Legende: Festanstellung ist nur geil!

Nach etwas längerer Zeit mal wieder etwas von mir. SF2000 hat in seinem Beitrag "Depressionen" das Thema Arbeit von der Konsequenzen-Seite angeschnitten und ich möchte das gerne aufnehmen. Denn es ist schon auffällig, dass die Initiativen für "Vorfahrt für Arbeit" zuwenig über dadurch mitgeführten Nebenwirkungen wie Abnutzung, Erschöpfung und Tod sprechen.

Kennen Sie alle den Begriff Karoshi? Falls nicht, Rainald Grebe erklärt Ihnen das. Und auch worauf ich mit diesem Artikel hinaus will:

War das zu anstrengend? Dann hören Sie doch hier mal ganz genau hin:

Erwerbsarbeit ist schön, Erwerbsarbeit gibt uns einen Sinn. Der Mensch unterscheidet sich vom Tier dadurch, dass er arbeitet, sagte schon Karl Marx.
Erwerbsarbeit für alle! Vollbeschäftigung für alle! Und alle werden glücklich! Damit ist Franky Steinmeier im Wahlkampf  2009 durch die Gegend getourt und die Menschen haben ihm ... nun... irgendwie... das dann doch nicht abgekauft. Ich weiß nichtmal ob der Frank-Walter selbst an seinen tollkühnen Plan geglaubt hat. Kinder glauben ja Geschichten, die man Ihnen erzählt. Erwachsene glauben leider auch allen möglichen Scheiß denen man ihnen auftischt.

Nichts funktioniert reibungslos

broken gear by Volker2342Volkswirtschaftlicher Schaden durch Depression ist so eine Lüge zum Beispiel. Als ob es einen gesunden Normalzustand gäbe, den wir nur mit genügend Anstrengung und Sorgfalt erreichen könnten. Alle Menschen sollen gesund sein. Und produktiv. Und tüchtig. So nützlich. So optimal funktionierend wie eine Maschiene. Und wer abweicht und nicht volle Leistung erbringt, wird... nunja... schief angekuckt wie ein Zahnrad das nicht mehr ganz rund läuft.

Der Song von Rainald Grebe handelt davon wie wir mehr und mehr denken, dass wir nur reibungslos zu funktionieren hätten. Was nicht reibungslos klappt, verursacht Kosten oder ist sogar verschwendetes Geld. Geld auf Kosten des Ganzen. Kranke liegen der Volkswirtschaft zu Last und damit allen, die gesund sind und produktiv sind. Unproduktivität lässt sich nämlich doch vermeiden! Genauso wie man ein Zahnrad im Getriebe schnell wieder repariert.

Nein, so viel kann ich Ihnen erzählen, so geht es gerade nicht. Menschen werden krank. Allesamt und immer und in allen politischen Systemen. In der DDR haben sich im Verhältnis zu Westdeutschland wesentlich mehr Menschen umgebracht. In Schweden stellte man wissenschaftlich fest, dass seit dem Rückbau des Sozialstaates die Menschen immer kranker werden. Verwechseln Sie dabei bitte nicht Fehltage mit chronischen Erkrankungen. Politische und Wohlfahrtssysteme können - falsch austariert - unsere Gesundheit verschlechtern. Angesichts von gerade mal einem Leben das wir haben finde ich ist das ein wirklicher Grund zum Aufregen!

Wie kränklich der Mensch doch ist

Überlegen Sie mal, was an unserem Erwerbssystem überhaupt noch gesundheitsfördernd ist.
Zeitarbeit, Zweit- und Drittjobs machen krank. Daraus resultierende allgemeine Jobunsicherheit macht krank. Aber auch Überstunden und das Wegfallen von Pausen und Ruhezeiten machen krank. Körperliche und geistige Arbeit an sich macht krank. Schließlich macht auch Arbeitslosigkeit krank. Verordnetes und sinnentleertes Nichtstun macht Menschen schlichtweg krank.
Vielleicht macht auch das Leben an sich Menschen schon krank. Manche immunisieren sich durch eigene Entscheidung dagegen und helfen so dem System Unmengen kosten zu sparen. (Kann das bitte einer mal ausrechnen ob wir dadurch sparen oder doch Mehrkosten haben?)


