Offener Brief an den Schweizerischen Presserat

Sehr geehrte Damen und Herren des Schweizerischen Presserats

Mir ist bewusst, dass ihre Macht als Gremium beschränkt ist. Trotzdem wende ich mich in dieser Mischung zwischen Wut und Kopfschütteln an sie. Anlass ist meiner Meinung nach die in Gefahr geratene Schweizerische Medienlandschaft im Zuge der “Online-isierung” mit den sogenannten Newsrooms, im Zusammenspiel mit unseren allseits bekannten Gratiszeitungen (obwohl ich diese paar Blätter Papier nur ungern als Zeitung bezeichne).

Obwohl ich politisch engagiert bin, wende ich mich in erster Priorität als besorgter Bürger an sie. In der letzten Zeit lässt sich beobachten, dass unsere Print-Medien sich mit möglichst viel Skandalen, Provokationen und Kriminalitätsgeschichten von sich reden machen. Ob nun die Weltwoche mit einem gespielten Bild ein unschuldiges Roma Kind als kriminell und gewalttätig darstellt, der Blick nach dem Busunglück im Wallis die (Originalzitat) „Stadt der toten Kinder“ besucht oder der Tagesanzeiger von jedem mittelmässig grausamen Gerichtsprozess mit einem „Liveticker“ berichtet. Das Spektrum beschränkt sich dabei, wie oben beschrieben, nicht nur auf die sogenannten „Gratiszeitungen“, sondern auch für Zeitungen, die einen vormals gerechtfertigten Preis haben.

Ich weiss nicht was ich denken soll, wenn der pinke Blick am Abend „Bühne frei für den Massenmörder Breivik“ titelt und ihm dabei die halbe Titelseite widmet – völlige Dummheit oder abartige Perversion um möglichst viele Exemplare loszuwerden? Dabei hätten sie solche Titel gar nicht nötig, da das Blatt sowieso gratis ist und von 99% der Pendlerinnen und Pendler auch ohne einen solchen idiotischen Titel mitgenommen würde.

Ich möchte hier kein Fingerpointing betreiben, den es würde nichts nützen auch die letzten unnötigen Newsticker aus dem Hause Tamedia zu zitieren. Ich frage mich manchmal, ob die Journalistinnen und Journalisten in unserem Land ernsthaft denken, solche Ticker aus dem Gerichtssaal würde die Bevölkerung interessieren? Eine Zusammenfassung mit den Worten beider Parteien und dem abschliessenden Urteil wäre total genügend und würde auch die sensationsgeilsten Personen durchaus befriedigend.  Mit diesen Geschichten hält es sich wie mit den Erdbeeren im Februar: Würden sie nicht von den Detailhändlern angeboten, würde kein Hahn danach krähen? Oder haben sie das Gefühl, Konsumentinnen und Konsumenten würden eine Demonstration vor dem Migros-Eingang veranstalten und „Gibt uns die Erdbeeren – auch im Winter“ skandieren?

Genau so verhält es sich mit den angesprochenen Artikeln und den unzählig vergleichbaren. Die Leute würden solche Skandalstorys nicht vermissen, denn meiner Meinung nach gilt hier die Gleichung wo kein Angebot, keine grosse Nachfrage. Und falls doch eine herrscht, gibt es ja immer noch die BILD, RTL und ähnliches

Daher fordere ich sie hiermit, im Namen der Schweizer Bevölkerung, welche sich einen möglichst skandalfreien und vor allem sachlichen Journalismus fordert, künftig noch wachsamer mit solchen Inhalten umzugehen. Denn wie im ersten Satz erwähnt, mehr können sie ja leider auch nicht.

Beste Grüsse

Lucas Tschan

Zürich, den 17. April 2012


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