Occupy ist tot: Kapitalismuskritik ohne Kritik funktioniert nicht

So, das war’s dann wohl mit Occupy. Auch die Financial Times Deutschland hat die Occupy-Bewegung jetzt mit einem schon fast wehmütigen Kommentar zu den Akten gelegt – den Titel in der Printausgabe fand ich allerdings deutlich besser, da war der hier verlinkte Artikel mit “Das Leben ist kein Campingplatz” überschrieben.

Aber egal, auch online stellt der Autor Anton Notz fest, dass es leider keine Occupy-Generation gibt, obwohl sie für Politik und Gesellschaft durchaus nötig wäre. Aber wie ich schon im Oktober vergangenen Jahres geschrieben habe: Man kann nicht gegen etwas kämpfen, das man doch eigentlich haben will. Die Occupisten wurde ja nicht müde, zu betonen, dass sie nicht gegen das System seien, sondern das System gegen sie sei. Und genau das ist der Grund, warum aus dem Wutbürgergezelte nichts werden konnte: Das System hat die Zelte und die letzten Besetzer halt abgeräumt und weil sie ja eigentlich nicht gegen das System sind, fügen sie sich halt. Warum auch nicht? Der Sommer ist bald vorbei und im Winter ist zelten eh nicht so lustig.

Ich denke allerdings, dass es nicht die Mutlosigkeit war, an der Occupy gescheitert ist, sondern Konzeptlosigkeit und die Weigerung, sich überhaupt ernsthaft mit konkreten Forderungen auseinanderzusetzen. Allein die Aussage “wir sind die 99 Prozent” ist nun mal kein politisches Programm. Das müssen auch die coolsten Camper einfach mal schnallen: Ohne Theorie geht es nicht. Wenn man sich weder klar macht, in was für einem System man lebt und damit auch, gegen was man eigentlich protestieren will, kann einem ja auch niemals klar werden, was man denn statt dessen haben will. Natürlich kann man keine Forderungen formulieren und vertreten, wenn man keine Ahnung hat, was man eigentlich fordern müsste, damit sich etwas ändert.

“Inhaltlich zu diffus, organisatorisch zu sehr mit sich selbst beschäftigt, politisch zu schwach – deshalb konnten die Occupy-Aktivisten nie den Einfluss gewinnen, den sie beanspruchten”, schreibt Notz – und hat damit im Grunde alles gesagt. Der große Medientheoretiker der Vor-Internet-Ära, Marshall MacLuhan, hat postuliert, dass das Medium die Botschaft sei. Vielleicht liegt es an unseren neuen Medien, dass es keine Botschaft mehr gibt. Obwohl – nein, das ist es nicht. Auch angesichts von Dauergezwitscher und ständiger Shitstorm-Gefahr ist es durchaus noch möglich, zusammenhängende Gedanken aufzuschreiben und interessierten Menschen zur Verfügung und noch wichtiger, zur Diskussion zu stellen – das ist heute einfacher denn je. Medientheoretiker faseln mitunter eine Menge Mist zusammen. Für die richtige Botschaft ist das Medium scheißegal.

Occupy jedenfalls war kein Medium und hatte keine Botschaft, Occupy hat allenfalls ein paar Nachrichten ÜBER Occupy geliefert – leider gab es keine Message VON der Bewegung. Außer vielleicht der, dass es kein richtiges Leben im falschen gibt. Anders formuliert: Wer sich irgendwie alternativ im Kapitalismus einrichten will, kommt leicht darin um. Zumindest als Protestler, der meint, dass der Protest an sich schon die Botschaft sei.



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