Und wie das Wirtschaftssystem die Probleme löst

suicide cross by überBusyIn Schweden ist vor der Wahl im letzten Sommer ein Fall durch die Medien gegeistert, da wurde trotz ärztlich bescheinigter Arbeitsunfähigkeit einer Frau ein Brief zugesandt, dass sie sich beim Arbeitsamt melden soll. Nach neu eingeführten Krankschreibungsregeln hat ihre kaputten Arme der Arzt aber nicht die Krankenversicherung anerkennt. Und die Krankenkasse sollte laut diesem Gesetz Recht behalten dürfen. Die Frau zog deshalb ihre eigenen produktivitätswirtschaftlichen Konsequenzen daraus, schloss sich übers Osterwochenende ein und beschloss am Montag darauf nicht wieder aufzustehen.

Das Traurige ist, dass ihr Antrag mitsamt der ärztlichen Bescheinigung abgelehnt wurde, obwohl sie ein paar Wochen vorher noch von dort Signale bekommen hat, dass der bewilligt wird. Die Frau ist fatalerweise einem Verwaltungsirrtum auferlegen. Die eine Hand in der Krankenkasse wusste nicht was die andere tat. Und der eine Angestellte folgte den von der bürgerlichen Regierung erschwerten Regeln zur Anerkennung von Arbeitsunfähigkeit leider doch zu genau.

Das ist nur einer von mehreren Fällen wo der schwedische Wohlfahrtsstaat von den Konservativen pervertiert wird und faktisch Menschenleben auf dem Gewissen hat. Ähnliche Fälle für Deutschland nehme ich gerne entgegen. Doch leider habe ich das Gefühl, dass hier Krankheit und Faulheit doch noch zu sehr miteinander gekoppelt werden. Das Zahnraddenken denkt sich solche Fälle gerne weg.

Denn wir sind ja alle willentlich im Job zäh wie Leder, flink wie Windhunde und hart wie Kruppstahl. Wir alle!

Ich wünsche Ihnen deshalb vor allem Gesundheit!

health care photo poll by quirkybirdArbeiten find ich schön. Arbeit macht mir Spaß und ich bin gerne für die Gesellschaft tätig. Ich möchte nur nicht von ihr erklärt bekommen, dass ich statt mich um meine Gesundheit zu sorgen "die Ärmel hochkrempeln" oder "die Zähne zusammenbeißen" soll.

Mein Großvater sagt mir immer an meinem Geburstag: "Ich wünsche dir vor allem Gesundheit! Weil ohne Gesundheit ist alles nichts!" Da hat er recht. Denn seitdem der in Rente ist geht es mit ihm gesundheitlich steil bergab. Ausruhen kann auch krank machen.

Ich möchte gerne von der Politik und auch von Frank-Walter Steinmeier neue (NEUE!) Konzepte, wie mein Arbeitsleben so gestaltet werden kann, dass ich produktiv, nützlich, gesund UND dabei glücklich sein kann! Ich möchte, dass sich diese Menschen und auch alle anderen Gedanken machen wo ihre persönlichen Limits liegen und wie man die der anderen erkennt und anerkennt. Und man dabei nicht nur auf die Produktivität oder die Kosten schaut. Wir sind nunmal alle unterschiedlich. Und keine austauschbaren Zahnräder.

Im Arbeitsleben sollte nicht nur das Beste aus uns herausgeholt werden, sondern das Beste soll dabei auch möglichst unangetastet bleiben. Wir haben schließlich davon nur eins.

PS:Ausnahme gilt hier vielleicht für Hindus und Buddhisten. Die dürfen ja auf diesem Planeten mehrmals die Runde machen. Das nenn ich mal Einsatzbereitschaft! Optimale Voraussetzungen zur Steigerung des Bruttosozialprodukts!

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