“Nimm mich mit, Kapitän, auf die Reise”

Getreu dem Titel von Hans Albers lässt uns der in Palma de Mallorca lebende Tiroler Beat Fankhauser an seinem Reisetagebuch als Skipper seiner letzten Yachtüberführung teilhaben. Im letzten Jahr segelte er ca. 20.000 Seemeilen weltweit. Und mit dieser Überführung eines Katamaran kommt er mittlerweile auf 24 Atlantik-Querungen.

Seine aktuell letzte Reise führte ihn samt Crew von Tunesien nach Miami, insgesamt eine Strecke von 5.500 Seemeilen (etwa 10.000 Kilometer). Wobei die Transatlantiküberquerung "ohne Land in Sicht" knapp 4 Wochen dauerte, begleitend von Wetterverhältnissen von Windstärke 0 bis Orkanböhen und haushohen Wellen - das volle Programm, wie er sagt.

“Nimm mich mit, Kapitän, Reise”

“Nimm mich mit, Kapitän, auf die Reise”

Das Boot war in Tunesien im Port Sidi Daoud Elhaouaria abzuholen, bereits Mitte Jänner flogen ich von Nürnberg über Paris und Montse von Palma de Mallorca über Madrid hinunter um es abzuholen. Nichtsahnend von dem bürokratischen Papier- und Machtkrieg mit den tunesischen Behörden, der auf uns zukommen wird und nichtsahnend von dem unfreiwilligen 2 wöchigen Aufenthalt in einer nordafrikanischen Kleinstadt nahe Tunis.

Am 15. Jänner wurden wir vom Manager der Charterfirma, die mittlerweile die größte der Welt ist (über 1700 Yachten), herzlich empfangen. Ich arbeite für diese Firma schon seit über 3,5 Jahren, überstelle ihre Yachten weltweit, egal welche Distanz dafür notwendig ist.

Die tunesische Firma Haco, die unser Boot baute, ist eine Zweigstellle/ein Tochterunternehmen der Firma Bali Catana Catamarans aus Frankreich. In Tunesien werden aber ausschließlich 4.1 Bali Katamarane gebaut. Die Länge der Boote ist 41 Fuß, also 12 Meter.

Zum Auslaufen des Bootes aus dem Werftshafen waren mehrere Dokumente notwendig, die Garda National musste diese erst kontrollieren und für gültig erklären. Die Laune der Beamten und somit die Bereitschaft, den bürokratischen Prozess fortzusetzen, änderte sich aber von Tag zu Tag. Es ging sogar so weit, dass Dokumente die vorlagen, plötzlich nicht mehr in dieser Form akzeptiert wurden.

So hatten wir zwar schon einen Stempel von der Polizei zum Auslaufen im Pass, doch dann schritt die Garda National ein, der Stempel wurde annulliert und sie meinten, dass ein Dokument fehlte.

Anstatt einer Kopie wurde nun ein Originaldokument benötigt. Das Dokument befand sich aber zu dieser Zeit noch in den USA. Das Desaster in Tunesien war komplett. Die Entscheidung der Behörden, wir dürften nicht auslaufen, führte zur ersten Verzweiflung bereits vor Antritt der Seefahrt.

2 Wochen lang diskutierte die Firma mit den Behörden, 2 Wochen Papierkrieg, 2 Wochen Machtkämpfe. Am 1. Februar bekamen wir die lang ersehnte Nachricht - wir dürfen ablegen.

Es ging auf hohe See, mit einem nagelneuen Boot. Das Boot hatte bis dahin noch keine Welle gesehn, keinen Sturm gespürt. Laut Werk ist das Boot in bestem Zustand, für die Praxis aber gab es keine Garantie. Ich habe die Bootsübernahme gemacht und sämtliche Sicherheitschecks durchgeführt. Erst dann gab ich das ok zum Ablegen.

Die Freude über die Auslauferlaubnis wurde wenig später von einer unglaublichen Härteprobe, die auf uns zurollte, überschattet. Eine überraschende Sturmfront hieß uns am Mittelmeer Willkommen. Ein Sturm, dessen Wellen uns Wassereinbruch und Schäden an den Dichtungen der Fenster bescherte. Wir hatten Wasser unter Deck und mussten eine Entscheidung treffen.

Plan- und Kursänderung - wir liefen in die Hafenstadt Cagliari im Süden Sardiniens ein, heilfroh, da der Sturm danach noch schlimmer wurde. Hier angekommen nutzten wir die Zeit um die Schäden provisorisch zu reparieren, die locker gewordenen Schrauben usw. nachzuziehen, und wir entschieden uns, das Boot auf Palma de Mallorca in unserer Charterbasis auf Vordermann bringen zu lassen.

3 Tage später legte sich der Sturm, sodass wir uns auf dem Weg Richtung Mallorca machen konnten. Segeln war unmöglich, alles war flach. In Mallorca angekommen und freundlichst empfangen wurde das Boot für den Atlantik und seine Launen vorbereitet. Leider hatten wir aber für Freunde und Bekannte auf der Insel wenig Zeit, da wir aufgrund der Verspätung unter massivem Zeitdruck standen. Es wurde sogar schon in Erwegung gezogen, das Boot per Cargoschiff zu überstellen.

Hier in Palma stieg unser 3. Crewmitglied zu. Luciano Muster, ein hochmotivierter und segelbegeisterter Unterstützer freute sich schon aufs Ablegen. Das Team war komplett!

