Liebe ist nicht genug – Ich bin die Mutter eines Amokläufers

180° Meer Titel: Liebe ist nicht genug
Originaltitel: A Mothers Reckoning
Autor: Sue Klebold
Genre: Erfahrungen/Biografie
Verlag: Fischer Verlag
Format: Broschiert, 432 Seiten
ISBN:978-3596034314


Kauft doch wieder mal in der örtlichen Buchhandlung ein!

Inhalt:
„Am 20. April 1999 betraten der Dylan Klebold und Eric Harris ausgerüstet mit Gewehren und Sprengstoff die Columbine Highschool. Dort töteten sie zwölf Schüler und einen Lehrer, verletzten vierundzwanzig weitere Menschen und nahmen sich dann selbst das Leben. Es war der schlimmste Schul-Amoklauf der Geschichte. Dylan Klebold war mein Sohn.“

16 Jahre nach dem Amoklauf ihres 17-jährigen Sohnes Dylan, erzählt Sue Klebold, wie sie versucht, sich zu vergeben, dass sie nichts gemerkt hat. Hätte sie liebevoller sein müssen, aufmerksamer?
Sie hat einen Weg gefunden, wie sie weiterleben kann und hofft, anderen Eltern helfen zu können, aufzuhalten, was sie nicht verhindern konnte. Von einem ist sie nämlich fest überzeugt: Elterliche Liebe allein reicht nicht aus, um Kinder und Jugendliche vor den Folgen unerkannter psychischer Erkrankungen zu schützen.

Meine Meinung:
Passiert eine so schreckliche Tat, wie ein Schulamoklauf, wird erst einmal viel spekuliert. Die Zeitungen verurteilen schnell und auch die Gesellschaft stellt sich die Frage, was in der Erziehung der Jungs schief gegangen sein muss, dass es zu einem solchen Gewaltexzess kommen kann. Verständlich ist natürlich auch, dass sich Angehörige/Eltern nicht umgehend dazu äußern, bleibt doch der Schmerz, das eigene Kind verloren zu haben und die Gewissheit, dass dieses Kind ein Mörder ist. 16 Jahre nach den Amoklauf hat Sue Klebold den Mut gefasst, ihre Gefühle zu teilen.

Damit vollführt sie einen einzigartigen Spagat, denn sie verliert sich nicht in Selbstmitleid, sondern hat, so kommt es mir vor, das Handeln ihres Sohnes akzeptiert, heißt es nicht gut, doch ohne es anzunehmen, wäre ein weiterleben vermutlich nicht möglich und trotzdem merkt man an vielen Stellen im Buch, dass die Vergangenheit noch weit in ihre Zukunft reichen wird.

Was muss nun in der Erziehung eines solchen Monsters verkehrt gelaufen sein? Die Antwort ist simple: Nichts.
Sicherlich, viele Gewalttäter haben eine geprägte Kindheit, doch bei den Klebolds handelt es sich wirklich um eine 0815 Familie. Man möchte vermutlich nur die Erziehung in Frage stellen, um mit ruhigen Gewissen sagen zu können: „Ich erziehe mein Kind streng, aber liebevoll – mein Kind wird niemals in der Lage sein, eine solche Tat zu begehen.“ Ein Trugschluss, an Liebe hat es Dylan nämlich nicht gefehlt, sicherlich, Fehler gab es in seiner Erziehung, welche Eltern machen keine, doch gravierend waren sie bei weitem nicht.
Was haben sie also übersehen, irgendwas müssen sie doch übersehen haben? Dylan war manchmal reizbar, übellaunig und faul, dann wieder liebevoll, aufmerksam und selbstsicher. Ein Teenager eben, daran lässt sich nichts Auffälliges feststellen. Allerdings gab es sie wirklich, die Anzeichen und Sue Klebold gibt es ehrlich zu, sie nicht wirklich als Problem gesehen zu haben. Jetzt könnte man sie verurteilen, doch als Dylan mit Eric einen Lieferwagen aufgebrochen und elektronische Geräte geklaut hat, sagte ihr selbst die Polizei, sie solle nicht so streng sein, mehr als ein dummer Jungenstreich war es wohl nicht. Sozialarbeiter stellten Dylan eine überaus positive Prognose aus. Und jetzt?
Wem schiebt man jetzt die Schuld in die Schuhe? Niemanden vermutlich, die Frage löst nämlich auch das Buch nicht, doch es zeigt, wie zerstörerisch, die Absicht sein kann, sterben zu wollen. Dylan hat vordergründig das Massaker geplant, weil er sterben wollte, egal ob er jemanden mitnimmt. Kombiniert mit Eric, der einfach irgendjemanden töten wollte, auch wenn es bedeutet, dass er dabei selbst stirbt.

Dylan war depressiv, voller Selbstmordgedanken und ja, seine Eltern haben es nicht gemerkt, wohl aber auch, weil ihr Sohn ein ausgezeichneter Schauspieler war. 3 Tage vor dem Massaker war er noch auf einem Abschlussball, obwohl die Tat schon feststand. Sieht man das Bild von diesem Abend, es wäre ein Teenager, der sich einfach freut, auf eine Party zu gehen. Sue Klebolds größtes Anliegen, was auch viel Platz im Buch einnimmt, ist es einfach zu sensibilisieren. Depressionen lassen sich behandeln, dafür müssen sie jedoch erkannt, wahrgenommen werden, was wohl die größte Hürde stellt. Ihr persönlicher Feldzug, so lese ich aus dem Worten, ist es, anderen Eltern zu ersparen, was sie erlitten hat.

Letztlich bleibt nur die Einsicht, dass Dylan kein Monster war. Als Leser fühlte ich mich zum Schluss zerrissen. Sue Klebold beschreibt ihren Sohn liebevoll, natürlich, doch sie stellt sich auch den Schrecken, eines Menschen, den sie nicht kannte und der doch ihr Sohn war. Sie rechtfertigt nicht. Nimmt Dylan nicht in Schutz. Sie zeigt, dass hinter dem Monster, ein Jugendlicher stand, wie dutzende in der Welt.



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