Kritik - Edge of tomorrow

Kritik - Edge of tomorrow

" I live the same day over and over again." - 

Satirisch-humorvolle Seitenhiebe auf den Staat, dessen aktuell festgefahrene, gesellschaftliche Denkstrukturen, die militärischen Obrigkeiten und deren ausgeübte. totalitäre Macht, die  mit der technologisch-menschlichen Gier nach Neuerungen kombiniert wird, gab es in den letzten 25 Jahren, genauso wie gelungene Zeitreise-Komödien, nicht allzu oft auf der Leinwand zu bewundern. Dem Publikum im Gedächtnis dabei geblieben sind vor allem Paul Verhovens blutig-brutal-harter FSK 18 Science-Fiction-Reißer "Starship Troopers" und Harold Ramis Komödienklassiker "Und täglich grüßt das Murmeltier." Aber was passiert eigentlich, wenn diese Elemente des modernen Kinos aufeinander prallen, ineinanderstürzen müssen und mit einem positiven Aufbruchssignal zur notwendigen Veränderung in der Gesellschaft als auch einer liebevollen Hommage an unsere Popkultur der letzten 30 Jahre eins werden dürfen? Doug Limans neuester Blockbuster "Edge of tomorrow" liefert mit gelungenem Witz, Biss, thematischen Hintersinn und einem Darsteller-Ensemble, das sich der wichtigen Sache im richtigen Maße unterordnet, genau die passende Antwort auf diese Frage. Zum Inhalt: In einer möglichen Zukunft versucht eine zum Großteil technologische Alienrasse, die den Begriff Mimics erhält, die Erde zu übernehmen, um die Menschheit zu unterjochen. Somit kommt es zu einem globalen Krieg, der seinen Anfang in Deutschland (!) nimmt und bald in ganz Europa (!) fortgetragen wird, wo viele Städte und Menschen vernichtet werden. Die Mimics werden also zu einem Sinnbild der eigenen, immer noch nicht verdrängten Urängste der globalen Gesellschaft vor einer entgültigen, gegenseitigen Auslöschung durch die Schreckgespenster "atomare Technologie" und "Holocaust"  umfunktioniert. Wobei die Quelle allen Übels ausgerechnet in Frankreich, genauer gesagt in Paris, sitzt. Und irgendwann vermag keine Armee der Welt die zerstörerische Kraft der Invasoren noch aufzuhalten. Daher verbünden sich alle militärischenen Kräfte der Welt, um in einer letzten Offensive dem Bösen noch Einhalt gebieten zu können.  In "Edge of tomorrow" fällt die Entwicklung der Menschheitsgeschichte in den letzten 60-70 Jahren samt paranoider Zukunftsängste somit nicht dem todernsten, sondern dem angenehm erfrischenden, augenzwinkerndem Blick Doug Limans zum Opfer. Der Strand, an dem sämtliche US-Marines in eine Falle tappen bzw. dem Feind durch Beschuss massenweise zum Opfer fallen, erinnert natürlich nicht von ungefähr an Omaha Beach und das ehemals eröffnete Mündungsfeuer, inklusive verbrannter und haufenweise aufplatzender bis vergaster Leichen. Ebenso werden dabei Erinnerungen an sinnentleerte Destruktions-Orgien des modernen Blockbuster-Kinos wie z.B. Jonathan Liebesmans "World Invasion - Battle Los Angeles" und die erste brutale Actionsequenz Paul Verhoevens aus "Star Ship Troopers" wach, in der unzählige Marines von angreifenden Bugs (Käfern) regelrecht zerfleischt werden.  Kritik - Edge of tomorrow