Montse Rebenaque aus Spanien - Mallorca, Luciano Muster aus Österreich - Steiermark & Beat Fankhauser aus Schweiz/Österreich/Wörgl 😉

Auf dem Weg nach Gibraltar hatten wir nahezu ununterbrochen mit einer wilden Kreuzsee zu kämpfen. Die Schläge von allen Seiten und in unregelmäßigen und kurzen Intervallen über Tage und Nächte hinweg zehrten sehr an uns. Das Ganze wurde noch deutlich intensiviert, da ein Katamaran 2 Rümpfe und in der Mitte einen Freirumpf hat. Durch diese 2 Rümpfe bekamen wir jeden Schlag doppelt ab. Der Freirumpf sorgte noch zusätzlich für eine unglaublich laute Geräuschkulisse bei jedem Wellenschlag. Dieses Gesamtpaket führte zu massiven Erschwernissen unter anderem beim Einschlafen.

Wie immer erreichte ich Gibraltar leider wieder in der Nacht und das Navigieren durch die Engstelle mit etlichen schlecht und zu viel oder zu schlecht beleuchteten Cargoschiffen und Schnellfähren wurde zu einer großen Herausforderung. Dazu kommt noch, dass wir kein Radar und AIS System zum Erkennen von anderen Schiffen an Board hatten.

Ich passierte diese Engstelle in Gibraltar bereits über 30 Mal und ich konnte sie bisher strömungsbedingt noch NIE bei Tag durchfahren. Den berühmten Affenfelsen habe ich noch nie bei Tag gesehn.

Gezeichnet von den unruhigen letzten Tagen wurden wir nach Gibraltar in den ersten beiden Tagen am Atlantik mit wundervollen langgezogenen und gleichmäßigen Wellen belohnt.

Auf den Kanaren in Pasito Blanco angekommen, füllten wir unseren Proviant und bereiteten wir uns vor für die lange Überfahrt.

Unser Kurs führte uns zuerst gen Süden, 2 Tage lang. Wir wollten die Passatwinde erreichen und dann bei 20° auf Kurs West drehen.

Doch unser On-Shore Team, bestehend aus Güvi Bulgur aus Österreich - Burgenland & Till Lorenz aus Deutschland - Hamburg, teilte uns eine echte Hiobsbotschaft mit. 8 Tage lang Flaute vor uns im Süden wenn wir diesen Kurs beibehalten würden. Die riesen Flaute wurde durch den Sturm Victoria in Europa und seinen Ausläufern verursacht.

Wir fällten eine Entscheidung, Kursänderung. Es ging direkt gen Westen. Nach längerem Planen wählten wir die nördlichere, deutlich gefährlichere Route über den Atlantik. Wir konnten die stetigen Passatwinde und das recht gleichbleibende Wetter des Stroms nicht nutzen. Stattdessen hatten wir nun mit Wechselwinden, täglichen Gewittern, hohen Wellen von allen Seiten und wechselnder Strömung zu tun. Das war natürlich nur mit aktuellen Wetterdaten, einem erfahrenen On-Shore Team und professionellen Seglern zu schaffen.

Wir bekammen Kurznachrichten über das Satellitentelefon. Auch über größere Entwicklungen und Änderungen aufgrund des Covid-19 wurden wir immer wieder stückchenweise informiert. Wir hatten also ein grobes Bild, oder eher eine Ahnung davon wie die Welt wohl aussehen wird wenn wir in den Bahamas ankommen werden, aber das Ausmaß wurde uns erst am Tag der Ankunft bewusst. Hier auf den Bahamas galt für uns wieder einmal, einen kühlen Kopf zu bewahren und die richtigen langfristigen Entscheidung für uns zu fällen.

Montse ist von den Bahamas über Kuba nach Spanien zurückgeflogen.

Nach intensiven Planen gab es für mich und Luciano eine neue Überraschung. Der Bootseigner des Katamarans, den wir überstellt haben, war auf einmal vorort und wollte sein Boot abholen um es nachhause nach Miami zu bringen. Er brauchte einen Kapitän und ein Crewmitglied als Unterstützung für die Überführung. Luciano und ich kannten das Boot schon in- und auswendig, also war für uns klar, dass wir dem Bootseigner helfen, um ihn und seine Yacht sicher in die USA zu bringen. Also hieß es für uns wiedereinmal: Segel setzen und los. Weitere 36 Stunden und 180 Seemeilen lagen vor uns.

In Miami Beach angekommen ging es für uns den Intercoastal Waterway hinauf, durch 5 Zugbrücken und gefühlte 100 Hochhäuser. Nach 1 Stunde durch die Metropole legten wir am privaten Steg an und betraten die USA.

Das Einklarieren war beide Male, sowohl in den Bahamas, als auch in Miami kein Problem für uns. Wir waren schließlich 3 Wochen lang auf See ohne Land zu betreten. Außerdem galten in diesen Zeiten sowieso Sonderbestimmungen, die für uns Segler noch mehr Vorteile brachten.

Für mich ist es nun sehr schwierig, die Heimreise anzutreten. Sind fast alle Internationale Flughäfen in Amerika, geschlossen und es gibt nur noch vereinzelt Flüge nach Europa und bei Ankunft ist quarantäne sicher. Auch spielt die Angst sich in einem solchen Langstreckenflug anzustecken eine große Rolle .Als schweizer Staatsbürger ist es fast unmöglich, meine Familie in Tirol (Eltern, Sohn, Geschwister) aufzusuchen.

Noch schwieriger ist es für mich nach Hause nach Palma de Mallorca zu kommen, Spanien hat total dicht gemacht. Langsam wird auch alles eine Kostenfrage. Daher habe ich mich entschieden, vorerst hier in Miami zu bleiben, bis sich die ganze Lage etwas entschärft.

Es ist mir wichtig zu wissen dass es allen gut geht. Genau so wie auf dem Meer heisst es hier Ruhe bewahren und abzuwarten.

Autor & Fotos: Beat Fankhauser


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