Lebensversicherungen: Es gibt (vielleicht) Geld zurück !

© Dieter Schütz  / pixelio.de

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Beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe ist der IV. Zivilsenat unter anderem zuständig für das Versicherungsvertragsrecht. Und in dieser Zuständigkeit hatte er sich erstmals mit Einzelheiten der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung von Lebens- und Rentenversicherungsverträgen zu befassen, in denen die Versicherungsnehmer nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. den Widerspruch gegen das Zustandekommen des Vertrages erklärt hatten.

In seiner Presseerklärung zu den aktuellen Entscheidungen IV ZR 384/14 und IV ZR 448/14 – beide vom 29. Juli 2015 – stellt der BGH den Sachverhalt wie folgt dar:

“Die Kläger hatten bei dem beklagten Versicherer im Jahr 1999 bzw. im Jahr 2003 fondsgebundene Renten- bzw. Lebensversicherungsverträge nach dem in § 5a VVG a.F. geregelten sogenannten Policenmodell abgeschlossen. Jahre später kündigten sie die Verträge und erklärten schließlich den Widerspruch nach § 5a VVG a.F. Der Versicherer zahlte auf die Kündigungen hin den jeweiligen Rückkaufswert an die Kläger aus. Diese verlangen nun mit ihren Klagen Rückzahlung aller von ihnen geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich der Rückkaufswerte, da die Verträge infolge der Widersprüche nicht wirksam zustande gekommen seien.”

Das Landgericht Aachen als erste Instanz hatte die Klagen noch abgewiesen, das Oberlandesgericht Köln ihnen dann allerdings teilweise stattgegeben. Es hatte dabei angenommen, dass die Versicherungsnehmer die Widersprüche wirksam erklärt hätten und deswegen dem Grunde nach Rückzahlung aller Prämien verlangen könnten; sie müssten sich dabei aber den während der Dauer der Prämienzahlung genossenen Versicherungsschutz anrechnen lassen (vgl. Pressemitteilung Nr. 99/2015 des BGH). Die Revisionen des beklagten Versicherers, der den Abzug weiterer Positionen von den Klageforderungen erstrebt, hatten im Wesentlichen keinen Erfolg.

Zunächst verwies der IV. Zivilsenat in seiner Begründung auf sein Urteil vom 7. Mai 2014 (IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101, Pressemitteilung Nr. 78/2014): dort hatte er entschieden, dass die Versicherungsnehmer bei der nach einem wirksamen Widerspruch durchzuführenden bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung ihrer Lebens- und Rentenversicherungsverträge nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien zurückverlangen können; vielmehr müssten sie sich den jedenfalls bis zur Kündigung des jeweiligen Vertrags genossenen Versicherungsschutz anrechnen lassen.

Hierauf Bezug nehmend hatte das OLG Köln als Berufungsgericht in den Streitfällen den geschuldeten Wertersatz auf der Grundlage der Prämienkalkulation des beklagten Versicherers in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise geschätzt und die auf die gezahlten Prämien entfallenden Risikoanteile in Abzug gebracht. Lediglich in einem Punkt hat der Bundesgerichtshof nun einen weiteren Abzug für geboten gehalten. Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, muss sich der Versicherungsnehmer zusätzlich zu dem Rückkaufswert, den er bereits vom Versicherer erhalten hat, die Kapitalertragssteuer nebst Solidaritätszuschlag, die der Versicherer bei Auszahlung des Rückkaufswertes für den Versicherungsnehmer an das Finanzamt abgeführt hat, als Vermögensvorteil anrechnen lassen.

Weitere Positionen, die der Versicherer in Abzug bringen wollte, hat das Berufungsgericht hingegen zu Recht nicht berücksichtigt, entschied der BGH nun: Insbesondere die vom Versicherer geltend gemachten Abschluss- und Verwaltungskosten seien nicht abzugsfähig. Insoweit kann sich der Versicherer nicht gemäß § 818 Abs. 3 BGB auf den Wegfall der Bereicherung berufen. Die Verwaltungskosten sind bereits deshalb nicht bereicherungsmindernd zu berücksichtigen, weil sie unabhängig von den streitgegenständlichen Versicherungsverträgen angefallen und beglichen worden sind. Hinsichtlich der Abschlusskosten gebietet es der mit der richtlinienkonformen Auslegung des § 5a VVG a.F. bezweckte Schutz des Versicherungsnehmers, dass der Versicherer in Fällen des wirksamen Widerspruchs das Entreicherungsrisiko trägt. Auch die Ratenzahlungszuschläge führen zu keinem teilweisen Wegfall der Bereicherung der Beklagten.

Die Bereicherungsansprüche der Kläger umfassen gemäß § 818 Abs. 1 Alt. 1 BGB auch die durch die Beklagte gezogenen Nutzungen. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass nur die Nutzungen herauszugeben sind, die vom Bereicherungsschuldner tatsächlich gezogen wurden. Es hat zu Recht die Darlegungs- und Beweislast beim Versicherungsnehmer gesehen und ihm einen entsprechenden Tatsachenvortrag abverlangt, der nicht ohne Bezug zur Ertragslage des jeweiligen Versicherers auf eine tatsächliche Vermutung einer Gewinnerzielung in bestimmter Höhe, etwa in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, gestützt werden kann. Über weitere Einzelfragen des Nutzungsersatzes hatte der Bundesgerichtshof in diesen Revisionsverfahren nicht zu entscheiden, da keine der Parteien Einwendungen gegen die Schätzung des Berufungsgerichts erhoben hat.

Pressemitteilung des BGH Nr. 131/2015

Was bedeutet das aber nun für die Kunden der Versicherung:

  • Eine Rückabwicklung von Lebensversicherungsverträgen ist auch nach Jahren noch möglich
  • Voraussetzung ist eine unrichtige Belehrung über das Widerrufsrecht; betroffen sind bisher insoweit Lebensversicherungen nach dem sogenannten “Policenmodell” aus den Jahren 1994 bis 2007
  • Ein vollständige Rückzahlung wird nicht zu erreichen sein, Abschläge muss der Kunde hinnehmen
  • Die Abschläge betreffen den tatsächlich erhaltenen Versicherungsschutz sowie die Kapitalertragssteuer nebst Solidaritätszuschlag, die der Versicherer bei der Auszahlung des Rückkaufswertes an das Finanzamt abführt
  • Abschluss- und Verwaltungskosten sind aber nicht in Abzug zu bringen

Allerdings beantworten diese neuen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes nicht alle Fragen: unklar bleibt weiterhin, wie genau die Zinsen zu berechnen bzw. zu schätzen sind, die die Lebensversicherungsunternehmen erwirtschaftet haben. Hierzu wird im Herbst 2015 eine weitere Entscheidung aus Karlsruhe erwartet.


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