"Come find me when you wake up!" -  

Und Tom Cruise ist bei allem durch den Science-Fiction-Satire-Wolf gedrehten Verlauf der Menschheitheitsgeschichte natürlich, ist ja auch logisch, der amerikanische Hasenfuß, der Zögerling, der sich lieber mit Gleichgesinnten, also militärisch ebenbürtigen Menschen auf der Welt von oben herab kommandierend herumschlagen würde. Anstatt wirklich für Recht und Ordnung zu sorgen, indem dem Bösen in Europa halt Einhalt geboten wird. Der aber dann doch alles und jeden zum zusammenleben auf unserem schönen Fleckchen Erde bewegen muß. Nachdem er mittels einer bewußt gewählten Nonsens-Spaß-Zeitschleife eine Wandlung zum Paulus durchlaufen hat bzw. es sich mit ihm später als Instanz, die unglaublich viel militärische als auch sozial-okönomische Macht repräsentiert, also ganz gut zusammenleben lässt. Das kommt einem doch irgendwie bekannt vor, schaut man sich die letzten 30 an wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Entwicklung der Menschheit an. Aber damit noch nicht genug, denn dieser Schritt auf der Entwicklungs-Skala der Menschheit reicht mittlerweile bei weitem nicht mehr aus, um für weitere, entgültige Stabilität auf unserer beschaulichen Erde zu sorgen.  Tom Cruise wird also nicht nur zu einem US-amerikanischen Frontschwein im High-Tech-Suit (eine clevere Anspielung auf die bereits stattfinde Entwicklung des US-Soldaten von morgen), sondern mit seinem zu erreichendem Sieg über das "Böse, hier in Gestalt der Mimics" zu einem Konter-Revolutionär gegenüber aller kurzgesichtiger staatlicher Macht, ja einem futuristischen "Jason Bourne", man achte auf die bewußt gewählten Schriftzüge von Doug Liman während des Abspanns, mit enormer Schlagkraft umfunktioniert. Der alle gesellschaftlichen Grenzen mit einem breiten Lächeln aufbrechen bzw. die Strukturen der Menschheit, egal ob wirtschaftlich, sozial und kulturell, für einen besseren Morgen auf den Kopf stellen darf. Und jetzt halt nicht im Wasser, sondern immer wieder in einer militären Einrichtung aufwachen muss. Nachdem Politik und Militär den technologischen Fortschritt wie im mittlerweile vierteiligen "Bourne-Franchise" wieder einmal nicht in den Griff bekommen können bzw. zu ihrem Vorteil mißbrauchen wollen.  Kritik - Edge of tomorrow

"I'm not a soldier. Of course not. You're a weapon." -  

Und natürlich bekommt der Held, na logo, am Ende das Mädchen. Aber sein Überleben hat noch einen tieferen Sinn. Denn wir wissen halt nie, wann er erneut eingreifen bzw. wieder einmal strukturell für neue Impulse sorgen muß, wenn die Menschheit irgendwann wieder in ihr hausgemachtes Verderben aus dann anderen Gründen als den Mimics rennt. Ist es nicht toll, das jemand wie Tom Cruise als am Ende umherwandelnder, amerikanischer Held uns allen helfen darf? Das zynisch-breite, selbst-ironisch-gemeine Grinsen mit samt Spiegelung der eigenen, gesellschaftlichen Schwächen, das andere immer für alle Menschen die sprichwörtlichen "Kohlen aus dem Feuer" hohlen müssen, springt dem Publikum am Ende von "Edge of tomorrow" also mitten ins Gesicht. Doug Liman geht es keineswegs darum, die US-amerikanische Instanz als selbtgerechtes Maß aller Dinge zu installieren, wie einige wenige Feuilleton-Kritiker dies bereits fehlinterpretiert haben. Der US-amerikanische Apparat wird in seiner aktuellen Notwendigkeit konsequent hinterfragt: Macht es uns bei näherer Betrachtung nicht berechtigterweise Angst, wenn wir zur Abwechslung einmal wirklich darüber nachdenken, wieviel Wissen bzw. Macht Tom Cruise am Ende von "Edge of tomorrow" als US-amerikanische, dan schier unüberwindbare, US-amerikanische Instanz bereits in sich aufgesogen hat? Doug Liman lässt diese sich ergebende Frage am Ende bewußt offen.  Kritik - Edge of tomorrow

"What I am about to tell you sounds crazy. But you have to listen to me. Your very lives depend on it. You see, this isn't the first time, I have to shoot you."  "Oh no, not again and again and again." "Yes of course." -  

