben.

Speziell dieses Bild (Ausschnitt unten) ist mir aufgefallen, weil ich das Medikament von hier kenne. Es zeigt die Preisentwicklung zwischen 2013 und 2015 von Vimovo:

vimovopreis

1678$ – für 60 Tabletten Vimovo.

Man mag ja über die Preise der Medikamente hierzulande schimpfen, aber … wenn ich mir die Preisgebung in den USA ansehe, dann finde ich es hier gerade wieder gut.

Bei uns hat der Gesetzgeber via Gesundheitssystem die Möglichkeit die Preise in gewissem Rahmen festzulegen. Dabei orientiert er sich an den Gegebenheiten in den Nachbarländern mit ähnlichem System.

In den USA können die Pharmafirmen die Preise ohne diese Einflussnahme selber festlegen. Sie machen das dann auch.

Vielleicht noch ein paar Grundlagen zum Amerikanischen Gesundheitssystem. Ursprünglich gibt es dort keine Pflicht, eine Krankenversicherung zu haben – inzwischen gibt es das zwar … allerdings mit enorm vielen Ausnahmen. Die Versicherungen haben auch viel mehr Handlungsspielraum. Es gibt je nach Krankenkasse Listen, was und wieviel bezahlt wird, teils darf man die Medikamente nur von bestimmten Leistungserbringern beziehen (Apothekenkette, Postversand), dann hat man immer einen Teil des Medikamentes, den man in der Apotheke gleich selber bezahlen muss (der ist unterschiedlich hoch, je nach Medikament und Versicherung und teilweise auch nach bereits bezogenen Leistungen). Die günstigen Versicherungen scheinen sehr wenig zu zahlen – und die teuren kann sich nur leisten, wer schon Geld hat.

Jedenfalls: Ein Medikament hat dann oft nicht einen Preis, der mehr oder weniger bleibt, sondern es kann sehr unterschiedlich kosten. Der Preis wird an die Begebenheiten angepasst.

Neue Medikamente kosten, bis die Generika kommen grundsätzlich mehr – das ist auch bei uns so. Damit werden auch die Forschungskosten wieder eingeholt.

Dann kann es sein, dass ein Medikament– altbewährt – erst mal sehr günstig wird, weil es verschiedene Generikaanbieter gibt, die miteinander in Konkurrenz stehen. Dann „sterben“ die Generika aus (weil sie neue Studien hätten liefern müssen / oder andere, weil das Produkt inzwischen so günstig ist, dass sich die Herstellung und Vertrieb nicht mehr lohnen) .. und wenn es nur noch einen Hersteller gibt, nutzt der sein Monopol aus um den Preis zu steigern –um ein paar hundert Prozent.

Beispiel nachzulesen hier: die Colchizin Story   Oder hier: Medikamentenpreise- Preisgestaltungsunterschiede.

Das ist Kapitalismus: Angebot und Nachfrage. Die Preissteigerungen betreffen auch andere ältere Original-Medikamente.

Seit 2008 schreibt das Wall Street Journal in dem Artikel, stiegen die Preise für Originalmedikamente so um 127% an, während der Consumer Price Index nur um 11% anstieg.

Für die Firmen sind solche Preissteigerungen eine Möglichkeit leicht Geld herein zu bekommen, ohne Jahre teurer und riskanter Forschung um eventuell ein neues Medikament zu finden.

Aber zurück zum Vimovo:

Das Vimovo ist ein Mittel gegen Schmerzen. Es ist nicht ein neuer Wirkstoff: es enthält Naproxen (wie Aleve oder in Deutschland das Dolormin für Frauen) und dazu Esomeprazol. Das heisst: Die Innovation dieses Medikamentes war es, Schmerzmittel grad mit dem Magenschutz zu kombinieren. Statt die Tabletten separat nehmen zu müssen.

Bei uns ist das für 60 Tabletten etwa 45 Franken wert.

In den USA hatte dieses „Originalmedikament“ 2013 noch einen Wert von 200$ für die 60 Tabletten. Dann hat Horizon Pharma das Patent dafür von Astra Zeneka aufgekauft und den Preis gesteigert auf …1’678$ für die 60 Tabletten.

2013 haben sie damit 20 Mio$ verdient. Dank der Preiserhöhung wurde das 2014 auf 163 Mio$ erhöht … obwohl es da weniger verschrieben wurde.

Es mag ja sein, dass ein Grossteil dieser Preisdifferenz die Versicherungen schlucken mussten … aber das hat dann irgendwann auch Auswirkungen auf die Prämien … oder was die Versicherungen noch daran zahlen.

In dem speziellen Fall wäre ich glatt dafür, dass das nicht mehr übernommen würde und die Ärzte die Wirkstoffe wieder getrennt aufschreiben.

Es dürfte allerdings schwer sein, so etwas grundsätzlich dort einzuführen – wegen der ständig wechselnden Kosten der Medikamente, können die Ärzte das kaum vor dem Verschreiben nachschauen … und die Apotheke muss das dann irgendwie richten. Und für manche Medikamente gibt es keine solche Ausweichmöglichkeiten.

Ich finde so etwas echt der Wahn. Natürlich: Medikamente haben ihren Preis – sie müssen entwickelt werden, die Forschung ist teuer, die Herstellung der Wirkstoffe und der Arzneiformen ist nicht gratis, vor allem wenn sie gewissen Qualitätsanforderungen entsprechen soll. Unterhalb einem bestimmten Preis kann es gut sein, dass sich das irgendwann nicht mehr rechnet – dann verschwinden auch wirksame Medikamente auf einmal vom Markt. Aber das oben … das ist ärgerlich und regt mich auf. Das ist wirklich nur Profitgier – oder?


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