Mühleberg: Ein 39 Jahre altes «Vorkommnis»

Mühleberg: Ein 39 Jahre altes «Vorkommnis»Falschaussagen, eine Gesetzesauslegung, die nur den Betreibern von Atomanlagen nützt und Heimlichtuerei: Fast hätten einem die Verantwortlichen des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (Ensi) leid tun können, so heftig waren die Vorwürfe, die Greenpeace über das Wochenende an sie richtete. Fast. Denn das Ensi lieferte dem Verdacht, nach der Pfeife der AKW-Betreiber zu tanzen letzte Woche wieder einmal reichlich Nahrung: Dass die Atomaufsichtsbehörde die umstrittenen Arbeiten für die «Ertüchtigung» des Notstandsystems SUSAN in Mühleberg freigaben, ohne dass die Betreiberin BKW dafür ein Baugesuch einreichen musste, trug ihr ein weiteres Mal den Verdacht ein, mit der Atomindustrie gemeinsame Sache zu machen.

Weitgehend unbemerkt publizierte das Ensi am 24. August neben den rudimentären Angaben zu den Arbeiten in Mühleberg jedoch ein weiteres Dokument: eine Meldung über ein so genanntes Vorkommnis im zweitältesten AKW der Schweiz. Der Inhalt: Ein Vorkommnis wegen einer «möglichen Verstopfung der Notstandsystem-Wasserfassung bei einem Extremhochwasser».

Datiert ist das Dokument vom 28. Juni 2011, aktualisiert wurde es angeblich am 24. August. Die Daten sind interessant: Am 28. Juni meldete demnach die Mühleberg-Betreiberin BKW dem Ensi, dass die Wasserfassung des – zuvor immer als absolut sicher bezeichneten – Notstandsystems SUSAN bei einem Extremhochwasser verstopfen könne. In der Folge nahm die BKW das AKW Mühleberg fünf Wochen vor der geplangten Revision vom Netz, um den Hochwasserschutz zu verbessern. Auf der Website des Ensi tauchte dies jedoch nicht in der Liste der «Vorkommnisse» (also der Störfälle) auf. Erst am 24. August, just an dem Tag, als das Ensi sein Placet zu den Arbeiten in Mühleberg gab, wurde aus der simplen Meldung plötzlich ein Vorkommnis, das auf der Ensi-Website publiziert wurde. Und was für eines: «Das Vorkommnis führte zu einer Reduktion der nuklearen Sicherheit», heisst es in der Meldung auf der Ensi-Website.

Wie das 39 Jahre alte «Vorkommnis» – der Mangel bestand faktisch seit der Inbetriebnahme des Werks im Jahr 1972 – zu bewerten ist, weiss das Ensi noch nicht. «Ensi-Einstufung pendent», heisst es in der Meldung. Das bedeutet letztlich nichts anderes, als dass die Atomaufsicht Arbeiten an einem für die nukleare Sicherheit wichtigen System erlaubt hat, bevor sie sich definitiv im Klaren ist, wie die Mängel an dem System überhaupt zu bewerten sind. Der Vorwurf, im Zweifelsfall zugunsten der AKW-Betreiber zu entscheiden, hat damit zumindest neue Nahrung erhalten.

Auch den Vorwurf der Heimlichtuerei werden die Ensi-Verantwortlichen nicht so einfach vom Tisch wischen können: Das Öffentlichkeitsgesetz des Bundes erlaubt es jedem Bürger und jeder Bürgerin, von der Verwaltung Dokumente wie beispielsweise Vorkommnismeldungen der AKW-Betreiber einzusehen. Da bis zum 24. August niemand ausserhalb des Ensi und der BKW von der Vorkommnismeldung wusste, konnte diese auch nicht heraus verlangt werden – und die BKW konnte in aller Ruhe und Heimlichkeit ihre Arbeiten vorantreiben, ohne dass die Öffentlichkeit und insbesondere die Mühleberg-Kritiker erfuhren, was eigentlich vorgeht. Journalistenfragen wurden mehrheitlich abgeblockt.

«Offen und transparent informieren. Das sind die Ziele der neuen Kommunikationspolitik des Ensi», wurde der interessierten Öffentlichkeit am 18. Juli mitgeteilt. Ein Termin für die Umsetzung dieser neuen Kommunikationspolitik wurde nicht angegeben. Das Ensi war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Ensi zensiert InterviewDie «neue Kommunikationspolitik» bereitet den Ensi-Verantwortlichen offenbar noch einige Mühe. Aus einem Interview, das ein Journalist der Internet-Plattform «Infosperber» mit Ensi-Direktor Hans Wanner führte, wollte die Medienstelle gemäss «Infosperber» 15 von 33 Fragen und Antworten nachträglich herausstreichen. Ein Angebot von «Infosperber», drei Fragen und Antworten nach Wahl zu zensieren, lehnte das Ensi ab und beharrte letztlich auf sieben Streichungen. Nicht genehm waren den Atomaufsehern Fragen zu den Rissen im Kernmantel des AKWs Mühleberg und zu Jobangeboten von AKW-Betreibern an Ensi-Mitarbeiter.

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