Doug Limans futuristisches Spektakel erreicht immer dann seinen Höhepunkt, wenn es uns mit seiner erzsympathischen, etwas konservativen Botschaft zum positiven nachdenken anregt: es ist halt zeitweilen vielleicht notwendig, das ein US-amerikanischer Auserwählter die Macht des Omegas in den Händen halten darf. Aber im Grunde genommen sollte dies doch eigentlich nicht der Fall sein. Wir müssen mit samt unserer aktuell politisch festgefahrenen Siuationen endlich weg von allem technokratischen, gesellschaftlichen Größenwahnsinn. Und sollten uns keine Vernichtungskriege mit einem selbst geschaffenem Feind liefern. Die in diesem Rahmen dann sich später neu entwickelnde, dazugehörige ökonomische, soziale und wirtschaftliche -repräsentative Macht sollte endlich gleichmäßig auf allen Schultern zwecks eines besseren, globalen Miteinanders verteilt und mitterweile nicht NUR auf US-amerikanische Art und Weise interpretiert werden. Am Ende trägt also die GESAMTE Menschheit in "Edge of tomorrow" ihren ersten Sieg davon. Von nichts anderem ist in den letzen Momenten die Rede. Mit blauäugigem, in Szene gesetztem, US-amerikanischen Hurra-Patriotismus hat "Edge of tomorrow" am Ende also nur sehr wenig zu tun. Ebensowenig können Spoiler Doug Limans Science-Fiction-Blockbuster etwas anhaben. Denn die Reise bis zum finalen Höhepunkt ist auf Grund ihrer Wendungen nicht vorhersehbar bzw. sorgt für die eine oder andere plötzlich eingestreute Überraschung.  Das Publikum bekommt es also mit einem auf dem Papier durchgeknallt klingenden, aber in Wirklichkeit unheimlich rund bzw. richtig inszeniert anfühlenden Science-Fiction-Knaller aus der Feder Doug Limans zu tun, der auf Grund seines hohen Tempos bei ruhigeren Zeitgenossen Schnapp-Atmung auslösen wird, in Sachen oberflächlicher Rahmenhandlung vielleicht eine Idee zu schlicht gehalten ist, im erzählerischen Mittelteil ein klein wenig durchhängt und auch das Rad des Kinos am Ende nicht neu erfinden kann. Aber im Grunde genommen macht Doug Liman mit "Edge of tomorrow" nicht viel verkehrt und liefert eine wirkliche gute, packende, handwerklich blitzsauber-inszenierte Blockbuster-Sause und satirische, gesellschaftliche Lupe auf unsere modernen Befindlichkeiten mitsamt kanalysierter Ängste der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ab, die im Rahmen des Mainstream kaum klüger transportiert und ausgedrückt werden könnten. In der sogar Bill Paxton ("Titanic", "Aliens - die Rückkehr") sichtlich seinen Spaß an der Sache hat, wenn er als Master Sergeant Farell einen entsprechenden Seitenscheitel samt kleinem, fiesen Schnäuzer tragen darf. Und dabei seine Untergebenen bis zur Besinnungslosigkeit drillen muß, damit diese zäh und gestählt (!) am Kampf gegen die Mimics teilnehmen dürfen. An wen oder was denken wir wohl in dieser Situation? Eben. Das Publikum darf in "Edge of tomorrow" auch in dieser Situation seinen Spaß haben. Aber auch dann, wenn "Edge of tomorrow" als spaßige Geek-Oberkeule und selbst-referenzielles Pop-Kultur-Quiz zum munteren entschlüsseln einlädt. Die flitzenden bzw. umherschwirrenden Mimics sind auf Grund ihrer Bewegungen beispielsweise nichts anderes als eine liebevolle Reminiszenz an die Maschinen-Wächter der "Matrix-Trilogie", genauer gesagt an die "Squiddies." Und im finalen Gefecht offenbart sich Doug Limans Blockbuster-Sause "Edge of tomorrow" sogar als ein fleischgewordener, in Sachen knallharter Gefechte zwischen Mensch und Außerirdischen immer kontrolliert vorgetragener "Mass Effect" Videospiel-Titel. Bioware wird sich zusammen mit Legendary Entertainment in Zukunft also richtig strecken müssen, um der eigenen, angekündigten Umsetzung des Mass Effect-Universums am Ende etwas mehr Qualität verleihen zu können.   Fazit: "Edge of tomorrow" darf sich am Ende beinahe zu den besten 5 Filmen des Science-Fiction-Action-Thriller Genres hinzu zählen lassen. Und verbreitet auch Dank der souveränen Inszenierung Doug Limans und des Soundtracks von John Newman Spaß, gute Laune, macht also einfach nur richtig Lust aufs Kino.

Wertung: 8.5/10 Punkte


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