“Nächstenliebe ist knallharte Pflicht” Geißler und Wagenknecht im Streitgespräch in DIE ZEIT

Die Linke Sahra Wagenknecht und der Christdemokrat Heiner Geißler streiten in DIE ZEIT über die Frage, ob und wie der wild gewordene Kapitalismus abzuschaffen ist

Auszüge:

„ZEIT: Im Ernst? Arbeitgeberverbände könnten Ihnen entgegenhalten: Nie gab es in Deutschland mehr Erwerbstätige als heute. Und die oberen zehn Prozent der Steuerzahler stehen für 60 Prozent des Steueraufkommens. Die Lohnsumme steigt.

Wagenknecht: In Wahrheit haben die Arbeitenden immer weniger Anteil am volkswirtschaftlichen Reichtum. Die größten Einkommen werden erzielt aus purem Vermögensbesitz, der oft auf Erbschaft oder Spekulation zurückgeht. Eine Wirtschaftsordnung, in der Eigentum zu nichts verpflichtet, ist verfassungswidrig. Und die von Ihnen genannte Zahl bezieht sich nur auf die Einkommensteuer. Der größte Teil des Steueraufkommens kommt von den kleinen Leuten über Verbrauchssteuern.

Geißler: Wir haben weltweit eine massive Verletzung des Gerechtigkeitsgebots, die von der Völkergemeinschaft hingenommen wird. In den Favelas sterben täglich Kinder, weil die Grundnahrungsmittel Teil von Spekulationsgeschäften und daher immer teurer geworden sind. Die Preise sind keine gerechten Preise. Lohndumping ist die Regel. Und Schaden muss – siehe Finanzkrise – bekanntlich nicht von den Urhebern ersetzt werden, sondern vom Steuerzahler.

Wagenknecht: Das stimmt. Deshalb will ich dieses Wirtschaftssystem überwinden, weil es täglich Kinder sterben lässt. Der Kapitalismus erfüllt nicht einmal seinen eigenen Anspruch auf Leistungsgerechtigkeit – also dass sich die Verteilung der Güter nach der Leistung der Menschen richtet.

ZEIT: Wie wollen Sie denn verhindern, dass die kleinen Leute besonders zu leiden haben?

Wagenknecht: Statt Lohn- und Rentenkürzungen brauchen wir eine drastische Vermögensabgabe für Millionäre. Die absurden Spekulationsgeschäfte der Banken müssen verboten werden. Außerdem ist eine Entschuldung der Staaten nötig, aber nicht zulasten von Riester-Sparern und Mittelschichten, sondern bezahlt von jenen Vermögen, die ihr rasantes Wachstum nicht zuletzt Steuerdumping und Bankenrettung verdanken. In Deutschland hat die kleine Schicht der Millionäre mehr Geld, als Bund, Länder und Kommunen zusammen an Schulden haben.

ZEIT: Herr Geißler, sind die Vermögenden jetzt auch das Feindbild der CDU?

Geißler: Das Problem sind nicht die Vermögenden, sondern ist die immer größere Masse der Armen. Jeder vernünftige Mensch muss heute Kapitalismuskritik üben. Die CDU will eine ökosoziale Marktwirtschaft und eine radikale Reform der Finanzmärkte. Die Frage ist, ob die Politik sich durchsetzt. In Edinburgh beschlossen die G-20-Staaten, die Finanzmärkte zu kontrollieren. Seither treten wir auf der Stelle.

ZEIT: Warum?

Geißler: Weil Profitgier die Märkte beherrscht. Wir erleben, dass eine Ölplattform in der Karibik explodiert, die gar nicht hätte gebaut werden dürfen. Aber es lockte der Profit! Alle Kraftwerksblöcke in Fukushima waren für Erdbeben der Stärke 8,4 ausgelegt, 9 plus wäre aber richtig gewesen. Bei uns sind sieben Kernkraftwerke nicht gesichert gegen einen Absturz eines vollgetankten Jumbos. Warum? Profit! Profit! Die Leute fragen sich natürlich: Stehen die globalen Finanzmanager über der demokratischen Rechtsordnung?

ZEIT: Auch Unternehmer zahlen Steuern.

Geißler: Die sind nicht gemeint. Aber wann wird endlich eine internationale Finanztransaktionssteuer an den Börsen eingeführt, die einen täglichen Umsatz von zwei Billionen Dollar machen? Während jeder normale Mensch für jede Windel und Kaffeemaschine Umsatzsteuer zahlt, beteiligen sich die Devisenhändler und Spekulanten mit keinem Cent an der Finanzierung der Menschheitsaufgaben. Es gibt Geld wie Heu auf dieser Erde, nur haben es die falschen Leute.

ZEIT: Herr Geißler, würden Sie mit der Linken paktieren?

Geißler: Prinzipiell ja. Es kommt auf die Sache an. Mit den Grünen geht es jetzt ja auch. Im Parlament dagegen gibt es Koalitionszwänge, die gemeinsames Agieren verhindern. Das kann sich ändern.

Geißler: Frau Wagenknecht, würden Sie mit der CDU paktieren?

Wagenknecht: Mit CDU-Politikern wie Heiner Geißler kann ich mir jederzeit eine Zusammenarbeit vorstellen. Mit der CDU Angela Merkels, die gerade dabei ist, ganz Europa mit einer verschärften Agenda 2010 ins Desaster zu stürzen, nicht.
…“
Quelle und das gesamte Interview: http://www.zeit.de/2011/51/Streitgespraech-Wagenknecht-Geissler/komplettansicht



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